Fekter: Ausländer-Ehen strenger prüfen

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Im Ausland geschlossene Ehen sollen auf Zwangsheirat kontrolliert werden, so Innenministerin Fekter im Gespräch mit der "Presse".

Die Presse: Die erste Partei, die auf ihren Plakaten das Thema Ausländer emotional thematisiert, war die ÖVP und nicht die FPÖ. Das ist doch mehr als sonderbar.

Maria Fekter: Ich mache mir Gedanken über meine Aufgaben, was die anderen machen, interessiert mich nicht. Zum Plakat, das wir affichiert haben: Dass man Deutsch lernen muss, bevor man nach Österreich kommt, ist eine, ist unsere Forderung. Als wir vor Jahren in der kleinen Koalition das erste Mal über verpflichtende Deutschkurse gesprochen haben, gab es Häme und Kritik. Heute ist es allgemeiner Konsens, dass in unserer Sprache der Schlüssel zur Integration liegt, bei den Kindern und vor allem auch bei den Frauen.

Kritik wurde am Zwang zum Deutsch-Lernen laut. Ihre Forderung geht nun weiter: Ein Zuwanderer muss Deutsch lernen, bevor er nach Österreich kommt. Da sei manchmal nicht möglich, sagt etwa die Caritas.

Fekter: Laut geltendem Recht ist ein Antrag auf Zuwanderung im Ausland zu stellen. Im Heimatland muss man auf die Botschaft gehen, sich um Dokumente kümmern, um Arbeit in Österreich. Wer sich für den Lebensmittelpunkt Österreich entscheidet, wird überall Wege finden, Deutsch zu lernen.

Es ist interessant, dass Sie über Zuwanderung sprechen, die lehnen Sie doch ab, nicht?

Fekter: Zuerst müssen wir die Hausaufgaben bei der Integration lösen, um die Leute in Österreich, die kein Deutsch sprechen, keinen Job haben und sich nicht integrieren, kümmern. Daher sind wir gegen zusätzliche Zuwanderung. Bevor wir die Probleme nicht lösen, brauchen wir nicht über mehr Zuwanderung reden. Wir haben Schlüssel-Arbeitskräfte, Saisonniers und Familiennachzug.

Da sind Sie im Widerspruch mit der Industriellenvereinigung, aber auch VP-Wien-Chef Johannes Hahn, die für mehr Zuwanderung eintreten.

Fekter: Also von Johannes Hahn habe ich das so noch nie gehört.

Die Wiener VP vertritt diese Linie.

Fekter: Die Industriellenvereinigung vertritt die Wirtschaft, deren Interessen und damit diese Linie.

Spätestens in zehn Jahren werden wir neue Arbeitskräfte brauchen.

Fekter: In zehn Jahren! Dann reden wir in zehn Jahren darüber. Die Industrie bekommt ihre Schlüssel-Arbeitskräfte. Irgendwann wird die Übergangsfrist für die Öffnung des Arbeitsmarkts für die neuen EU-Länder fallen, dann kommen Arbeitskräfte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir unsere Grenzen einfach so öffnen. Stellen Sie sich vor, Millionen von Chinesen oder Schwarzafrikaner setzen sich nach Europa in Bewegung. Dass die kommen wollen, ist unbestritten.

Bei den Chinesen kann man das bestreiten. Sie haben viel Kritik einstecken müssen: Sie wollen sogenannte „Kulturdelikte“, wie Sie Ehrenmord oder Genitalverstümmelung nennen, in das Strafrecht aufnehmen. Das ist diskriminierend und verharmlosend zugleich. Es ist nicht Teil irgendeiner Kultur, einen Ehrenmord oder eine Genitalverstümmelung zu begehen.

Fekter: Die Verharmlosung wollen wir ansprechen: In manchen Bereichen mussten wir erfahren, dass Tradition, Kultur und Umfeld als Erklärung und Entschuldigung für etwas herangezogen wird, was bei uns ein Delikt ist.

Aber das reicht doch strafrechtlich aus?

Fekter: Man muss Dinge beim Namen nennen. Wir haben bereits ein Verbot von Genitalverstümmelung beschlossen. Manche Juristen haben mir gesagt, dass das doch vom Delikt Körperverletzung gedeckt sei. Trotzdem haben wir die Genitalverstümmelung dezidiert ins Strafgesetz aufgenommen. Weil wir registriert haben, dass es teilweise kein Unrechtsbewusstsein gibt.

Wovon reden wir hier: Gibt es wirklich so viele solcher Verbrechen in Österreich? Oder thematisieren Sie dieses Problem derart stark, um sich im Wahlkampf zu positionieren?

Fekter: Wir haben mehrere sogenannte Ehren-Mörder in unseren Gefängnissen sitzen.

Laut Stadt Wien gibt etwa nur wenige Fälle von Zwangsheirat.

Fekter: Es gibt wesentlich mehr Fälle als Sie ahnen: Immer wieder brechen Mädchen bestimmter Herkunft ihre Schule ab, weil sie in ihrer Heimat oder der ihrer Eltern heiraten müssen.

Das wäre erstens doch Nötigung und zweitens vermutlich sexueller Missbrauch Minderjähriger?

Fekter: Das kann stimmen. Aber das passiert meist im Familienkreis. Das Mädchen steht unter familiärem und gesellschaftlichem Druck, fügt sich scheinbar freiwillig. Es gibt da zu wenig Unrechtsbewusstsein und zu wenig Information, etwa auch über das Risiko von Elternschaft aus Ehen unter Verwandten wie Cousinen und Cousins.

Ist das nicht Aufgabe des Staates, hier zu informieren?

Fekter: In Österreich sind Ehen zwischen Cousin und Cousinen nicht gestattet. Aber wir erkennen solche Ehen, die im Ausland geschlossen wurden, oft an.

Das wollen Sie ändern?

Fekter. Ja, denn damit habe ich Probleme, auch bei Zwangsehen.

Wie soll man das praktisch machen? Soll der Standesbeamte ermitteln?

Fekter: Es gibt klare Verfahren wie ausländische Ehen bei uns am Standesamt anzuerkennen sind. Da müsste man bei einem Verdacht klären, ob es eine Ehe auf Zwang oder unter Verwandten ist.

Wie soll das gehen? Da muss jedes Ehepaar aus dem arabischen Raum beweisen, freiwillig geheiratet zu haben und nicht verwandt zu sein?

Fekter: Wenn in Wien eine 13-Jährige aus der Schule genommen wird und es heißt, sie kommt nicht zurück, sondern sie habe geheiratet, obwohl das Mädchen in der Schule nie eine Silbe gesagt hat, dann sind die Indizien sehr groß.

Wer soll das dann prüfen?

Fekter: Wenn es Indizien gibt, muss etwas unternommen werden. Ich stehe hier auf der Seite der Opfer.

ZUR PERSON

Maria Fekter ist seit Juni Innenministerin, wo sie Günther Platter, der als Landeshauptmann nach Tirol wechselte, nachgefolgt ist. Die am 1. Februar 1956 in Attnang-Puchheim geborene VP-Politikerin startete ihre politische Karriere in ihrer Heimatgemeinde als Gemeinderätin und wurde 1990 erstmals in den Nationalrat gewählt. Die Stationen ihrer Karriereleiter: Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium (1990-1994), Landespartei-Stellvertreterin der oberösterreichischen VP, Vorsitzende des Justizausschusses (1995-2007), Volksanwältin (2007- Juni 2008). Fekter studierte Rechtswissenschaften an der Kepler-Universität in Linz sowie Betriebswirtschaftslehre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2008)

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