Frauenquote: Durchgriffsrecht für SPÖ-Chef

Frauenquote: Durchgriffsrecht für SPÖ-Chef
Frauenquote: Durchgriffsrecht für SPÖ-Chef(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Die Kandidatenreihung auf den Wahllisten in den Ländern und Regionen soll korrigiert werden können – entweder vom SPÖ-Vorstand oder vom Parteirat. Das soll die 40-Prozent-Quote sichern.

Wien. In der SPÖ bahnt sich eine Lösung für das Frauenquotenproblem an: Die Bundespartei soll ein Durchgriffsrecht bei der Listenerstellung in den Ländern und Regionalwahlkreisen bekommen, wie die „Presse“ erfahren hat. Also die Möglichkeit, in die Reihung der Kandidaten einzugreifen, wenn sie die Frauenquote von 40 Prozent gefährdet sieht. Offen ist dem Vernehmen nach noch, wer diese korrigierende Instanz sein soll – der SPÖ-Vorstand mit Werner Faymann an der Spitze oder der Bundesparteirat, also der kleine Parteitag, der immer vor Wahlen zusammentritt, um über die Kandidatenlisten und das Wahlprogramm abzustimmen.

Ein wenig Zeit bleibt noch für diese Entscheidung. Denn die neue Regelung, mit der eine Arbeitsgruppe rund um Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek befasst ist, soll erst beim Parteitag Ende November in Wien vorgestellt und – wenn möglich – auch gleich beschlossen werden. Wobei die SPÖ-Spitze scheinbar nichts dem Zufall überlassen will: Faymann, heißt es aus der Partei, bringe sich „intensiv“ in den Reformprozess ein.

Anlass für die Debatte war der Fall Sonja Ablinger. Nach Barbara Prammers Tod im August musste ein Nationalratsmandat nachbesetzt werden, und zwar über die oberösterreichische Landesliste, die Prammer bei der Nationalratswahl im Vorjahr angeführt hatte. Laut Wahlordnung wäre der Zweiplatzierte auf der Liste, der Gewerkschafter Walter Schopf, an der Reihe gewesen. Das SPÖ-Statut besagt allerdings, dass eine Frau durch eine Frau nachbesetzt werden muss, „damit die Quote erhalten bleibt bzw. erzielt wird“. Und die nächstgereihte Frau wäre Ablinger gewesen.

Ablinger tritt mit Jahresende zurück

Das zeigte einen grundsätzlichen Widerspruch zwischen der Nationalratswahlordnung, also dem Gesetz, und den Parteistatut der SPÖ auf. Im konkreten Fall wurde die Entscheidung dem Landesparteivorstand überlassen, die Bundespartei war aber eingebunden. Das Gremium entschied sich für Schopf und gegen Ablinger, die dem Nationalrat schon zweimal (1996 bis 1999 bzw. 2007 bis 2013) angehört hatte und regelmäßig mit abweichenden Meinungen unangenehm aufgefallen war. So hatte sie etwa mit der FPÖ gegen den EU-Fiskalpakt gestimmt.
Aus der Prammer-Nachfolge-Posse zogen schließlich beide, die SPÖ und Ablinger, ihre Lehren. Die Partei kam zu dem Schluss, dass das Problem nur gelöst werden könne, wenn man schon bei der Listenerstellung darauf achtet, dass die Quote eingehalten wird. Nach der Wahl ist es nämlich es zu spät.

Ablinger wiederum gab am Donnerstag bekannt, dass sie sich mit Jahresende als Frauenchefin der SPÖ Oberöstererich zurückziehen wird. „Ich finde die jüngsten Ereignisse unpackbar“, sagte die 48-Jährige im Gespräch mit der „Presse“. Nicht nur für sich, auch für die Frauenorganisation in der SPÖ sei die Situation untragbar, daher habe sie sich zu diesem Schritt entschlossen.
Vom gewünschten Frauenanteil im Nationalrat ist die SPÖ nun noch weiter entfernt. Vor Prammers Tod lag die Quote bei 35 Prozent, mit Schopf sank sie auf 33 Prozent. Dabei hat die Bundespartei ihre Hausaufgaben gemacht und die eigenen Vorgaben erfüllt. Dort, wo es möglich war, hat sie sich vor der Wahl im Herbst 2013 um eine ausgewogene Sitzverteilung bemüht. Auf der Bundesliste waren sogar 52 Prozent Frauen.

Säumig ist die SPÖ in den Landes- und Regionalwahlkreisen. Auf der burgenländischen Landesliste zum Beispiel wurden nur fünf von 14 Plätzen an Frauen vergeben. Die erste Frau war an siebenter Stelle gereiht. Und selbst in Niederösterreich, wo Frauenministerin Heinisch-Hosek als Spitzenkandidatin angetreten war, fanden sich nur drei Frauen, aber zwölf Männer auf der Liste.

Schiedsgerichte sollen entscheiden

Die Causa Ablinger hat übrigens ein weiteres Nachspiel. SPÖ-intern wurden zwei Schiedsgerichte beantragt – im Bund von der Parteijugend, auf Landesebene von den Frauen. Die Gerichte, die vom Parteivorstand per Beschluss eingesetzt werden müssen, sollen beurteilen, ob es sich um eine Statutenwidrigkeit handelt. Falls nämlich ja, würde Schopf das Mandat wieder entzogen, und die nächstgereihte Frau nach Ablinger, Vizelandesparteichefin Fiona Kaiser, käme zum Zug.

Immerhin: Aus der SPÖ wird Ablinger dann doch nicht austreten. Aber ihren Mitgliedsbeitrag wird sie ab sofort nicht mehr der Partei überweisen, sondern einer Hilfsorganisation namens „Frauen in Not“.

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