EU: Die großen Baustellen des neuen Digital-Kommissars

European Commissioner for Energy Guenther Oettinger speaks during a news conference after gas talks between the EU, Russia and Ukraine in Berlin
European Commissioner for Energy Guenther Oettinger speaks during a news conference after gas talks between the EU, Russia and Ukraine in Berlin(c) REUTERS (� Thomas Peter / Reuters)
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Günther Oettinger will sich auf die Marktmacht großer Internetkonzerne, ein neues Urheberrecht und die digitale Infrastruktur konzentrieren.

Der künftige EU-Kommissar für die digitale Agenda, Günther Oettinger, will die "digitale Aufholjagd für die EU beginnen". Bei seiner Anhörung im EU-Parlament Montagabend in Brüssel sagte der Noch-Energiekommissar, notwendig sei eine gemeinsame europäische Digitalpolitik.

"Wir leben mitten in einer Revolution". Die digitale Technologie ändere unsere Welt komplett. Dies gelte für Arbeitsplätze, Produktionsformen, Dienstleistungen, Transportsektor, Energie, Gesundheit, Bildung und lebenswertes Altern. Europa habe zwar "viele starke Assets, aber im Vergleich zu den USA oder einzelnen Ländern Asiens haben wir in den letzten Jahren nicht gewonnen - wir fallen zunehmend zurück", so Oettinger.

Perfekte Mannschaft gesucht

Für die Neuerungen brauche es auch eine "perfekte europäische Mannschaftsaufstellung", bediente sich der deutsche Kommissar der Fußballsprache. "Nicht mehr der Zentralcomputer, sondern die vernetzte Welt steht bevor". Eine Gefahr sieht Oettinger durch die "unglaubliche Kapitalkraft" der USA. "Wenn sie die wirtschaftlich zehn größten Adressen der USA addieren, ist deren Kapitalkraft so groß, dass sie 50 bis 80 der größten europäischen Unternehmen übernehmen können. Hier steckt im Grunde ein Gefahrenpotenzial, das man in keiner Form unterschätzen darf".

Wesentlich werde für Europa sein, mit der Aufholjagd die Wertschöpfung zu halten oder zurückzuholen, für die IT-Technologie und für die Wirtschaft insgesamt. Dabei gehe es "nicht um ein Strohfeuer für das Handwerk".

Google als Musterfall

Konkret will Oettinger das EU-Verfahren gegen Google zum Musterfall machen. Nachgereichte Fälle und Probleme sollten in einem solchen "Google-Paket" zusammengefasst werden, sagte Oettinger am Montagabend bei seiner Anhörung vor dem Europäischen Parlament.

Ein baldiges Ende des Verfahrens, in dem die EU-Kommission die Marktmacht des US-Konzerns bei der Internetsuche untersucht, sieht Oettinger nicht. "Mit dem im Februar angebotenen Kompromiss würden wir die Marktmacht von Google eher zementieren. Das kann unmöglich in unserem Interesse sein", sagte der deutsche Politiker.

Nach seiner Darstellung wäre der Fall zu dem Zeitpunkt schon abgeschlossen worden, wenn er nicht dagegen Widerstand geleistet hätte. Oettinger verwies in diesem Zusammenhang auf die Probleme von Verlegern, die gegen die Marktmacht von Google kämpfen. Federführend bei dem Fall ist indes der bisherige Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia sowie voraussichtlich ab November dessen Nachfolgerin Margrethe Vestager.

Urheberrecht: Bitte warten

Zur Reformierung des Urheberrechts will Oettinger erst "in den nächsten Jahren" einen Vorschlag vorlegen. Er wolle sich bewusst in das Thema "hineintasten". Ziel müsse sein, im digitalen Zeitalter eine Balance zwischen den Rechten der Urheber und denen der Verbraucher zu finden, sagte der Deutsche. Zugleich unterstrich Oettinger: "Wir müssen den Urheber ausreichend schützen, damit es morgen und übermorgen noch Urheber gibt."

Von dem durch den neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker angekündigten 300 Milliarden Euro schweren Investitionsprogramm soll nach Angaben Oettingers "ein signifikanter Teil" in den Ausbau der digitalen Infrastruktur fließen. Zudem sollen kleine und mittlere Unternehmen, allen voran Start-ups, stärker gefördert werden. Zuvor hatte Oettinger bereits angekündigt, im kommenden Jahr die Beratungen über die Neuregelung zum Datenschutz in der EU abschließen zu wollen.

(APA/Reuters)

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