Justiz: Minister glaubt an Vorratsdaten

INTERVIEW: JUSTITZMINISTER BRANDSTETTER
INTERVIEW: JUSTITZMINISTER BRANDSTETTER(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Wolfgang Brandstetter bleibt dabei: Die Vorratsdatenspeicherung soll wieder kommen. Beim Maßnahmenvollzug bittet er um Geduld.

Wien. „Wenn die Vorratsdatenspeicherung auf Schwerstkriminalität eingeschränkt gewesen wäre, hätte sie der Verfassungsgerichtshof nicht aufgehoben.“ Justizminister Brandstetter betonte am Montag in der Sendung „Pro und Contra“ auf dem TV-Sender Puls4 einmal mehr, dass ihm im Kampf gegen den Terror die Wiedereinführung der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung vorschwebt.

Aus den Vorratsdaten kann man sehen, wer mit wem wann über Telefon oder Internet Kontakt hatte. Der VfGH habe die bisherige Regelung nur aufgehoben, weil sie unverhältnismäßig war, sagte Brandstetter. Vor dem VfGH-Urteil mussten die Vorratsdaten schon bei Strafdelikten, die mit mehr als einem Jahr Haft bedroht sind, herausgegeben werden. Der Minister will, dass die Daten wieder erfasst, aber nur noch bei terroristischen Verbrechen oder Mord herausgegeben werden. Zudem will der Minister den Verhetzungstatbestand präzisieren. Künftig soll es für die Strafbarkeit ausreichen, wenn man vor einem Publikum von rund zehn (statt bisher 150 Personen) zu Gewalt aufruft. Ein gänzliches Verbot der IS-Gruppe will der Justizminister hingegen nicht: „Wir haben ausreichend scharfe Gesetze“, meinte er.
„Sie widersprechen sich“, wandte „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak ein: Einerseits sage Brandstetter, man brauche keine Verschärfung, andererseits schlage er mit seinen Plänen eine vor. „Ich bin gegen Anlassgesetzgebung“, meinte Nowak. Es gebe eher ein Problem bei den ermittelnden Behörden. So habe offenbar das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) mehr Leute zur Beobachtung der Szene einsetzen wollen – aber nicht bekommen.

Ein Dauerbrenner in der Justiz sind spätestens seit den Fotos, die einen verwahrlosten Häftling in Stein zeigen, auch die Zustände im Maßnahmenvollzug (Personen, die nach einer Tat als psychisch krank eingestuft und trotz fehlender Schuldfähigkeit vorbeugend in Justizanstalten untergebracht werden). „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk ortete hier sogar einen „Staat im Staat“. Die Insassen würden nicht nach dem medizinischen Standard betreut werden, den sie in Freiheit bekämen, kritisierte Klenk.

Zuständigkeit ans Gesundheitsressort?

Dieter Böhmdorfer, Justizminister von 2000 bis 2004, erklärte, dass die Justiz mit diesen Insassen überfordert sei. Schon er habe in seiner Amtszeit die damalige Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat gebeten, dass ihr Ressort die Zuständigkeit für die kranken Gefängnisinsassen übernehme. Auch Minister Brandstetter erklärte, nichts beschönigen zu wollen: „Das System ist krank“. Es werde aber Jahre dauern, es zu verbessern.
Richterin Beate Matschnig betonte, dass man in der Justiz „neue Wege“ gehen soll. Aber man dürfe nicht so blauäugig sein und glauben, dass man jeden laufen lassen könne. „Man hat auch die Aufgabe, die Allgemeinheit zu schützen.“ Und oft auch die untergebrachte Person selbst, so Matschnig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2014)

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