Asyl: Regierung will Länderblockaden aufbrechen

APA/HERBERT NEUBAUER
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Vom Asylwesen bis zu den Finanzen stemmt sich der Bund nun verstärkt gegen Widerstände. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen reißt der Koalitionsspitze die Geduld: Sie fordert bis Jahresende die Erfüllung der Quote.

Wien. Es traf sich gut, dass das schon länger geplante Treffen mit den Landeschefs nun am Dienstag im Bundeskanzleramt stattfand. Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner konnten die Ländervertreter damit nicht nur über Ergebnisse der Regierungsklausur in Schladming informieren. Sie redeten ihnen auch ins Gewissen, dass Blockaden von Länderseite bei Projekten zunehmend zum Problem werden, das der rot-schwarzen Bundesregierung auf den Kopf fällt. „Das Gespräch war hart in der Sache, aber freundschaftlich im Ton“, meinte Faymann nach der Besprechung.

Dringlich sind Lösungen im Asylbereich, die Schließungspläne für Kasernen sorgen für die nächste Konfrontation. Bei den Staatsfinanzen müssen die Länder den Sparkurs mittragen. SPÖ-Klubchef Andreas Schieder ist für ein Beschneiden des „föderalen Fleckerlteppichs“.

► Asyl: Eine steigende Zahl von Asylwerbern führt bereits seit dem Sommer zu Schwierigkeiten bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Der Großteil der Bundesländer hält die seit zehn Jahren geltende Quote zur Aufteilung nicht ein. Der Bund muss dann, wie gerade in Wien, kurzfristig Ersatzquartiere schaffen. Jetzt ist die Geduld der Regierungsspitze am Ende: „Die Länder müssen die vereinbarte Quote von 100 Prozent bis Ende des Jahres einhalten, damit Wien bis Ende Jänner entlastet werden kann“, meinte Faymann bei einer improvisierten Pressekonferenz mit Mitterlehner und dem turnusmäßigen Vorsitzenden der Landeshauptleute, Kärntens Landeschef Peter Kaiser (SPÖ) im Anschluss an das Treffen. Bisher wurde teilweise nicht einmal die als Übergangslösung vereinbarte Quote von 88 Prozent eingehalten. Das soll sich innerhalb von vier Monaten ändern.

► Ersatzquartiere, neues System: Von Länderseite hat es in den vergangenen Wochen und Monaten stets nur Zusagen gegeben, die versprochenen Quartiere für Asylwerber bereitzustellen. Bei der Umsetzung hinken die Länder weiter hinterher. Das liegt auch daran, dass es in manchen Gemeinden, in denen besonders viele Flüchtlinge einquartiert werden sollen, wie etwa in Spital am Semmering, Unverständnis bei der Bevölkerung darüber gibt. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) möchte solche Konflikte mittelfristig im Lauf des kommenden Jahres durch fixe Quoten je nach Gemeinde (auf 266 Einwohner käme ein Asylwerber) bewältigen.

Das Reformmodell der Ministerin, das auch die automatische Zuteilung von Flüchtlingen in den Bundesländern beinhaltet, kam bei dem Bund-Länder-Gipfel ebenfalls zur Sprache. Eine Klärung soll bis November erfolgen. Klosterneuburg im Visier Kaiser will die Gemeinden nun verstärkt einbinden. Am Freitag wird es daher zu einem Treffen mit Vertretern des Gemeindebunds kommen. Mikl-Leitner hält außerdem daran fest, dass vorerst Flüchtlinge auch in Kasernen untergebracht werden. Konkret wird die Einquartierung von 100 Asylwerbern in einer Kaserne in Klosterneuburg, wo die Ministerin wohnt, geprüft.

► Heeresreform, Kasernen: Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) wird am Freitag dieser Woche sein Konzept für weitere Einsparungen beim Bundesheer und für Reformen präsentieren. Pläne für die Schließung weiterer fünf Kasernen, die offiziell von der Regierungsspitze nicht bestätigt wurden, haben bei Landeschefs bereits Widerstände ausgelöst. Klug ist nun vor Freitag auf einer Ländertour, um seine Vorhaben mit den Landespolitikern zu besprechen.

Selbst Einsparungen und Zusammenlegungen bei der Militärmusik haben Proteste ausgelöst. Mitterlehner kommentierte das launig: „Die Militärmusik in Oberösterreich ist eine der besten.“ Die Heeresreform sei aber nicht anhand der Militärmusik diskutierbar. Faymann sicherte Klug zu: „Jeder Minister kann sich darauf verlassen, dass er die Unterstützung der Regierung hat.“

► Finanzen: Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) möchte bis Jahresende eine einheitliche Buchführung mit den Ländern festlegen, aber unter Einbindung der Länder (siehe S. 2). Wie bei der Gesundheitsreform will der Finanzminister mit den Ländern eine Obergrenze für Ausgaben fixieren, damit die Kosten unter den Einnahmen zu liegen kommen. In der Vergangenheit haben die Länder allerdings häufig bei Einsparungen mehr Geld für steigende Ausgaben in anderen Bereichen – Beispiel Pflege – verlangt. Laut Faymann sollen die Finanzausgleichsverhandlungen im März starten.

("Die Presse", Printausgabe vom 1.10.2014)

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