Keine Chance für „abgehalfterte“ Politiker auf Botschafterposten

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Absage an SPÖ-Staatssekretär Schieder: Die strenge Auswahl für Diplomaten bleibt.

WIEN. Die Aufregung unter Diplomaten ist groß: Es dürfe „nicht der Eindruck entstehen, dass es nicht mehr auf gute Arbeit für Österreich ankommt, sondern ein billiger Abschiebeposten für abgehalfterte Politiker gesucht wird“. So reagiert einer von ihnen im Gespräch mit der „Presse“ auf den jüngsten Vorstoß von SPÖ-Koalitionsverhandler Andreas Schieder, Staatssekretär im Kanzleramt von Alfred Gusenbauer. Dieser hatte in einem Interview mit der „Presse“ kritisiert, der Zugang zum diplomatischen Dienst sei „derzeit sehr eng“. (Ex-)Politiker vom Kaliber eines Erhard Busek, ehemals ÖVP-Vizekanzler und Wissenschaftsminister, hätten den aktuellen Bedingungen zufolge keine Chance.

Doch ebensolche versierte Politiker oder Unternehmer sollten eine Aussicht auf eine Diplomatenkarriere bekommen, meinte der Staatssekretär: „Sollen wir den (Zugang, Anm.) nicht erweitern“, fragte er. „Nein“, so kam nun postwendend die Absage der Personalvertretung im Außenministerium – allerdings mit Ausnahme der Angehörigen der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG). Der Großteil will offenbar lieber unter sich bleiben.

„Eine ,Öffnung' des auswärtigen Dienstes als Versorgungsmöglichkeit für ehemalige politische Funktionäre wird einhellig abgelehnt.“ So steht es in einem Brief der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) und der Gruppe „Ballhausplatz“ im Dienststellenausschuss des Außenamtes, welcher der „Presse“ vorliegt.

„Große Demotivation“

Gerichtet ist das Schreiben an Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP), die diese Haltung auch in den Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ vertreten solle, so der Wunsch der Personalvertreter. Bei den Kriterien für eine Diplomatenkarriere handle es sich keineswegs „um eine österreichspezifische Lösung, sondern um internationale Qualitätsstandards“. Entscheidend wären bei jedem interessierten Österreicher seine Fähigkeiten. Transparenz und Objektivität seien bei der Auswahl gegeben. Diese garantiere „breitesten Zugang“ sowie eine „hohe Professionalität“ der Mitarbeiter des Ministeriums. Diese versähen einen Dienst „ohne politische Einflussnahme“.

Eine klare Abwehr von Altpolitikern oder Unternehmern also, die als Botschafter partei- oder wirtschaftspolitisch voreingenommen sein könnten? Es sei nicht verständlich, dass sich Schieder „mit großer Rührung“ um das Schicksal eines Erhard Busek oder anderer sorge, so ein Insider. Der Staatssekretär dürfe nicht vergessen, „dass man Französisch, Englisch, Europarecht, Internationales Recht, Wirtschaft und mehr kennen und können muss“, um in der Diplomatie Karriere zu machen. Dass dies für den Staatssekretär offenbar „überhaupt keine Rolle spielt“, habe im Außenamt für „große Demotivation“ gesorgt.

Die Personalvertretung von FCG und „Ballhausplatz“ teilte ihre Bedenken auch Andreas Schieder mit. Aus dem Büro von Ministerin Plassnik heißt es bereits, man wolle beim bestehenden Auswahlverfahren für Diplomaten bleiben. Dieses umfasst unter anderem strenge Fremdsprachentests.

Plassnik verteidigt harte Linie

„Ehemalige Politiker auf Botschafterposten zu entsorgen, ist vielleicht die Linie in den USA oder anderswo, nicht aber in Österreich“, so lautet die Position im Ministerium. Das Außenamt zählt derzeit 730 Berufsdiplomaten in 107 Botschaften, Generalkonsulaten und Vertretungen im Ausland.

Busek hatte sich ohnehin nicht selbst ins Spiel gebracht. Der frühere Vizekanzler, Wissenschafts- und Unterrichtsminister ist heute Sonderkoordinator des Stabilitätspakts für Südosteuropa, Vorstandsvorsitzender des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa, Präsident des Europäischen Forums Alpbach sowie Rektor der Fachhochschule Salzburg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2008)

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