McDonald: "Das Vermögen der Österreicher steckt in der SV"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Hauptverbandschef Peter McDonald ist gegen die Versicherungspflicht. Ein System à la USA wolle er hier nicht.

Die Presse: Ihr Vorgänger, Hans Jörg Schelling, hat den Hauptverband sehr selbstbewusst nach außen vertreten, er war sozusagen der Mister Hauptverband. Werden Sie die Rolle ähnlich anlegen?

Peter McDonald: Wichtig ist, dass der Hauptverband, der ein Budget von 55 Milliarden Euro verwaltet, auch weiterhin selbstbewusst auftritt.

Schelling hat sanierte Kassen hinterlassen. Allerdings war dies auch auf Einmaleffekte, Zuschüsse der Regierung, zurückzuführen. Das wird sich auf Dauer nicht wiederholen lassen.

Ganz so stimmt es nicht. Es gab schon Finanzziele, die der Hauptverband in Verhandlungen mit den Ärzten und der Pharmawirtschaft durchgesetzt hat. Da ist es ganz ordentlich zugegangen. Heute kann man sagen: Der Sanierungskurs, den wir uns vor zehn Jahren noch nicht vorstellen konnten, hat funktioniert. Es ist heute Common sense, dass man nicht mehr ausgibt als einnimmt.

Aber es wird 2015 wieder ein Defizit geben.

Wir stehen natürlich vor dem Problem, dass die prognostizierten wirtschaftlichen Entwicklungen, auf denen die Beitragseinnahmen basieren, sehr herausfordernd sein werden. Und wir natürlich den medizinischen Fortschritt weiterhin ermöglichen wollen. Zudem haben wir es bei der Gesundheitsreform nun erstmals geschafft, dass die Schrebergartenbesitzer Bund, Land und Sozialversicherung den Garten gemeinsam bestellen.

Braucht es neun Gebietskrankenkassen?

Wir neigen in Österreich dazu, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Wir reden lieber über Strukturen als über Strategien. Wesentlich ist aber, dass wir für die Menschen Verbesserungen zusammenbringen.

Und dazu braucht es den ganzen bürokratischen Aufwand?

Ich möchte nicht, dass die Systeme über die Systeme diskutieren, sondern über die Bedürfnisse der Versicherten. Da ist die Zielsetzung, dass wir eine österreichweite Hotline einrichten, wo es eine qualitätsgesicherte, professionelle Erstberatung gibt. Dazu starten wir in jedem Bundesland Pilotprojekte zur Vernetzung der Primärversorgung.

Was verdienen Sie nun? Ihr Vorgänger hat sich mit einer Aufwandsentschädigung von knapp 4000 Euro brutto begnügt.

Das ist im Gesetz so festgelegt. Das ist bei mir selbstverständlich die gleiche.

Aber Sie bleiben Direktor des ÖVP-Wirtschaftsbundes?

Ja.

Wie würden Sie sich selbst politisch einordnen? Sind Sie ein Liberaler, ein Konservativer, ein Christlich-Sozialer?

Als bürgerlichen Sozialpartner.

Gibt es für Sie auch schlechte Seiten an der Sozialpartnerschaft?

Sie hat einen wesentlichen Beitrag geleistet für die wirtschaftliche und soziale Stabilität in diesem Land. Vor allem in dem Bereich, von dem wir jetzt reden. Ich finde die Idee der Sozialversicherung genial. In den USA sind drei von zehn Staatsbürgern sozial abgesichert. Auch in Deutschland sind es nur 90 Prozent. In Österreich sind es quasi 100 Prozent. Bei uns geht man in ein Spital und zeigt die E-Card her. In anderen Ländern geht man in ein Spital und wird nach der Kreditkarte gefragt. Das ist ein System, das wir hier nicht wollen. Und in der Sozialversicherung steckt, wenn Sie so wollen, ja auch das Vermögen der Österreicher. Andernorts wird das Geld ins Vorsorgesparen gesteckt – für das Alter, den Krankheits- oder Notfall. Bei uns liegt weniger unter dem Kopfpolster.

Eine Versicherungspflicht statt der Pflichtversicherung kommt für Sie also nicht in Frage?

In den 2000er-Jahren wurde das sehr ausgiebig debattiert. Heute sagen auch viele Experten: Gott sei Dank ist das an uns vorübergegangen. Die Deutschen kiefeln sehr stark daran. Versicherungspflicht heißt ja nicht nur, dass sich der Versicherte die Versicherung aussuchen kann, sondern auch die Versicherung den Versicherten. Dieses Modell möchte ich nicht, aber ich bin natürlich für einen Wettbewerb der Benchmarks unter den Sozialversicherungen.

Österreich steuert auf einen Ärztemangel zu – die Mediziner aus der Nachkriegsgeneration gehen in Pension, viele Junge ins Ausland. Was tun?

Österreich hat eine der höchsten Ärztedichten weltweit. Es wird wichtig sein, dass die Jungen in der Ausbildung nicht nur das Arztleben im Spital, sondern auch in der Praxis, auch am Land, kennen lernen. Das kann ein wesentlicher Schritt von vielen sein.

Haben Sie ein Vorbild?

Julius Raab. Ein ideologischer Brückenbauer.

ZUR PERSON

Peter McDonald, geboren am 4. August 1973 in Wels, hat Wirtschaftswissenschaften studiert und war geschäftsführender Obmann der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) und ist seit Montag gewählter Vorsitzender des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger. Direktor des Wirtschaftsbundes der ÖVP bleibt er. McDonald hat einen irischen Vater und drei Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2014)

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