Christgewerkschafter Schnedl: „Wir sind kein Bestandteil der ÖVP“

Schnedl
Schnedl(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Warum die ÖVP-nahen Gewerkschafter Vermögensteuern zugestimmt haben.

Die Presse: Hat sich Ihr Parteichef schon bei Ihnen gemeldet?

Norbert Schnedl: Ich habe mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner noch nicht gesprochen. Aber es wird sich sicher die Gelegenheit ergeben, das in den nächsten Tagen zu tun.

Ihr Steuerkonzept sieht Vermögensteuern vor und konterkariert damit die Linie der ÖVP in einer wichtigen Frage. Es ist noch keinen Monat her, dass ein ÖVP-Obmann deshalb zurückgetreten ist.

Ich sehe das nicht so. Als Bundesfraktion Christlicher Gewerkschafter sind wir überparteilich. Wir haben die christlich-sozialen Wurzeln, die uns mit der Partei verbinden und auch mit anderen Organisationen, die christlich-soziale Grundwerte haben, aber in der Entscheidungsfindung sind wir völlig unabhängig.

Haben Sie mit der ÖVP nichts zu tun?

Wir sind kein Bestandteil der ÖVP. Natürlich gibt es aufgrund der Wertehaltung Verbindungen, viele Funktionäre haben auch Funktionen im ÖAAB, auch ich. Aber wir sind von den Statuten her überparteilich.

Wie begründen Sie Ihr Ja zu einer Vermögensteuer?

Wir haben ein Papier vorgelegt, das eine Forderung nach Lohnsteuersenkung beinhaltet. Arbeitnehmer und Pensionisten sollen deutlich entlastet werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Gegenfinanzierung sind Möglichkeiten. Wenn die Bundesregierung andere Möglichkeiten aufzeigt, die nicht die Arbeitnehmer und den Mittelstand belasten, ist das auch in Ordnung.

Die ÖVP sagt, Vermögensteuern bringen wenig, wenn man nur die Reichen besteuert. Viel bringen sie nur, wenn auch der Mittelstand belastet wird. Das sehen Sie nicht so?

Ich kenne die Berechnungen nicht, die dahinterliegen. Das kann so sein, deshalb wird man sich das in den Verhandlungen genau ansehen. Wenn herauskommt, dass etwas nicht administrierbar ist oder zu wenig bringt, wird man andere Möglichkeiten zur Gegenfinanzierung finden.

Was ist das Argument für die Vermögensteuer? Schließlich soll ja bereits versteuertes Einkommen nochmals versteuert werden.

Es geht um Verteilungsgerechtigkeit. Das muss mit der Bundesregierung diskutiert werden, und am Ende des Tages wird man wohl einen Kompromiss finden.

Der wie lauten könnte?

Ich schließe Vermögensteuern nicht aus. Aber es kann auch eine Erhöhung der Grundsteuer sein. Wichtig wäre mir der Bereich der Förderungen und Subventionen an Unternehmen. Da gibt es einen Spielraum. Am wichtigsten ist mir aber die Bekämpfung des Steuerbetrugs.

Was halten Sie vom Steuerreformkonzept des ÖAAB?

Ich kenne das Konzept nicht im Detail, aber grundsätzlich kann man alle Initiativen, die zu einer Entlastung führen, nur positiv bewerten.

Sie sagen ernsthaft, dass Sie das Konzept nicht gelesen haben?

Ich habe mich jetzt mit anderen Konzepten, nämlich mit dem ÖGB/AK-Modell, sehr intensiv beschäftigt.

Im Gegensatz zum ÖGB-Konzept will das ÖAAB-Konzept die Familien gezielt entlasten. Da müssten Sie als Christgewerkschafter eigentlich dafür sein.

Im ÖGB-Konzept geht es um die Lohnsteuerentlastung. Die Entlastung der Familien ist uns natürlich auch wichtig, und wir unterstützen den ÖAAB da voll.

Beides wird sich wohl nicht ausgehen.

Da gibt es kein Entweder-oder. Familienpolitik ist von Lohnsteuerpolitik zu trennen.

Aber Sie wollen ja schon sechs Milliarden für die Lohnsteuersenkung ausgeben. Wo sollen noch ein bis zwei Milliarden für die Familien herkommen?

Man muss grundsätzlich festhalten: Nicht wir haben die Gegenfinanzierung darzustellen, das ist Aufgabe der Bundesregierung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2014)

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