Schmidts Comeback: Ist noch genug Luft im LIF?

(c) Reuters (Heinz-Peter Bader)
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Die Parteigründerin führt das Liberale Forum bei der Wahl an und will in einer Dreier-Koalition mitregieren. Doch schaffen es die Liberalen überhaupt ins Parlament?

Wien. Sie war weg. Und ist wieder da. Neun Jahre nach ihrem Rückzug kehrt Heide Schmidt in die Politik zurück. Sie wird das Liberale Forum als Spitzenkandidatin in die Nationalratswahl führen. Und sie will, sollte es ihre Partei ins Parlament schaffen, mitregieren. In einer Dreier-Koalition. Ohne BZÖ und FPÖ. Sie treibe die Sorge um, sagt Schmidt, dass sich immer mehr Menschen von der Politik abwenden. „Wir sind die Ansage gegen den Rückzug, gegen Enttäuschung und Frustration.“

Mit dem Comeback Schmidts werden die Karten für den Wahlkampf neu gemischt – und für den Fall des Wiedereinzugs ins Hohe Haus auch für die Bildung der neuen Regierung. Von der „Presse“ befragte Meinungsforscher sind allerdings geteilter Ansicht: Manche halten das Überspringen der Vier-Prozent-Hürde für machbar, andere hingegen für ausgeschlossen.

Stimmen von Nichtwählern

Günter Ogris vom Sora-Institut hält es für „möglich“, dass das LIF mit Schmidt die Vier-Prozent-Hürde schafft. Sie könne „einen guten Teil der Nichtwähler“ erreichen, die sonst nicht zur Wahl gingen. „Nicht alle, die enttäuscht sind, müssen nach rechts driften.“ Der Liberalismus sei jedenfalls „nicht die Hauptattraktion“.

Ganz anders schätzt Peter Ulram (Fessel+GfK) die Entwicklung ein: Er hält den LIF-Einzug für „extrem unwahrscheinlich“. Die Chancen der Liberalen seien schlechter als die für das BZÖ und die Liste Dinkhauser. Seine Begründung: Die wegen der gescheiterten Großen Koalition „Ang'fressenen sind weg“. Der Großteil dieser Stimmen habe sich in eine andere Richtung bewegt, vor allem in Richtung FPÖ.

Von wem das LIF am ehesten Stimmen holen könne? Selbst darüber sind die Meinungsforscher uneins: Von den Grünen, meint Ulram, von ÖVP, Grünen und SPÖ, sagt hingegen Ogris. „In erster Linie wird das LIF von den Grünen Wähler abziehen, dann aus der Gruppe der Nichtwähler, dann wird es wohl von der SPÖ gespeist, gefolgt vom bürgerlich-urbanen Segment der ÖVP“, urteilt OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer. Die Ankündigung Schmidts in einer Dreier-Koalition mitregieren zu wollen, sei „eine strategisch richtige, vielleicht zwar kühne, aber mutige Ansage“. Die Vier-Prozent-Hürde sei machbar.

Gegenteiliger Ansicht ist Andreas Kirschhofer (Imas-Institut): „Ich würde sagen, es sieht sehr schlecht aus. Ich würde sogar wetten, dass es das LIF nicht ins Parlament schafft.“ Schmidt sei nicht das richtige Zugpferd. „Aber das ist Faymann für seine Partei auch nicht“, liest er aus seinen Analysen heraus.

Was bedeutet das Antreten des LIF mit Heide Schmidt nun für die Regierungsbildung? Sicher ist, dass der Wettbewerb unter den Kleinparteien noch schärfer wird. Dennoch könnte der Fall eintreten, dass ausgerechnet mehr Listen dazu führen, dass wegen fehlender anderer Mehrheiten für eine Zweier-Koalition letztlich nur eine Neuauflage der Großen Koalition möglich wird.

Schafft das LIF den Einzug in den Nationalrat, gäbe es für die SPÖ und die ÖVP neben den Grünen einen zusätzliche Partner für eine Dreier-Koalition. FPÖ und BZÖ kämen für diesen Fall nicht in Frage, weil dies die Grünen und nun auch Schmidt ausschließen. ÖVP-Chef Wilhelm Molterer hat bereits offen seine Sympathien für eine schwarz-grüne Regierung notfalls mit Hilfe eines dritten Partners erklärt. Eine Haupthürde: Das LIF war unter seinen Chef Alexander Zach seit 2006 beim SPÖ-Klub angedockt.

Buhlen um enttäuschte Rote

Die SPÖ könnte sowohl mit den Grünen als auch mit den Liberalen. Im Wahlkampf 2006 war das LIF eine Kooperation mit der SPÖ eingegangen, Schmidt und Haselsteiner gaben eine Wahlempfehlung für Alfred Gusenbauer ab. Gegen eine Koalition spricht die jüngste Entwicklung in der SPÖ: Der Wechsel zu Werner Faymann, dessen Brief an den „Kronen Zeitung“-Herausgeber Hans Dichand, in dem er sich für Volksabstimmungen bei EU-Verträgen stark machte, war nun durchaus ein Motiv für das LIF, eigenständig anzutreten. So hoffen die Liberalen auf Stimmen bisheriger SPÖ-Wähler, die, verärgert über den EU-Schwenk ihrer Partei, sonst zu den Grünen abgewandert wären. Sollte es dem LIF gelingen, die SPÖ anzuknabbern, könnte dies der ÖVP den ersten Platz sichern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2008)

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