Die SPÖ will das von Saudi-Arabien finanzierte König-Abdullah-Zentrum unter die Lupe nehmen. Bandion-Ortner könnte ein Disziplinarverfahren drohen.
Das Interview der früheren Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) im Nachrichtenmagazin "profil" ruft nun auch die SPÖ auf den Plan. Klubobmann Andreas Schieder zeigte sich am Dienstag "schockiert" über die inhaltlichen Aussagen und die "Blödheit", die darin stecke. Dass die frühere Ministerin und Richterin Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien relativiere, sei "untragbar". Schieder will sich nun das König-Abdullah-Zentrum, dessen Vizegeneralsekretärin Bandion-Ortner ist, kritisch ansehen.
Das von Saudi-Arabien finanzierte Zentrum sollte seines Wissens nach eine "Plattform für Dialog" sein, betonte Schieder. Dass es von Steuerprivilegien profitiere, war dem Klubchef "nicht klar": "Da braucht es Aufklärung." Bis auf das Interview von Bandion-Ortner sei ihm keine Aktivität bekannt.Stehe es nur für ein derartiges Interview, "dann ist es ein Zentrum, das wir so nicht brauchen", so Schieder.
SP-Chef Werner Faymann erklärte, dass er bereits Informationen über den Vertrag mit dem König Abdullah-Zentrum bestellt habe. Bandion-Ortners Aussagen nannte er "ausgesprochen verfehlt".
Bandion-Ortner hatte im "profil" unter anderem gesagt, in Saudi-Arabien werde "nicht jeden Freitag" geköpft. Zur verpflichtenden Verhüllung von Frauen durch die so genannten Abaya erklärte sie: "Ein angenehmes Kleidungsstück. Sie hat mich ein bisschen an den Talar erinnert."
Justizministerium lässt Causa von OLG Graz prüfen
Das Justizministerium hat die Causa an das Oberlandesgericht Graz zur Prüfung weitergeleitet. Dieses habe über ein etwaiges Disziplinarverfahren zu entscheiden, sagte Minister Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Es handle sich um einen Routinevorgang. Ob der karenzierten Richterin nun ein Disziplinarverfahren droht, könne er nicht beurteilen.
Die Grünen kritisierten am Dienstag die Regierung: "Seit 2011 weise ich die Regierungsparteien im Parlament auf den Wahnsinn ihrer fehlgeleiteten Politik für ein Saudi-'Dialogzentrum' hin. Alle meine Anträge, von der Erlaubnis für so ein Zentrum in Wien Abstand zu nehmen, wurden von ÖVP und SPÖ niedergestimmt", betonte Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Wenn SP-Klubchef Schieder nun von Unwissenheit rede, stelle das eine Bankrotterklärung der Regierung dar.
König-Abdullah-Zentrum
Das "König Abdullah Bin Abdulaziz Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog" (KAICIID) wurde im Herbst 2012 eröffnet und wird größtenteils von Saudi-Arabien finanziert. Kritiker sehen in der Institution einen Versuch Riads, sein international wegen Menschenrechtsverletzungen ramponiertes Image aufzupolieren. Im Nationalrat wurde das Projekt gegen die Stimmen von FPÖ und Grünen genehmigt.
KAICIID wird von einem Board of Directors geleitet, das aus Vertretern der großen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus) und Kulturen besteht. Das Dialogzentrum erhält Unterstützung von den Regierungen von Saudi-Arabien, Spanien und Österreich, von denen jede im Council of Parties des Zentrums vertreten ist. Der Vatikan hat einen Beobachterstatus. Mehr als 35 fest angestellte Mitarbeiter aus 23 Ländern arbeiten im KAICIID. Sitz des KAICIID ist das Wiener Palais Sturany am Schottenring.
(APA/Red.)