Parteichef Werner Faymann will die Forderungen der Gewerkschaft auf dem Parteitag zu jenen der SPÖ machen. Und kritisiert Neoliberalismus und Nationalismus.
Wien. „Ich bin auch dafür, dass wir am Bundesparteitag dieses Modell beschließen, um zu zeigen: Da passt kein Blatt Papier dazwischen“, sagte Bundeskanzler und SPÖ-Obmann Werner Faymann am Montag bei der Klubklausur der SPÖ, bei der die sozialdemokratischen Nationalratsabgeordneten und Regierungsmitglieder zugegen waren. Damit gemeint: Die SPÖ übernimmt das vor Kurzem vorgestellte Steuerreformkonzept des ÖGB und der Arbeiterkammer.
Faymann versuchte in seiner Eröffnungsrede, auch das Profil seiner Partei zu schärfen. Er sprach sich für eine „stärkere Kampagnisierung“ aus, um Stimmung in der Öffentlichkeit für die Steuerreformvorstellungen der Sozialdemokratie zu machen. Man müsse um die Bevölkerung kämpfen, „es hat ja keinen Sinn, wenn wir uns in der eigenen Organisation anlügen.“
Das ÖGB-Steuerkonzept sieht sechs statt bisher drei Steuerstufen vor. Der Eingangssteuersatz ab 11.000 Euro soll von derzeit 36,5 Prozent auf 25 Prozent gesenkt werden. Für Einkommensteile ab 60.000 Euro (hier greift derzeit der Höchststeuersatz von 50Prozent) sollen nur mehr 47 Prozent fällig werden. Erst ab 80.000 Euro soll dann ein Steuersatz von 50 Prozent gelten.
Für die Bezieher niedriger Einkommen unter der Steuerfreigrenze von 11.000 Euro sieht das ÖGB-Konzept eine Anhebung der Negativsteuer vor: Statt derzeit 110 Euro sollen künftig bis zu 450 Euro ausbezahlt werden. Auch Pensionisten mit niedrigem Einkommen sollen eine Negativsteuer von bis zu 110 Euro geltend machen können. Insgesamt soll die Entlastung sechs Milliarden Euro betragen. Die Gegenfinanzierung soll erfolgen, indem große Vermögen, Erbschaften, Schenkungen und Stiftungen besteuert werden. Weiters durch Reformen wie die Beseitigung von Ausnahmen im Steuersystem, durch Effizienzsteigerungen, Kompetenzbereinigungen und Vermeidung von Doppelförderungen. Sowie Maßnahmen gegen Steuerbetrug.
Die SPÖ hatte im Frühjahr selbst ein ähnliches Konzept ausgearbeitet: Es sah nur fünf Steuerstufen vor. Bruttoeinkommen bis 10.000 Euro blieben steuerfrei, darüber käme ein Eingangssteuersatz von 25 Prozent zum Tragen. Der Spitzensteuersatz sollte 50 Prozent ausmachen und ab 60.000 Euro greifen. Als Gegenfinanzierung war eine Vermögenssteuer und eine Erbschaftssteuer, jeweils ab einer Million Euro, vorgesehen. Weiters geplant: eine Registrierkassenpflicht.
Faymanns Rundumschlag
Kämpferisch zog SPÖ-Chef Faymann gestern auch gegen neoliberale und nationalistische Tendenzen in Europa zu Felde. Die Politik habe über Jahre viele Instrumente unter dem Titel „Weniger Staat, mehr privat“ weggegeben, diese „Handwerkskoffer“ würden nun fehlen. „Darum ist die Frage, wie stark sind die Sozialdemokraten und wie können wir jene neoliberalen Kräfte, die alles über Bord werfen, schwächen?“
Auch Einbunkerung, wie es nationale Kräfte forderten, sei kein Zukunftskonzept. „Wir müssen stark genug sein gegen rechte Nationalisten“, so Faymann Richtung SPÖ. Vor allem deren außenpolitisches Engagement in der Ukraine-Krise geißelte der Kanzler, um gleichzeitig die Neutralität für das Land anzupreisen: „Natürlich ist das auch ein Modell für die Ukraine“, auch wenn die dortige Bevölkerung natürlich selbst zu entscheiden hätte.
Auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder war zuvor auf den Krisenherd Ukraine eingegangen. Dialog, wie ihn Österreich pflege, sei wichtig, die FPÖ habe diesen Weg verlassen. „Das ist ein Zustand, den dürfen wir nicht zulassen und den dürfen wir auch nicht hinnehmen“, meinte auch Schieder. Und richtete den Freiheitlichen aus: „Hände weg von der österreichischen Außenpolitik!“
Auch hinsichtlich islamistischen Terrors äußerte sich der SPÖ-Klubchef und beschwor „null Toleranz für Extremisten und Radikalismus“. Im österreichischen Parlament forciere man hingegen Minderheitenrechte, auch solche für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. „Wenn die Homosexuellen im Land eine Lobby brauchen, dann haben sie sie in uns“, so Schieder in einem weiterem Seitenhieb Richtung FPÖ. (red./APA)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2014)