Neue Akademien: Wie Parteien Staatsbürger bilden

STROLZ
STROLZ(c) APA/DIETMAR STIPLOVSEK (DIETMAR STIPLOVSEK)
  • Drucken

Die Neos wollen Passanten überreden mitzumachen. Das Team Stronach setzt auf Unternehmens- und Familienthemen, musste aber kurzfristig einen neuen Namen suchen.

Wien. Die einen übernehmen ein früheres Zahnlabor, in dem künftig unter dem Namen Neos Lab an politischen Konzepten geforscht wird. Die anderen beziehen Räumlichkeiten, in denen bisher Mode entworfen wurde – während man auf die Schnelle einen neuen Namen für sich finden musste: Die Parteiakademien von Neos und Team Stronach präsentieren dieser Tage offiziell ihre Büros.

Beide Parteien waren im Vorjahr erstmals in den Nationalrat gewählt worden. Sie haben nun wie SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne neben der Förderung für Partei und Parlamentsklub auch Anspruch auf eine Parteiakademie.

Dafür sollen die Parteiakademien – so schreibt es das Gesetz vor– sich der „staatsbürgerlichen Bildungsarbeit“ widmen. Wobei die am Montagabend präsentierten Räumlichkeiten der Neos in der Wiener Neubaugasse auf den ersten Blick gar nicht den Eindruck machen, eine Akademie zu sein.

Open House von 9 bis 16 Uhr

Das modern durchgestylte Neos Lab ist auch bürgernah konzipiert: So soll werktags zwischen neun und 16Uhr jeder Passant zu Besuch kommen können und seine politischen Ideen einbringen. Daneben arbeiten 130 Themengruppen (30 nationale, 100 regionale) an der Entwicklung politischer Ideen, es gibt Blogs und diverse Veranstaltungen.

„Hier im Neos Lab zischt und blubbert es gewaltig“, erklärte Angelika Mlinar, Präsidentin der Akademie, bei der Eröffnung. Man wolle „kein Elfenbeinturm“ sein, sondern „gemeinsam Leuchttürme bauen“, sagte Mlinar, die die Neos auch im EU-Parlament vertritt. Sie übergab ihrem Akademie-Direktor, Josef Lentsch (zuvor International Director der britischen Kulturinstitution RSA in London), ein pinkfarbenes Fahrrad als symbolisches Präsent.

1,1 Millionen Euro beträgt das Jahresbudget für die pinke Akademie, an der momentan zehn Angestellte und fünf Werkvertragsnehmer tätig sind. „Ihr seid die Pioniere!“, rief Parteichef Matthias Strolz ihnen bei der Eröffnung zu.

Bei der Präsentation des Büros waren neben ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz auch Vertreter weiterer Parteiakademien dabei – so auch Kathrin Nachbaur. Die Klubchefin des Teams Stronach wird selbst als Leiterin der Parteiakademie fungieren, die nächste Woche offiziell ihre neuen Pforten in Wien Margareten öffnet. Stellvertretende Chefin der Akademie wird die Team-Stronach-Mandatarin Ulla Weigerstorfer.

Nachbaur kündigte an, vor allem die Stärkung des Unternehmertums sowie die Familien- und Frauenpolitik zu Themen ihrer Akademie zu machen. Man wolle speziell Jungunternehmer „inspirieren, vernetzen und fördern“. Aber auch Parteifunktionäre sollen in Seminaren auf kommende Wahlen vorbereitet werden Drei Vollzeit- und einen Teilzeitmitarbeiter hat die Parteiakademie bereits, die Personalsuche ist aber nicht abgeschlossen. Die Partei hat 1,2 Millionen Euro zur Verfügung, also etwas mehr als die Neos. Der Verteilungsschlüssel rechnet sich nach dem Wahlergebnis. Parteigründer Frank Stronach werde zur Akademie nichts dazuzahlen, betonte Nachbaur.

Auf Name „Campus“ verzichtet

Eigentlich hätte ihre Akademie Campus Österreich heißen sollen. Doch ein deutscher Verlag, so erklärt eine Sprecherin der Akademie der „Presse“, hätte eine Verwechslungsgefahr geortet. Um sich einen Rechtsstreit zu ersparen, sei man daher kurzfristig auf den Namen Team Stronach Akademie umgeschwenkt. Zur Eröffnung wird es eine Diskussion zum Thema Bildung geben – mit Vertretern aller anderen Parlamentsparteien.

Der politische Gegner schaute bei der Eröffnung der Neos-Akademie auch in Gestalt des grünen Bezirksvorstehers von Wien Neubau, Thomas Blimlinger, vorbei. Seine kurze Grußbotschaft an die Mitarbeiter der Neos-Akademie: „Ich wünsche viel Erfolg, aber nicht zu viel. Sie wissen, was ich meine...“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.