ÖVP - SPÖ: Zehn Fragen - zehn Antworten

Werner Faymann
Werner Faymann(c) APA (Barbara Gindl)
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SP-Chef Werner Faymann hat den von VP-Chef Josef Pröll geschickten Fragenkatalog beantwortet, Pröll zeigte sich über das "Einschwenken" erfreut. Faymann bekennt sich uneingeschränkt zur EU, pocht weiterhin auf eine vorgezogene Steuerreform.

VP-Chef Josef Pröll hatte am Sonntag die Verhandlungen mit der SPÖ ausgesetzt. Er übergab SP-Chef Werner Faymann einen Zehn-Fragen-Katalog. Erst wenn diese beantwortet seien, würde Pröll weiterverhandeln. In einer ersten Stellungnahme zeigte sich Pröll "erfreut" über das "Einschwenken" der SPÖ.

Der Redaktion der "Presse" lagen am Montagnachmittag die Antworten von Werner Faymann vor. In einem Vorwort erklärt Faymann, die meisten Fragen seien in den verhandelnden Untergruppen ohne zeitlichen Verzug bereits geklärt gewesen. Der SP-Chef bemüht sich offen weiterhin um eine Große Koalition; er schreibt: "Die offen gebliebenen Dissenspunkte der Untergruppen sind unserer Meinung nach jedenfalls lösbar."

In seinen Antworten erklärt Werner Faymann weiterhin, er sei für eine vorgezogene Steuerreform, die besonders den Mittelstand entlastet und durch die höchste Einkommensgruppe gedeckelt sein soll. Hinter vorgehaltener Hand hatte es zuvor jedoch geheißen, man hätte sich in Sachen Steuerreform bei den Verhandlungen bereits auf eine Entlastung aller Einkommensgruppen geeinigt gehabt.

"Einigung erfolgt"

Tatsächlich hatte die SPÖ bereits am Freitag einen Kompromiss bei der Steuerreform vorgelegt, bei dem nicht nur Einkommen bis 4.000 Euro entlastet würden, sondern auch - wie von der ÖVP gefordert - Spitzenverdiener. Faymann sah dies als Einigung, in seiner Antwort an Pröll schreibt er: "Auch hinsichtlich der Ausgestaltung der vorgezogenen Steuerreform und der Entlastung der Familien ist aus unserer Sicht am vergangenen Freitag eine Einigung erfolgt."

Auf die Frage nach der Einstellung der SPÖ zur Europäischen Union antwortet Faymann, dessen EU-kritischer Brief in der "Kronenzeitung" noch in guter Erinnerung ist, vergleichsweise handzahm: Er bekennt sich "uneingeschränkt zum europäischen Einigungswerk, zur Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union" bekennen.

Recht detailliert ist Faymann, was die Entlastung der Familien angeht. Der SPÖ-Chef spricht von einer deutlichen Erhöhung des Kinderabsetzbetrages, der Einführung eines Kinderfreibetrages sowie von einem Bekenntnis zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten. Zusätzlich soll die Übernahme von Kinderbetreuungskosten durch den Arbeitgeber steuerlich begünstigt werden.

In der Pensionsfrage setzt Faymann statt auf eine Automatik auf ein "langfristiges Monitoring". Dieses biete der Politik die Grundlage zu handeln, wenn Bedarf bestehe. Diese Einigung mit der ÖVP war bereits vorige Woche durchgesickert, die "Pensionsautomatik" wäre damit vom Tisch. Außerdem soll die Harmonisierung der unterschiedlichen Pensionssysteme bei Landes- und Gemeindebediensteten vorangetrieben werden.

Antworten "substanzieller Fortschritt"

Josef Pröll gab sich mit den Antworten zufrieden und erachtet weitere Gespräche mit den Sozialdemokraten als "sinnvoll". Die rasche Antwort der SPÖ zeige, dass diese den Ernst der Lage erkannt habe. Insgesamt seien die Antworten "ein substanzieller Fortschritt" und ein "konstruktives Signal des guten Willens".

