Gezerre um die freien Jobs in der ÖVP

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Im Team von Reinhold Mitterlehner sind das Finanzministerium und ein Staatssekretariat im Wirtschaftsressort zu besetzen. Landesparteien und Bünde versuchen, ihre Leute unterzubringen. Nur Niederösterreich hält sich dieses Mal raus.

Wien. Erwin Pröll ist wieder im Lande. Am Donnerstag kam der niederösterreichische Landeshauptmann aus seinem Italien-Urlaub zurück. Bisher hat er sich noch nicht zu den aktuellen Ereignissen in der ÖVP geäußert – sonderlich erfreut soll er allerdings nicht gewesen sein, dass sein Landsmann Michael Spindelegger nach anhaltender Kritik aus westlicher gelegenen Bundesländern das Handtuch geworfen hat.

In der Partei ist man schon gespannt, ob bzw. inwieweit Pröll bei den anstehenden Personalentscheidungen in der Bundesregierung mitreden möchte. Gesucht werden ein Finanzminister und ein Staatssekretär im Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium, der dem Parteichef und Vizekanzler in spe, Reinhold Mitterlehner, zuarbeitet. Dafür wird das Staatssekretariat im Finanzministerium aufgelöst.

„Die Gespräche laufen“, hieß es am Donnerstag aus Mitterlehners Umfeld. Spätestens am Montag, wenn auch die SPÖ-Minister Sabine Oberhauser (Gesundheit) und Alois Stöger (Verkehr) angelobt werden, soll das Personalpaket stehen. Eine Entscheidung wird aber schon am Wochenende erwartet – entweder in einer kurzfristigen Sitzung des Parteivorstands oder, falls die Zeit knapp wird, via Umlaufbeschluss.

Die Teilorganisationen der ÖVP – Landesparteien und Bünde – haben ihre personellen Wünsche längst angemeldet, die meisten bereits kurz nach Spindeleggers Rücktritt am Dienstag. Mit mehr oder weniger Nachdruck, wie es heißt. In Niederösterreich aber wird versichert, dass man keinen Einfluss auf Mitterlehner nehmen werde: Der neue Parteichef habe „freie Hand“.

Schultz als Finanzministerin?

Der niederösterreichische Agrarlandesrat, Stephan Pernkopf, einst Kabinettschef von Josef Pröll, gilt nach wie vor als Kandidat für das Finanzministerium. Ins Spiel hat ihn aber nicht die Landespartei gebracht, sondern der Bauernbund, der neben der Landwirtschaft ein zweites Ministerium fordert. Der Wirtschaftsbund unterstützt Hauptverbands-Chef Hans Jörg Schelling.

Am Donnerstag wurde auch die – unwahrscheinliche – Variante Martha Schultz kolportiert. Die Tirolerin ist Miteigentümerin des größten privaten Seilbahnbetreibers, der Schultz-Gruppe, und – wie Schelling – Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer. Wenn Schultz kommt, muss ein anderer Tiroler, nämlich Andrä Rupprechter, gehen. Der unkonventionelle Landwirtschaftsminister soll im Bauernbund nicht mehr uneingeschränktes Vertrauen genießen. Alternativ könnte die Wahl auf die Kärntner EU-Abgeordnete Elisabeth Köstinger fallen.

In der engeren Auswahl für das Finanzressort ist auch der Ökonom Gottfried Haber. Er soll einen guten Draht zu Mitterlehner haben. Doch die meisten Teilorganisationen versuchen, einen weiteren Experten in der Regierung neben Sophie Karmasin und Wolfgang Brandstetter zu verhindern und stattdessen ihre Leute unterzubringen. So lobbyieren etwa die Steirer für Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann.

Der Arbeitnehmerbund ÖAAB wiederum hätte gern, dass Jochen Danninger in der Regierung bleibt und als Staatssekretär vom Finanz- ins Wirtschaftsministerium wechselt. Unterstützung kommt vom oberösterreichischen Landeshauptmann, Josef Pühringer. Ob Danninger bleiben darf, wird am Ende vom Gesamtpaket abhängen, also von der Ämterbalance zwischen Landesparteien und Bünden.

Im Zusammenhang mit dem neuen Staatssekretariat wurde auch Sonja Hammerschmid genannt. Bisher hat die Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität Wien aber noch keinen Anruf erhalten, wie sie der „Presse“ versicherte.

Fest steht immerhin, dass der Parteitag vom Frühjahr 2015 auf Herbst 2014 vorverlegt wird. Dabei wird nicht nur der Parteiobmann gewählt, er bekommt auch neue Stellvertreter. Denn unter den amtierenden ist mit Mitterlehner nur noch ein Regierungsmitglied. Maria Fekter und Nikolaus Berlakovich gehören mittlerweile dem Nationalrat an. Und auch die Vorarlbergerin Andrea Kaufmann, Bürgermeisterin von Dornbirn, dürfte in dieser Funktion nicht verlängert werden.

Dafür hat Johanna Mikl-Leitner als Innenministerin und Niederösterreicherin gute Chancen, ÖVP-Vizechefin zu werden. Aus der Riege der Länder sollen entweder der Salzburger Wilfried Haslauer oder der Tiroler Günther Platter zum Zug kommen, aus der Jungen Volkspartei deren Chef, Außenminister Sebastian Kurz, oder der Abgeordnete Asdin El Habbassi. Und dann wäre da noch der Bauernbund. Auch hier ist Elisabeth Köstinger im Gespräch.

AUF EINEN BLICK

Die ÖVP ist weiter auf der Suche nach einem neuen Finanzminister und einem Staatssekretär für das Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium. Eine Entscheidung wird am Wochenende erwartet. Denn spätestens am Montag sollen nicht nur die SPÖ-Minister Sabine Oberhauser (Gesundheit) und Alois Stöger (Verkehr) angelobt werden, sondern auch die Neuen in der ÖVP.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2014)

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