Strasser-Urteil: Rechtskraft in Sicht

Ernst Strasser auf der Anklagebank
Ernst Strasser auf der AnklagebankAPA/G. Hochmuth
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Die beim Obersten Gerichtshof als „Hüterin des Rechts“ eingerichtete Generalprokuratur will, dass Ernst Strassers „Beschwerde“ gegen den Schuldspruch abgewiesen wird.

Wien. „Sie werden in ganz Österreich kein Gericht finden, das diese Verantwortung glaubt.“ Dies musste sich der frühere ÖVP-Innenminister Ernst Strasser in seinem ersten Prozess von seinem Richter sagen lassen. Bezogen war die Bemerkung auf die abenteuerlich wirkende Erklärung Strassers, er habe sich als EU-Parlamentarier nur zum Schein auf Verhandlungen mit angeblichen Lobbyisten eingelassen. Eigentlich habe er in seinen Gesprächspartnern – es handelte sich um verdeckt arbeitende englische Journalisten – Geheimagenten vermutet. Die habe er auffliegen lassen wollen.

Der Richter könnte nun mit seiner Prognose recht bekommen. Eine hohe Justizbehörde empfiehlt den Höchstrichtern nämlich die Abweisung der von Strasser eingebrachten Nichtigkeitsbeschwerde.

Strassers Verurteilung wegen Bestechlichkeit zu dreieinhalb Jahren Gefängnis – der Ex-Politiker soll 100.000 Euro pro Jahr für die Einflussnahme auf EU-Richtlinien gefordert haben – könnte demnach bald „in Rechtskraft erwachsen“, wie es im Juristendeutsch heißt. In dem Fall stünde dem früheren Mitglied der österreichischen Bundesregierung der Antritt der Strafhaft bevor. Beobachter vermuten, dass Strasser in der für ihren aufgelockerten Vollzug bekannten Haftanstalt Wien-Simmering landen könnte. Fix ist dies aber noch nicht.

Zur Chronologie der Ereignisse: Strasser hatte Mitte Jänner 2013 vier Jahre Freiheitsstrafe bekommen. „Es hat in der Zweiten Republik wenige Menschen gegeben, die dem Ansehen der Republik so viel Schaden zugefügt haben wie Sie“, hatte Richter Georg Olschak damals verkündet. Doch dieses Urteil war wegen eines rechtlichen Fehlers aufgehoben worden (diesen hatte übrigens nicht die Generalprokuratur sondern erst der zuständige Fünf-Richter-Senat entdeckt). Daraufhin hatte es einen zweiten Rechtsgang gegeben. Anders gesagt: Die erstinstanzliche Verhandlung musste wiederholt werden.

Für Strasser brachte dies aber ein nur geringfügig milderes Urteil. Statt vier Jahren fasste er, wie erwähnt, dreieinhalb Jahre Haft aus. Dagegen hat Strasser eben (erneut) Rechtsmittel – Nichtigkeitsbeschwerde, Berufung – eingebracht. „Wir sind dafür, dass der Nichtigkeitsbeschwerde nicht Folge gegeben wird“, bestätigt nun der Leiter der Generalprokuratur Werner Pleischl der „Presse“.

Urteil ohne Zuschauer?

Indes hat sich die Prokuratur zu Strassers Berufung gegen das Strafausmaß inhaltlich nicht geäußert. Hier wird nur empfohlen, dass sich das Oberlandesgericht mit dieser Frage befassen solle.

Zunächst ist aber jedenfalls der Oberste Gerichtshof (OGH) am Zug. Theoretisch könnte dieser, konkret der für Korruptionssachen zuständige Senat 17 unter Vorsitz des OGH-Präsidenten Eckhart Ratz, den Strasser-Schuldspruch ein zweites Mal aufheben. Dann gäbe es einen – sehr selten vorkommenden – dritten Rechtsgang. Zu rechnen ist damit aber keineswegs. Schon deshalb nicht, da das Straflandesgericht Wien im Rahmen der Prozesswiederholung peinlich bemüht war, den rechtlichen Fehler der ersten Gerichtsverhandlung zu vermeiden.
Sollten die Höchstrichter also der Empfehlung der Prokuratur folgen und Strassers Nichtigkeitsbeschwerde abschmettern, könnten sie auch gleich über die Straffrage entscheiden. Oder sie übergeben die Sache dem Oberlandesgericht.

Wie auch immer: Beobachter müssen nun damit rechnen, dass der OGH auf einen öffentlichen Gerichtstag verzichtet. Dies tut er nämlich bei zwei Drittel aller an ihn herangetragenen Fälle. Dann würde das Urteil gefällt, niedergeschrieben und Strasser zugestellt werden. Und es käme zu keinem weiteren Auftritt Strassers (er arbeitete zuletzt als Unternehmensberater) in den altehrwürdigen Hallen des Wiener Justizpalastes. Oder aber OGH-Präsident Ratz lässt die Öffentlichkeit teilhaben – wenn er das letzte Wort in der Causa „Strasser“ spricht.

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