In einer Reihe von Punkten gebe es allerdings weiteren Klärungs- und Gesprächsbedarf, erklärte Pröll. So deute Faymann zwar eine grundsätzliche Absage an die SPÖ-Schuldenpolitik an, das aber zu vage. Diesen Grundsatz gelte es jetzt in weiteren Gesprächen konkret festzumachen. Gleiches gelte beispielsweise bei der Frage der Pensionssicherung, hier sei der Verweis auf ein langfristiges Beobachten "ein nicht zu akzeptierendes Verschieben der Probleme in die Zukunft". Schließlich bleibe auch in der EU-Debatte die Frage Volksabstimmung ein "weißer Fleck".

SPÖ reagierte betont gelassen

Die SPÖ hatte betont gelassen auf die von ÖVP-Chef Josef Pröll verordnete Pause in den Koalitionsverhandlungen reagiert. SP-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures erklärte am Montag in einer Aussendung, die von Pröll gestellten zehn Fragen seien "keine große Hürde".

Die Vorgehensweise der ÖVP sei zwar von der SPÖ "nicht gewünscht" gewesen. Sie stelle aber auch kein großes Problem dar. Man habe inhaltlich in allen wesentlichen Fragen in den Untergruppen bereits einen breiten Konsens gefunden und gemeinsame Antworten formuliert. Die SPÖ trete nach wie vor für die rasche Bildung einer stabilen Regierung ein, hatte Bures am Montagvormittag betont.

Verstimmung in der SPÖ

Aus den Reihen der SPÖ klang Verstimmung über Prölls Vorgehensweise durch. Der Wiener SP-Bürgermeister Michael Häupl erklärte, er habe den Eindruck, dass es "eigentlich nur um eine Pflanzerei der SPÖ" gehe, sagte er am Montag. Die zehn von der Volkspartei gestellten Fragen seien weitestgehend bereits ausdiskutiert gewesen.

"Ich glaube, dass sich der Minister Pröll ein bisschen Sorgen machen sollte darüber, wie die Menschen das empfinden. 'More of the Same' wollen sie nicht", so Häupl. Und er betonte: "Ich denke, man sollte ganz rasch an den Verhandlungstisch zurückkehren. Die Fragen werden beantwortet werden, das ist ja keine Kunst." Häupls Appell: "Aufhören mit der Taktiererei." Wobei er die ÖVP-Taktik nicht nachvollziehen könne.

Verzögerungstaktik Prölls?

Im Umfeld von SP-Verhandlern wertet man die Vorgehensweise Prölls als Verzögerungstaktik. Spekuliert wird, dass der VP-Chef die Gespräche bis nach dem Parteitag am 28. November hinauszögern könnte. Damit könnte er Kritik aus der eigenen Partei an der Großen Koalition ausweichen.

Schützenhöfer: "SPÖ leere Hülse"

Diese Kritik reißt indes nicht ab. Kärntens ÖVP-Chef Josef Martinz wünschte sich am Montag öffentlich Gespräche mit den Grünen und den BZÖ. "Unsere Funktionäre wollen keine Große Koalition". Burgenlands Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steidl sagte im Hinblick auf das Zustandekommen der Großen Koalition: "Meine Skepsis hat sich bestätigt".

Auch der steirische VP-Obmann Hermann Schützenhöfer bekräftigte seine Kritik: Es sei ein Fehler gewesen, so rasch mit der SPÖ in Verhandlungen zu gehen. "Die SPÖ ist, was sie ist, nämlich eine leere Hülse ohne viel Inhalt", so Schützenhöfer. Man müsse alle Möglichkeiten ausloten, auch eine Koalition mit anderen Parteien. Es gebe ja noch die Möglichkeit, dass Josef Pröll Bundeskanzler werde: "Wenn ein Wolfgang Schüssel als dritter Bundeskanzler geworden ist, muss es möglich sein, darüber nachzudenken, dass es der zweite auch wird".

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) gibt der ÖVP bis zu ihrem Parteitag Zeit, sich zu entscheiden Nach dem 28. November müsse Klarheit herrschen, "Ja oder Nein".

(APA/Red.)

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