Erstwähler: Faymann punktet, kaum Vertrauen in die Politik

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Molterer gilt als kompetent, hat aber ein Sympathie-Defizit. Zwei Drittel halten die Politik heute für weniger glaubwürdig als früher.

WieN.Sie durften noch nie wählen, von den heimischen Politikern halten sie aber schon jetzt wenig: 400.000 Jugendliche können bei der Nationalratswahl erstmals einen Stimmzettel ausfüllen. Durch die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre gibt es damit deutlich mehr Erstwähler als bei früheren Wahlen.

Von ihnen halten zwei Drittel (65,6%) die Politik heute für weniger glaubwürdig als früher, wie aus der aktuellen „ErstwählerInnen-Analyse“ hervorgeht, die das Institut für Jugendkulturforschung österreichweit durchgeführt hat und die der „Presse“ vorliegt.

Nicht ganz so schlecht wie das Image der Politik allgemein ist jenes der Spitzenkandidaten. Werner Faymann, obgleich noch vergleichsweise unbekannt (76,6% kennen ihn, BZÖ-Kandidat Jörg Haider darf sich über 100% Bekanntheitsgrad freuen), kommt bei Jugendlichen relativ gut an. „Faymann“, sagt Beate Großegger, wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Jugendkulturforschung, „polarisiert am wenigsten.“ Er spricht, anders als die übrigen Kandidaten, alle Bildungsschichten gleich gut an: Etwa jeder Zweite hält ihn für sympathisch, glaubwürdig und durchsetzungsfähig.

Molterer: Kompetent, aber...

Anders etwa bei Wilhelm Molterer (ÖVP), den die Jungwähler zwar für kompetenter und durchsetzungsfähiger halten, den aber nur 23,4% sympathisch finden, vor allem Schüler und Studenten. Umgekehrt ist FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache 46,3% der Lehrlinge sympathisch, aber nur 17,8% der Schüler und Studenten.

Alexander Van der Bellen (Grüne) hält nur jeder Dritte für durchsetzungsfähig, gleichzeitig hat er, obwohl der älteste Spitzenkandidat, die höchsten Sympathiewerte (64,8%) bei den Jungen. „Mit Van der Bellen würden Jugendliche auf einen Kaffee gehen, bei Molterer mit seiner Zahlenlastigkeit würden sie sich nicht vorbereitet fühlen.“

Auf Jungwähler, sagt Großegger, habe keine der Parteien ihren Wahlkampf ausgerichtet. Viele Themen (z.B. Pflege) gingen an den Jungen vorbei. Und auf Fragen, die Jugendlichen wichtig sind, fehlen ihnen konkrete Antworten der Politiker. Am wichtigsten sind ihnen – neben der Ausländerfrage – Bildung, Studiengebühren und Arbeit, sprich: das eigene Fortkommen.

Wer hier klare Antworten liefert, punktet. Im Bereich Ausländer ist das Strache mit seinen „radikal-plakativen Aussagen. Strache verstehen die Erstwähler“, ob sie nun für oder gegen die FPÖ-Parteilinie sind. „Er gilt als jugendlicher Kandidat, auch bei denen, die sagen, dass sie ihn niemals wählen würden.“ Dass sich SPÖ und Grüne gegen Studiengebühren – die für 20,4% der Erstwähler ein wichtiges Thema sind – aussprechen, mag ein Grund dafür sein, dass sie sich von diesen Parteien am ehesten vertreten fühlen (siehe Grafik).

Während die Grünen traditionell ein gutes Image bei Jungen haben, dürfte die SPÖ diesmal mit ihrer sehr präsenten Jugendkandidatin Laura Rudas punkten, obwohl etwa ÖVP-Jugendsprecherin Silvia Fuhrmann laut Umfrage bekannter ist. „Die SPÖ hat was draus gemacht, die ÖVP nicht“, so Großegger. Fuhrmann sei im Wahlkampf kaum präsent, während Rudas „zeigt, dass sie Kontakt sucht“. Allerdings sind die Jugendkandidaten der Parteien generell unbekannt: 61,8% der Befragten kennen keinen einzigen, was auch einiges über die Gewichtung der Jugendpolitik innerhalb der Parteien aussagen dürfte.

Und doch: „Die Bereitschaft unter jungen Menschen, wählen zu gehen, ist sehr groß“, meint die Jugendforscherin. „Es fällt ihnen nur schwer, sich zu entscheiden.“

Institut für Jugendforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2008)

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