U-Ausschuss-neu: Premiere mit der Causa Hypo ab März 2015

PK ZU U-AUSSCHUSSREFORM IM PARLAMENT: MEINL-REISINGER / DARMANN / LOPATKA / SCHIEDER / BROSZ
PK ZU U-AUSSCHUSSREFORM IM PARLAMENT: MEINL-REISINGER / DARMANN / LOPATKA / SCHIEDER / BROSZAPA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Parlament. Fünf-Parteien-Einigung zur U-Ausschuss-Reform: Künftig kann ein Viertel der Abgeordneten einen solchen beschließen.

Wien. Von einem „guten Tag für den Parlamentarismus“, sprach – vergleichsweise noch bescheiden – SPÖ-Klubchef Andreas Schieder. Neos-Verhandlerin Beate Meinl-Reisinger sprach bereits von einem „historischen Tag“. Für den Grünen Dieter Brosz werde nachvollzogen, was in Deutschland schon State of the Art sei, wobei man in Österreich noch „darüberhinaus“ gehe. ÖVP-Klubchef Lopatka pries das „Mehr an Rechtsstaatlichkeit“, schließlich gebe es nun die Möglichkeit, im Streitfall den Verfassungsgerichtshof einzuschalten.

SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und Neos einigten sich am Montag im Parlament auf die Reform des U-Ausschusses (das Team Stronach hatte sich verweigert). Ab Jänner soll das neue Gesetz in Kraft treten. Somit könnte ab März bereits der erste U-Ausschuss nach den neuen Regeln eingesetzt werden. Und zwar jener zur Hypo. Und wenn man den Vertretern der Opposition glauben darf, dann wird das auch so sein. Denn diese haben nun die Möglichkeit dazu:

Einsetzung durch Minderheit: Künftig reicht ein Viertel der Abgeordneten aus, um einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Diese Minderheit kann auch den Untersuchungsgegenstand bestimmen. Und die Zeugenladungen. Somit wird sich künftig also auch ein Bundeskanzler nicht mehr verweigern können. Über die Beweismittelherbeischaffung wird allerdings mit einem Mehrheitsbeschluss entschieden. Jedoch hat die Minderheit hier auch Einspruchsrechte und kann den Verfassungsgerichtshof anrufen. Aufgrund der neuen Minderheitsrechte ist also damit zu rechnen, dass künftig wesentlich öfter als bisher U-Ausschüsse stattfinden werden. Möglicherweise sogar ständig.

Ausnahme Wahlkampf: Allerdings: eine zeitliche Begrenzung für U-Ausschüsse gibt es. Während eines Wahlkampfs soll kein U-Ausschuss stattfinden. Die Letzbefragung soll vier Monate (mindestens 124 Tage) vor dem Wahltermin bei Auslaufen der Legislaturperiode erfolgen. Bei vorzeitiger Auflösung des Nationalrats am Tag des Auflösungsbeschlusses des Nationalrates.

Vorsitzführung: Den Vorsitz im U-Ausschuss führt der Präsident bzw. die Präsidenten des Nationalrats. Ein unabhängiger Verfahrensrichter (ein emeritierter Richter) wird ihr/ihm zur Seite gestellt. Der Verfahrensanwalt bleibt erhalten.

Immunität: Künftig soll es – quasi um Chancengleichheit zu wahren – während eines U-Ausschusses möglich sein, die Immunität der befragenden Abgeordneten aufzuheben. Und zwar bei Verleumdung und Geheimnisverrat. Somit wird erstmals eine Sanktion bei Fehlverhalten von Abgeordneten möglich.

Begrenzung des Themas: Die neue Verfahrensordnung sieht nun einen klar umrissenen Untersuchungsgegenstand vor. „Kraut- und Rüben-Untersuchungsausschüsse“ (ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka) sollen nicht mehr möglich sein.

Streitschlichtung: Über Streitigkeiten wie die Zulässigkeit von Fragen soll der U-Ausschuss-Vorsitzende mit den Volksanwälten als Schiedsstelle befinden. Bei Streitigkeiten zum Einsetzungsbeschluss, zu den Ladungen und zu den Beweismitteln käme letztlich der Verfassungsgerichtshof zum Zug.

Informationen:„Schwärzungen“ in Akten wird es nicht mehr so leicht geben. Es gibt nun vier Vertraulichkeitsstufen: eingeschränkt, vertraulich, geheim und streng geheim. Werden die beiden höchsten Stufen nicht eingehalten, drohen strafrechtliche Konsequenzen – nicht allerdings für Medien, die derartiges veröffentlichen. (oli)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Politik

ÖVP nominiert bereits Team für Hypo-Ausschuss

Die Fraktionsführung des zu erwartenden U-Ausschusses übernimmt die Abgeordnete Gabriele Tamandl.
Kommentare

Großer Schritt und große Versuchung

Die neue Macht der Opposition: Sie sollte sie nicht missbrauchen.
U-Ausschuss: Parteien wollen sich heute einigen
Politik

U-Ausschuss: Parteien einigen sich auf Reform

SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne und Neos haben die letzten Details geklärt. Ab 1. Jänner 2015 wird die Einsetzung eines U-Ausschusses ein Minderheitenrecht.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.