Wohncontainer für Flüchtlinge

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Bei Bedarf will Innenministerin Mikl-Leitner bei der Unterbringung von Asylwerbern einen neuen Weg beschreiten, wenn es in den Bundesländern weiter nicht genügend Betreuungsplätze gibt.

Wien. Die Situation bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Österreich bleibt angespannt. Sollten nicht genügend Plätze vorhanden sein, will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) Flüchtlinge im Bedarfsfall auch in Wohncontainern unterbringen, wie der „Presse“ im Innenressort bestätigt wurde.

Am Donnerstag dieser Woche kommt es auf Beamtenebene zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu einem Gespräch, wie das System mittelfristig neu geregelt wird. Nach den Vorstellungen von Mikl-Leitner soll die Aufnahme künftig gleich „automatisch“ in den Bundesländern erfolgen. In jeder Gemeinde soll dann auf jeweils 266 Einwohner ein Asylwerber kommen.

Vorerst mühen sich Länder und Gemeinden weiter ab, ausreichend Quartiere bereitzustellen und die mit dem Bund vereinbarte Aufteilungsquote für Flüchtlinge zu erfüllen. Der Einsatz von Wohncontainern war bereits beim Gipfeltreffen der Regierungsspitze und der Innenministerin in der vergangenen Woche mit den Landeshauptleuten im Bundeskanzleramt Thema. Diese Wohncontainer sollten aufgestellt werden, um rasch Übergangsquartiere zu schaffen. Nach Angaben des Innenministeriums sei dieses Vorhaben von den meisten Bundesländern positiv aufgenommen worden. Schließlich müssten etwa bei Umbauten in Schulen auch Schüler in Österreich in Container übersiedeln.

Im Bundeskanzleramt wurde auf Anfrage der „Presse“ jedenfalls klargestellt, dass bezüglich der Verwendung von Wohncontainern für die Unterbringung von Asylwerbern nichts fix vereinbart worden sei. Wie berichtet, gab es bei dem Bund-Länder-Treffen allerdings die Abmachung, dass die Länder bis Ende dieses Jahres 100 Prozent der schon seit einem Jahrzehnt vereinbarten Quoten für die Flüchtlingsunterbringung erfüllen müssten.

Das ist nicht so einfach, wie Einzelfälle zeigen: Im südsteirischen Weitendorf sorgte die Unterbringung von zwei Roma-Familien in einem ehemaligen Bordell für Proteste – und zwar sowohl bei den Dorfbewohnern als auch bei den Flüchtlingen selbst. Und in Spital am Semmering hatten sich die Bewohner geschlossen gegen die Unterbringung von 200 Asylwerbern in einem Gasthaus ausgesprochen.

Kein befristetes Bleiberecht

Wenig hält man im Innenministerium von einer Idee, die zuletzt der Vorarlberger Landesrat Erich Schwärzler (ÖVP) vorgebracht hat. Demnach sollte der Bund über ein vorübergehendes Bleiberecht für Kriegsflüchtlinge nachdenken. Ein solches befristetes Aufenthaltsrecht würde garantieren, dass Flüchtlinge nach Kriegsende in ihre Heimatländer zurückkehren. Eine derartige Verordnung für Vertriebene mit einem vorübergehenden Aufenthaltsrecht könne es erst im Fall eines Massenzustroms geben, heißt es im Innenministerium. Der liege aber sicher noch nicht vor. Bisher gebe es aus Syrien beispielsweise rund 4500 Asylsuchende.

Außerdem möchte Österreich bei einem derartigen Vorgehen nur gemeinsam mit den anderen EU-Staaten aktiv werden. Derzeit gebe es keine Signale, dass die EU-Kommission eine solche Vorgangsweise anstrebe. Der Hintergrund dafür: Bei einem Alleingang würde Österreich verstärkt zum Zielland für Flüchtlinge werden.

FLÜCHTLINGE

Weitere Infos:www.diepresse.com/asylQuartiere. Der vermehrte Zustrom von Flüchtlingen aus den Krisengebieten im Nahen Osten stellt das Asylwesen vor Probleme: Das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen ist voll, die Bundesländer schaffen es aber derzeit nicht, genügend Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Zwar bemüht man sich um zusätzliche Plätze, die Realisierung kann aber noch Wochen und Monate dauern. Zuletzt hat sich Wien bereit erklärt, als Übergangslösung 600 zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen. Diese werden in einem Großquartier in Erdberg und in der früheren Wirtschaftsuniversität untergebracht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2014)

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