Demokratiebefund: Weniger Misstrauen in die Politik

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Das Image der Volksvertreter hat sich verbessert, bleibt aber auf niedrigem Niveau. Und an einen Neustart der Regierung glaubt nicht einmal ein Viertel.

Wien. In Zeiten wie diesen ist es bemerkenswert, wenn das Image von Politik und Volksvertretern einmal steigt. Und tatsächlich scheint die Talsohle durchschritten, wie eine aktuelle OGM-Umfrage im Auftrag der Initiative „MehrheitsWahlrecht und Demokratiereform“ zeigt. Gaben im Vorjahr noch 78Prozent der Befragten an, der Politik, weniger oder gar nicht zu vertrauen, so sind es nun nur noch 70 Prozent, die ein solches Misstrauen aussprechen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt man, wenn man explizit nach dem Vertrauen gegenüber den als Politiker handelnden Personen fragt (nun 72Prozent Misstrauen, im Vorjahr lag der Wert noch bei 83 Prozent).

Grund zum Jubel hat die Politik ob des jetzigen Ergebnisses, für das 503 Personen telefonisch befragt wurden, aber nicht. Zum einen, weil das Misstrauensvotum nach wie vor sehr hoch ist. Zum anderen, weil der nunmehrige Wert sich nur dort einpendelt, wo das Image der Politik vor zwei, drei Jahren schon war (siehe Grafik). Im Vorjahr kamen die Volksvertreter besonders schlecht weg. Möglicherweise weil die Bürger die Auseinandersetzungen rund um die Nationalratswahl im Kopf hatten, meinte Karin Cvrtila vom OGM-Institut bei der Präsentation der Studie.

55 Prozent befürchten Stillstand

Abgefragt wurde auch, ob man der Bundesregierung nach der jüngsten Umbildung mehr Durchschlagskraft zutraut. 22 Prozent meinen, nun werde der Stillstand tatsächlich überwunden, 55 Prozent glauben nicht daran. Der Rest, immerhin ein knappes Viertel, hat sich noch keine Meinung gebildet.

Die Initiative „MehrheitsWahlrecht und Demokratiereform“ rund um die früheren Politiker Heinrich Neisser und Herwig Hösele kämpft seit Jahren um Reformen im Politsystem. Neisser bekräftigte am Dienstag sein Hauptanliegen: ein neues Wahlrecht, in dem zumindest ein Teil der Abgeordneten direkt in Wahlkreisen (ein Mandatar pro Wahlkreis) gewählt wird. Hoffnungen setzt Neisser nun in die parlamentarische Enquetekommission zur Demokratiereform.

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David Campbell von der Österreichischen Gesellschaft für Politikwissenschaft hat zudem dafür plädiert, auch die Amtszeit von Bundeskanzlern und Landeshauptleuten zu begrenzen, so wie es jetzt schon beim Bundespräsidenten vorgesehen ist. Auch Neisser betonte, wie wichtig eine Durchlässigkeit sei: Ideal sei es, jung in die Politik zu gehen – dann in die Wirtschaft – und später wieder in die Politik, meinte er. So, wie es Außenminister Sebastian Kurz vorhabe.

Verfassungsjurist Theo Öhlinger übte Kritik an der geplanten Reform des Amtsgeheimnisses, die zu wenig weit gehen würde. Der Plan der Regierung sieht vor, dass das Amtsgeheimnis zwar in der jetzigen Form abgeschafft wird, die Behörden in bestimmten Fällen aber trotzdem Informationen zurückhalten dürfen. Im Streitfall mit der Behörde, so der Regierungsplan, sollen sich die Bürger an das Verwaltungsgericht wenden.

Amtsgeheimnis: „Gericht nicht geeignet“

„Ein Gericht ist hier sicher kein geeignetes Instrument“, sagt aber Öhlinger. Viele würden wegen des Aufwands nicht zum Richter gehen wollen. Und dieser könne die gewünschten Informationen, die bei der Behörde liegen, ja auch nicht herausgeben. Öhlinger wünscht sich einen von der Behörde unabhängigen Informationsbeauftragten, der in alle Akten Einsicht nehmen darf und entscheidet, ob ein Bürger Dinge erfahren darf oder nicht. (aich)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2014)


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