Glaubensgemeinschaft warnt vor "Lex Islam"

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Glaubensgemeinschaft warnt vor "Lex Islam"(c) imago/epd (imago stock&people)
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Die ÖVP will den Verhetzungstatbestand ausweiten und IS-Symbole verbieten. Die Islamische Glaubensgemeinschaft begrüßt das Paket grundsätzlich, äußert aber auch Bedenken.

Das von der ÖVP vorgestellte Paket gegen Jihadismus sorgt für gemischte Reaktionen bei Opposition und Islamischer Glaubensgemeinschaft (IGGiÖ). Die Glaubensgemeinschaft begrüßte das Vorhaben am Montag zwar grundsätzlich, hat aber auch Bedenken. So dürfe die Ausweitung des Verhetzungstatbestands nicht zur "Lex Islam" werden, sagte IGGiÖ-Sprecherin Carla Amina Baghajati. Die Verschärfung müsse genauso wirksam werden, wenn es sich um islamfeindliche Aussagen handle. Die ÖVP will den Verhetzungsparagrafen bereits bei Aussagen vor zehn Personen wirksam werden lassen. "Man muss sich dabei auch eine Szene beim Heurigen mit zehn Leuten vorstellen", so Baghajati. 

Auch dem geplanten Verbot des Symbol der Terrororganisation IS steht die Glaubensgemeinschaft "äußerst skeptisch" gegenüber. Eine gesetzliche Maßnahme sei nicht notwendig, da die Werbung für verbotene Terrororganisationen und die Verherrlichung ihrer Taten ohnehin unter Strafe stünden.

Die Glaubensgemeinschaft betont, dass die IS Inhalte und Zeichen, die für alle Muslime höchste spirituelle Bedeutung hätten, missbrauche. So sei auf ihrer Fahne etwa das Glaubensbekenntnis verankert. Dieser Missbrauch stelle eine nicht zu tolerierende Anmaßung dar. Über den von IS begangenen Gräueltaten dürfe nicht das Glaubensbekenntnis des Islams und das Siegel des Propheten wehen.

Zeichen "hängen womöglich in vielen Wohnungen von Muslimen"

Ein Verbot findet die Glaubensgemeinschaft dennoch falsch. Zu verurteilen sei nämlich der Kontext von Grausamkeit und Menschenrechtsverletzungen, in dem IS diese Zeichen verwende, nicht aber die Zeichen selbst: "Diese hängen womöglich in vielen Wohnungen von Muslimen, ohne dass diese etwas mit IS zu tun haben wollen."

Zusätzlich wäre ein Verbot aller drei Zeilen der Fahne auch aus nüchternen strategischen Erwägungen kontraproduktiv: Ein solches Verbot würde der Propagandamaschinerie der IS-Terroristen willkommene Nahrung geben. Sie könnten dieses umkehren in den "Beweis", dass die "Ungläubigen" nun sogar die Schahada, das Glaubensbekenntnis der Muslime verboten hätten.

Begrüßen würde die Glaubensgemeinschaft ein Maßnahmenpaket für Aussteiger aus der Extremistenszene, ebenso wie Vorhaben zur Prävention. Schaue man sich die Ursachen der Radikalisierung unter Jugendlichen an, stoße man oft auf Perspektivenlosigkeit, Ausgegrenztheit und ein fehlendes "Wir-Gefühl". Genau dort setze die Propaganda-Maschinerie der IS an.

Strache für IS-Verbot

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigt sich am Montag erfreut, dass die Regierung langsam aufwache und Handlungsbedarf erkenne. Um einen bedeutenden Entwurf handle es sich aber nicht. Unter anderem fehlt Strache ein eigenes Betätigungsverbot für die IS. Die ÖVP hält das nicht für nötig, da deren Handlungen durch die bestehenden Anti-Terror-Gesetze ohnehin verboten seien.

Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser kann sich Änderungen beim Verhetzungsparagrafen vorstellen. Eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, wie sie von VP-Justizminister Wolfgang Brandtstter angedacht wird, lehnt er aber vehement ab. Das gilt auch für die Neos, die das Gesetzespaket "grundsätzlich begrüßen".

Das Team Stronach zeigt sich skeptisch gegenüber der Verschärfung des Verhetzungsparagrafen. "Der Paragraf trägt das Potenzial zur Disziplinierung politisch Andersdenkender in sich", so Mandatar Georg Vetter. Die Ausreisebeschränkungen für Minderjährige aus dem EU-Raum sieht er mit Verweis auf einen Discobesuch in der Schweiz als schwierig umzusetzen an. 

(APA/Red.)

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