Neuberechnung: Schuldenquote explodiert auf 87 Prozent

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Die Bankenhilfe lässt die Staatsschulden schwer entgleisen. ÖBB- und Gemeindeschulden treiben die Schuldenquote weiter hoch.

Durch eine EU-weite Neuberechnung der wichtigsten volkswirtschaftlichen Kennzahlen macht die österreichische Staatsschuldenquote einen gewaltigen Satz nach oben. Hatten die Staatsschulden nach der alten Rechenmethode im Vorjahr 74,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht, so waren es nach der neuen Methode 81,2 Prozent. Mit den Vorschriften des ab sofort gültigen ESVG 2010 (Europäisches System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) müssen nämlich eine Reihe von bisher außerbudgetär versteckten Schulden in die Staatsschuld hinein gerechnet werden. Unter anderem Verbindlichkeiten von ÖBB, KA Finanz, Bundesimmobiliengesellschaft, Wiener Linien, Krankenanstalten sowie eine Reihe von Länder- und Gemeindeschulden.

Es kommt aber noch dicker: Heuer kommen nämlich noch einmal rund 18 Mrd. Verbindlichkeiten aus der in Gründung befindlichen Hypo-Bad Bank dazu (wenn aus der Osteuropabank noch Verbindlichkeiten „herübergeschaufelt“ werden müssen, sogar noch drei bis vier Mrd. Euro mehr). Die Schuldenquote wird dadurch, wie Statistik Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer auf „Presse“-Anfrage bestätigte, in die Gegend von 87 Prozent des BIPs hochschießen. Die Regierungspläne über einen schrittweisen Abbau der Staatsschuld unter die Maastricht-Grenze von 60 Prozent des BIPs in den kommenden Jahren sind damit Makulatur.

Einen Sprung über die 80 Prozhnt gab es laut der neuen Rechnung aber nicht erst im Vorjahr: Schon 2010 lag demnach die gesamtstaatliche Schuldenquote bei 82,4 Prozent, ähnliche Zahlen ergeben sich für 2011 und 2012 (siehe Tabelle unten). In absoluten Zahlen kam die Gesamtverschuldung 2013 bei 262 Milliarden Euro zum liegen, nach 259 Milliarden Euro im Jahr 2012. Einen großen Anteil am Schuldenstand hat das Bankenpaket - ohne dieses würde die Schuldenquote des Vorjahres nur bei 75,4 Prozent des BIP liegen.

Hintergrund der Neuberechnung ist eine Vorgabe der EU, die ab September 2014 von allen Mitgliedsstaaten verpflichtend anzuwenden ist. Mit dem sogenannten ESVG 2010 (Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung, Anm.) werden 1400 bisher außerbudgetäre Einheiten, deren Schulden vor der Umstellung nicht budgetwirksam waren, nun dem Sektor Staat zugerechnet. Sowohl Schuldenquote als auch Defizit und BIP werden damit bis zum Jahr 1995 rückwirkend revidiert.

ÖBB wiegen am schwersten

Der Blick auf Österreichs "neuen" Schuldenstand 2013 ist laut Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer insbesondere für die ÖBB unerfreulich, die den größten Brocken ausmachen: Die nun dem Staat zugerechneten Schulden der ÖBB-Infrastruktur und des ÖBB-Personenverkehrs betragen für 2013 10,5 Milliarden Euro. Anzumerken ist hier, dass bereits 2011 andere Teile der ÖBB dem Staat zugeordnet wurden. Ebenfalls starken Einfluss auf den Schuldenstand hat die Zurechnung der KA Finanz zum Staat. Auch die Bundesimmobiliengesellschaft, die Holdinggesellschaften sowie die Wiener Linien und die Krankenanstalten heben den Schuldenstand stark an.

Die neuen Regeln berühren auch das Bruttoinlandsprodukt: Österreichs Wirtschaftsleistung erhöhte sich mit den EU-Vorgaben auf einen Schlag um 9,5 Milliarden Euro auf 322,6 Milliarden Euro im Jahr 2013. Unter anderem werden nun auch Ausgaben für Forschung und Entwicklung von der Statistik Austria als Investitionen miteinberechnet.

Kaum Auswirkungen auf das Defizit

Wenig Auswirkungen hat die Neuberechnung auf das Defizit. Dieses wird für das Vorjahr auch nach der Revision weiterhin bei 1,5 Prozent des BIP ausgewiesen. Für das Jahr 2012 weist die Statistik nun ein Defizit von 2,3 Prozent des BIP aus. Einen merkbaren Defizit-Anstieg gibt es hingegen für das Jahr 2009, für das die Statistik nun einen Abgang von 5,3 Prozent des BIP statt 4,1 Prozent ausweist. Grund dafür ist vor allem die damals erfolgte Ausgliederung der KA Finanz aus der Krisenbank Kommunalkredit.

Die Staatseinnahmen betrugen laut den aktualisierten Daten der Statistik Austria im Jahr 2013 159,6 Milliarden Euro. Gegenüber 2012 bedeutet dies einen Anstieg um 5,1 Milliarden Euro bzw. 3,3 Prozent. Die Staatsausgaben stiegen um nur 1,6 Prozent bzw. 2,6 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr an und lagen bei 164,3 Milliarden Euro.

(ju/APA)

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