In der ÖVP ist man sich uneinig, was das Heer in Zukunft können muss: Teile der Partei fordern eine drastische Reduktion der Zahl der Auslandssoldaten.
Wien. Jetzt soll es plötzlich schnell gehen: ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger wünscht sich bereits in vier Wochen eine Einigung in Sachen Bundesheer. Seit Dienstag brütet eine Arbeitsgruppe der Regierung über den Sparvorschlägen von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) – Schönegger hofft dabei auf ein baldiges, „gutes Ende“ der Verhandlungen.
Gesprächsbedarf gibt es aber nicht nur zwischen den Koalitionspartnern. Auch innerhalb der ÖVP ist man sich noch uneinig, was das Bundesheer in Zukunft können soll: Während ein Teil der Volkspartei etwa auf die Auslandseinsätze pocht, will ein anderer Flügel die Anzahl der Soldaten in internationaler Mission drastisch reduzieren. Das ergibt sich aus dem Verhandlungsverlauf zur sogenannten Teilstrategie Verteidigungspolitik – ein Papier, das vor allem die Volkspartei rasch beschließen will.
Sicherheitsstrategie im Vorjahr beschlossen
Was ist aber diese Teilstrategie genau? Vereinfacht ausgedrückt leitet sich das Dokument von der österreichischen Sicherheitsstrategie ab: In diesem Hauptdokument sind die Aufgaben und Bedrohungsszenarien festgehalten, auf die das Bundesheer vorbereitet sein muss. SPÖ, ÖVP, FPÖ und das Team Stronach segneten diese Sicherheitsstrategie im Vorjahr im Parlament ab: Österreich bekennt sich darin zur Neutralität, zur Wehrpflicht, schreibt der Bekämpfung von Cyberkriminalität mehr Bedeutung zu – und legt die Zahl der Soldaten im Ausland auf einen Richtwert von 1100 fest.
Die Teilstrategie wiederum definiert, was das Heer genau können muss, um diese Aufgaben zu erfüllen. Und genau hier gehen die Meinungen auseinander: Denn während die SPÖ angesichts der schrumpfenden Mittel auf Kooperationen mit anderen EU-Staaten pocht, die Zahl schwerer Waffen reduzieren will und gleichzeitig auf 1100 Soldaten im Ausland besteht, sehen dies Teile der ÖVP völlig anders. Bevor man im Inland spare, solle man sich zum Teil aus den Auslandseinsätzen zurückziehen, so die Argumentation. Wichtiger als internationale Missionen sei die klassische Landesverteidigung. Schönegger etwa pochte bereits vor Wochen auf eine Reduzierung der Soldaten auf bis zu 600 Mann – allerdings nur für eine bestimmte Zeit.
Innenministerium und ÖAAB wollen dem Vernehmen nach den Fokus des Heeres ebenfalls klar auf Inlandsaufgaben legen. Die drastischen Sparmaßnahmen bei den schweren Waffen werden abgelehnt. Unter den Wünschen der ÖVP findet sich bei den Verhandlungen rund um die Teilstrategie auch die Fähigkeit einer lückenlosen Grenzüberwachung in Österreich. Andere ÖVP-Regierungsmitglieder sollen etwas anderer Meinung sein: Sie würden auf den internationalen Aspekt nicht verzichten wollen.
Aus dem Büro von Innenministerin Mikl-Leitner wollte man Unstimmigkeiten der ÖVP nicht bestätigen. Im Gegenteil: „Wir haben eine sehr konstruktive Verhandlungsgruppe und ein sehr gutes Gesprächsklima“, hieß es dazu. Die Ministerin sei „sehr zuversichtlich, dass wir gemeinsam eine rasche Lösung erarbeiten können. Und vor allem: Wir führen keine Verhandlungen über die Medien. Auch das ist uns allen sehr wichtig.“
In einem Punkt musste Klug seine Sparmaßnahmen bereits adaptieren: Nachdem er das Militärrealgymnasium in Wiener Neustadt nur zwei Jahre lang bestehen lassen wollte, ist der Schulbetrieb nun doch länger gesichert. Laut Schulunterrichtsgesetz müssen alle Schüler ihre Ausbildung abschließen dürfen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2014)