Kritischer Ex-BK-Chef Haidinger suspendiert

Herwig Haidinger
Herwig Haidinger(c) AP (Ronald Zak)
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Bawag, Kampusch, Polizeireform: Der ehemalige Direktor des Bundes-Kriminalamts hat wiederholt die Polizeispitze und das Innenministerium kritisiert. Innenministerin Fekter hat ihn nun vorläufig suspendiert.

Der ehemalige Leiter des Bundeskriminalamts Herwig Haidinger ist am Dienstag vorläufig vom Dienst suspendiert worden. Das gab Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) bei einer Pressekonferenz bekannt. Als Begründung führte sie das "fortgesetzte und nachhaltige Verletzen von Dienstpflichten" sowie "fortgesetzt massiv vertrauensschädigendes Verhalten" an. Herwig Haidinger musste bereits Ausweis, Waffe und Schlüssel abgeben. Er versah seinen Dienst zuletzt in der Sicherheitsakademie.

Haidinger habe "in keiner Weise mit inhaltlicher Kritik" agiert, sondern "öffentlich beleidigend, herabwürdigend" und ohne Rücksicht auf Schaden für das gesamte Ressort agiert, sagte die Ministerin. Letztendlich dürfte der Auslöser eine Geschichte in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins "profil" gewesen sein. Fekter sprach von "Vorwürfen in einer Wochenzeitung". Haidinger habe vertrauliche Akten einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht, schwere Korruptionsvorwürfe ohne Beweise erhoben und Beamte auch persönlich diffamiert. "Jeder kann Kritik äußern, aber öffentliches Vernadern, Verleumden, Unterstellen" gegenüber Kollegen bis hin zur Ministerin "werde ich auch in Zukunft nicht dulden", so Fekter.

Haidinger weist Vorwürfe zurück

Haidinger selbst wies die Vorwürfe Fekters zurück: Im Ö1-"Abendjournal" sagte der 54-Jährige: "Ich habe niemals das Innenministerium kritisiert. Ich habe immer die ÖVP und ihre Funktionäre angegriffen, aber ich habe noch nie einen einzelnen Beamten in der Öffentlichkeit bloßgestellt, beleidigt oder - wie Fekter meint - vernadert."

Vielmehr werde er von der ÖVP diffamiert, so Haidinger. Er will sich nicht mundtot machen lassen und fordert jetzt, nach der Überprüfung der Ermittlungen im Entführungsfall Kampusch auch noch eine kritische Evaluierung der Polizeireform.

»Diese Maßnahme ist in keinster Weise in Zusammenhang mit rein inhaltlicher Kritik an gesetzlichen Reformen und abgeschlossenen Prozessen zu sehen, sondern vielmehr in der Art und Weise, wie Herr Haidinger über lange Zeit und nachweislich unbelehrbar seine persönliche Missstimmung öffentlich, beleidigend, herabwürdigend, falsch und polemisch glaubte kundtun zu müssen. Ohne Rücksicht auf die Schädigung einzelner verantwortungsbewusster, gesetzeskonform handelnder und seriös arbeitender Kolleginnen und Kollegen. Ohne Rücksicht auf den Schaden für das gesamte Ressort und ohne Rücksicht auf ungerechtfertigte Beeinträchtigung des Vertrauens der Bevölkerung in die sachliche Arbeit des Innenressorts.«

Innenministerin Maria Fekter (ÖVP)

Der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, bezeichnete die Suspendierung als "weiteren schweren Machtmissbrauch durch die ÖVP". Haidinger habe ruhig und sachlich die negativen Folgen der Polizeireform kritisiert. Es solle "ein weiterer Kritiker der ÖVP-Misswirtschaft im Innenministerium zum Schweigen gebracht" werden. Pilz verlangte nun eine rasche Konstituierung und Einberufung des Innenausschusses. "Das Parlament muss die Polizei vor der ÖVP schützen."

Ähnlich sieht es der FP-Parlamentarier Werner Neubauer: "Beamte wie Dr. Herwig Haidinger werden mundtot gemacht, anstatt entsprechende Reformen einzuleiten." Er spricht sich für eine weitere parlamentarische Untersuchung zum Innenministerium aus.

Bawag, Kampusch, Kriminalstatistik

Vorangegangen war eine Zeit voller von Haidinger ausgelöster Turbulenzen: Der Jurist (54) warf dem Kabinett vor, auf ihn Druck ausgeübt zu haben mit dem Ziel, die Bawag-Ermittlungen als Wahlkampfmunition gegen die SPÖ zu verwenden. Ermittlungen nach dem Verschwinden von Natascha Kampusch im Jahr 1998 seien schlampig geführt worden, eine Evaluierung der damaligen Schritte sei vom Ministerium verhindert worden. Die Haidinger-Vorwürfe führten zur Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der im September nach rund acht Monaten Arbeit ohne substanzielle Ergebnisse zu Ende ging.

Im September sorgte Haidinger erneut für Schlagzeilen - als er von einer manipulierten Kriminalstatistik sprach und bei einer Pressekonferenz mit zwei pensionierten früheren Spitzenbeamten heftige Kritik an den Polizeireformen übte. In der jüngsten Ausgabe des "profil" erneuerte der 54-Jährige seine Vorwürfe gegen das Ministerium: Das Bundeskriminalamt sei zu einer "Außenstelle der ÖVP verkommen", im Kabinett seien nur noch "Parteisoldaten und Politoffiziere gefragt". Außerdem sei die Zusammenlegung von Gendarmerie und Polizei verfassungswidrig. In einem Brief an Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) habe er die gröbsten Fehler der Polizeireform aufgelistet, zur Antwort sei er bedroht worden. Wenn er nicht den Mund halte, werde weiter gegen ihn vorgegangen.

"Komplizierte Persönlichkeitsstruktur"

Der gelernte Kfz-Mechaniker aus Oberösterreich war zunächst Sicherheitswachebeamter, machte nebenher die Matura, wurde Kriminalbeamter und studierte Jus. Er leitete das Bundesasylamt in Oberösterreich und leitete die Staatspolizei des Bundeslandes (heute Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung), ehe der damalige Innenminister Ernst Strasser (V) ihn im Jahr 2000 in sein Kabinett holte. Zwei Jahre später wurde Haidinger erster Direktor des von ihm konzipierten Bundeskriminalamts. Sein auf fünf Jahre befristeter Vertrag wurde nicht verlängert.

Freunde hat Haidinger sich während seiner Zeit in Wien kaum gemacht. Insider sprechen von einer "komplizierten Persönlichkeitsstruktur", er sei pedantisch im Umgang mit Mitarbeitern und sperrig gegenüber Vorgesetzten. Kompromissbereitschaft und Diplomatie seien für Haidinger offenbar Fremdwörter.

(APA/Red.)

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