Steßl: "Wir werden auch weiterhin Druck machen"

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SPÖ-Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl will nicht mitschuldig daran sein, dass Michael Spindelegger als ÖVP-Chef zurückgetreten ist. An Vermögensteuern hält sie fest und warnt davor, zu viel zu sparen.

Die Presse: Wie zufrieden sind Sie mit sich und der SPÖ, da Sie dazu beigetragen haben, den stärksten Gegner einer Steuerreform aus der Regierung zu schießen?

Sonja Steßl: Ich würde nicht sagen, dass wir jemanden mit einem Sachthema rausgeschossen haben. Wir haben öffentlichen Druck aufgebaut für eine Steuerreform, die uns wichtig ist. Es geht uns dabei nicht um Personen, sondern um die Sache.

In der Sache scheint sich nichts zu ändern. Auch Reinhold Mitterlehner hat als designierter ÖVP-Chef schon gesagt, dass er Vermögensteuern ablehnt.

Ich werde ihm sicher nicht jetzt schon etwas über die Medien ausrichten, das ihn in eine Situation bringt, die den Verhandlungen schaden könnte. Ich habe ihn als einen Kollegen erlebt, der sehr lösungsorientiert ist. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine Lösung finden, wie wir das Ziel, die Arbeitnehmer zu entlasten, finanzieren können.

Geht es der SPÖ in erster Linie um eine Entlastung der Arbeitnehmer oder geht es in erster Linie um Vermögensteuern?

Das primäre Ziel ist die Entlastung, ich will damit ja auch die Kaufkraft im Land stärken. Das hilft am Ende allen, auch die Wirtschaft ist daran interessiert.

Also ist die Vermögensteuer sekundär?

Sie werden jetzt nicht von mir hören, dass ich mit allen Lösungen leben kann. Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube, natürlich ist eine Vermögensteuer auch ein primäres Ziel. Ich bin für Millionärssteuern, weil ich auch für eine gerechtere Verteilung der Steuerlast bin.

Um das klarzumachen: Ist eine Vermögensteuer damit eine Koalitionsfrage oder nicht?

Unser Steuermodell, das Entlastungen für die Arbeitnehmer von mindestens vier Milliarden Euro vorsieht, hat als eine wesentliche Gegenfinanzierung Vermögensteuern. Auch deshalb, weil wir möglichst schnell eine Entlastung benötigen. Strukturmaßnahmen sind sinnvoll und notwendig, es dauert aber länger, bis sie einen budgetären Effekt haben. Wir brauchen eine gemeinsame Lösung, damit die Menschen sehen, dass diese Regierung etwas weiterbringt.

Riskiert man dafür auch, dass ein weiterer ÖVP-Chef in Probleme gerät, weil er sich bereits auf ein Nein festgelegt hat?

Ich will nicht, dass man es so darstellt, als ob wir daran schuld wären, dass Herr Spindelegger eine persönliche Entscheidung getroffen hat. Es hat nicht nur von uns Druck hinsichtlich einer Vermögensteuer gegeben, sondern auch von anderer Seite und auch aus der ÖVP selbst. Ich werde keinen Druck auf Rudolf Mitterlehner ausüben, ich bin an einer konstruktiven Zusammenarbeit interessiert. Aber die SPÖ will Vermögensteuern und wir werden auch weiterhin grundsätzlich Druck machen für die Einführung.

Wäre als Kompromiss eine Erhöhung der Grundsteuer denkbar? Die Einheitswerte müssen ja ohnehin repariert werden.

Das ist eine sehr interessante Diskussion. Da muss man sich anschauen, was die Expertenkommission sagt, die wir zur Steuerreform eingesetzt haben. Die Grundsteuer kommt ja den Gemeinden zugute, der Bund profitiert davon nicht.

Das lässt sich recht einfach bei den Verhandlungen über den Finanzausgleich lösen.

Wir haben Experten, die an verschiedenen Modellen arbeiten. Warten wir, bis sie ihre Vorschläge vorlegen, dann können wir als Politiker die Maßnahmen diskutieren.

Es wäre doch einmal ein ganz neuer Ansatz, wenn die SPÖ sagen würde, wir reden nicht über neue Steuern, sondern schauen, wo man sparen kann. Eine Abgabenquote von 45,4 Prozent sollte dem Staat doch genügen.

Wir wollen durchaus sinnvoll sparen. Wir wollen aber auch klug investieren und für mehr Steuergerechtigkeit sorgen. Man sieht ja in den verschiedenen Ländern, wie sich die Wirtschaft entwickelt, wenn man ausschließlich spart. Wir müssen die Wirtschaft stärken. Das wird auch eine gesamteuropäische Frage werden, wie man diesbezüglich weiter vorgeht.

Wollen Sie Deutschland, wie der ehemalige französische Wirtschaftsminister Montebourg, auch ausrichten, dass die Sparpolitik der falsche Weg für Europa ist?

Deutschland fährt den Kurs, den Deutschland fährt. Ich werde denen nicht ausrichten, dass sie etwas falsch machen. Für mich ist der österreichische Weg entscheidend, und der ist nicht schlecht.

Noch einmal kurz zum Sparen: Bei einem Budget mit Ausgaben von knapp 80 Milliarden Euro sollte es doch möglich sein, vier Milliarden Euro – das Volumen der SPÖ-Steuerreform – einzusparen. Das sind etwas mehr als fünf Prozent.

Selbstverständlich gibt es noch Strukturmaßnahmen, die wir angehen können. Deshalb gibt es auch eine Deregulierungskommission, die sich genau das anschaut. Wir verschließen uns nicht dem Sparen. Aber es geht darum, dass man ein Land nicht zu Tode spart, sondern dass man auch Geld in die Wirtschaft investiert – und zwar, indem man den Menschen mehr Geld lässt.

ZUR PERSON

Sonja Steßl (33) ist seit Dezember 2013 Staatssekretärin im Finanzministerium. Die Juristin war zuvor seit 2009 SPÖ-Nationalratsabgeordnete. Sie kommt aus Feldbach in der Oststeiermark. 2006/07 war Steßl für die Geschäftsführung der Joanneum-Research-Forschungsgesellschaft tätig, 2008/2009 arbeitete sie als Juristin bei der Grazer Efkon AG, ab 2009 im Nano Tec Center Weiz, wo sie seit Dezember 2013 karenziert ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2014)

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