Abdullah-Zentrum beschwert sich bei Kurz

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Das "Dialogzentrum" am Wiener SchottenringStanislav Jenis
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Der saudiarabische Generalsekretär des Dialogzentrums vermisst Solidarität. Der Außenminister will sich nicht zum "Watschenmann" machen lassen.

Nein, so hat sich das Faisal bin Abdulrahman bin Muammar nicht vorgestellt. Der saudiarabische Generalsekretär des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog in Wien ist höchst unzufrieden. Er hätte sich mehr Rückendeckung von seinen österreichischen Gastgebern erwartet.

Penibel ließ der Vertraute des saudiarabischen Königs unlängst Vorfälle auflisten, in denen seine internationale Organisation Kritik einstecken musste – und nicht vom Außenministerium verteidigt wurde. Besonders in Rage geriet er dem Vernehmen nach, als Sebastian Kurz am Rande der UN-Generalversammlung Ende September auch noch erklärte, das Dialogzentrum in Wien dürfe kein Feigenblatt für Saudiarabien sein. „Kein Kommentar“, heißt es dazu im Abdullah-Zentrum. Ein Dementi ist das auch nicht. Das Außenamt meinte zur „Presse“ nur: „Wir bleiben dabei: Das Zentrum darf kein Alibi sein.“

Den österreichischen Chefdiplomaten beeindruckte Muammars Lamento offenbar wenig. Sehr viele positive Initiativen habe das Dialogzentrum bisher nicht gesetzt, hatte er schon am Dienstag vor dem Ministerrat trocken angemerkt. Für ihn hat die Angelegenheit längst auch eine innenpolitische Komponente, seit sich die SPÖ und Kanzler Werner Faymann von dem Zentrum distanzieren.

Kurz kein „Watschenmann“

Kurz will sich nicht zum „Watschenmann“ für eine umstrittene Plattform machen lassen, die nicht er erfunden hat. Und es war auch nicht seine Idee, die ehemalige Justizministerin Claudia Bandion-Ortner mit einem Posten als Vize-Generalsekretärin im Dialogzentrum  zu versorgen. Eine fatale Personalentscheidung: Mit ihrem „Profil“-Interview, in dem sie die saudischen Sponsoren ihrer Wirkungsstätte großherzig in Schutz nahm („In Saudiarabien wird nicht jeden Freitag geköpft“; „Die Abaya ist ein praktisches angenehmes Kleidungstsück“), löste sie hitzige Debatten über das von König Abdullah finanzierte Zentrum aus.  Denn im wahhabitischen Saudiarabien ist die Dialogkultur bekanntlich ebenso fundamentalistisch eingeschränkt wie die Religionsfreiheit und andere Menschenrechte.

Das vor zwei Jahren eröffnete Dialogzentrum und Bandion-Ortner in einer Führungsfunktion – all das geht aufs Konto von Ex-Außenminister Michael Spindelegger. Und Kanzler Faymann hatte im Ministerrat zugestimmt. Deshalb schiebt ihm Kurz nun auch die Verantwortung zu, was wiederum den Koalitionspartner auf die Palmer treibt. Der Außenminister betreibe „Kindesweglegung“, schäumte der SP-Vizeklubobmann Josef Cap.

Krisensitzung im Palais

Gegenüber der „Presse“ will man im Dialogzentrum indes nichts zum aufgeregten Hickhack sagen. Die Organisation wird angegriffen, doch sie setzt sich nicht zur Wehr. Diskretes Schweigen ist – mit Ausnahme Bandion-Ortners – ihre bevorzugte Form der Kommunikation. „Zu innenpolitischen Vorgängen nehmen wir keine Stellung“, sagt Peter Kaiser, Sprecher des Abdullah-Zentrums.

Doch hinter der renovierten Gründerzeit-Fassade des Palais Sturany an der Ringstraße brodelt es. Am Dienstag mutierte ein Arbeitstreffen im Dialogzentrum zur Krisensitzung. Anwesend waren nicht nur der saudische Generalsekretär und seine österreichische Stellvertreterin, sondern Repräsentanten aller Gründerstaaten. Für Spanien sprach Botschafter Alberto Carnero, für Saudiarabien Mohammed Al-Salloum, für den Vatikan Pater Miguel Ayuso. Österreichs Außenamt entsandte  den Leiter der Kultursektion, Botschafter Martin Eichtinger. Sein Auftrag war klar: Das Dialogzentrum möge sichtbarer als bisher aktiv werden. Vor allem im ersten Jahr nach ihrer Gründung hatte sich die Organisation gehütet, zu aktuellen Konflikten Stellung zu nehmen. Das änderte sich zuletzt etwas, auch auf Drängen des Außenamts. Immerhin verurteilte man die Terrormiliz „Islamischer Staat“.

In den Religionskonflikt in der Zentralafrikanischen Republik versuchte sich das Dialogzentrum sogar vermittelnd einzuschalten. Das blieb jedoch unter der Wahrnehmungsschwelle – anders als das Interview Bandion-Ortners.

Privilegien sind bekannt

Was folgte, trug skurrile Züge. So forderte Faymann den Vertrag zum Dialogzentrum an. Der „Presse“ liegt das Abkommen seit Monaten vor, es ist öffentlich zugänglich. Darin sind auch die Privilegien geregelt, über die Regierungsmitglieder nun Bescheid wissen wollten. Das Dialogzentrum gilt als internationale Organisation, demnach sind ihre Mitarbeiter von Steuern befreit. Überraschen sollte das niemanden.

Der Vertrag läuft auch nicht nach drei Jahren aus, wie das Kanzler und Vizekanzler erklärten. Sie kündigten an, die Tätigkeit des Dialogzentrums vor einer Vertragsverlängerung genau zu überprüfen. Das Abkommen gilt jedoch auf unbestimmte Zeit. Befristet ist derzeit lediglich die Finanzierung durch Saudiarabien, das jährlich ungefähr 15 Millionen Euro zahlt.
Dort liegt der Konstruktionsfehler. Das Zentrum ist nicht nur nach König Abdullah benannt, er zahlt auch alles, und der Generalsekretär ist sein Gefolgsmann. Solange diese Struktur besteht, wird man der Organisation kaum Unabhängigkeit bescheinigen können.

Bangen um Beziehung zu Saudiarabien

Doch vielleicht reicht es den Saudis ohnehin bald, wenn die Debatten in Österreich so weiter laufen und sich weder Kanzler noch Außenminister in die Bresche werfen. Madrid und London hatten sich vor drei Jahren auch heftig um das Dialogzentrum geworden. Im Außenamt bangen bereits manche um die bilateralen Beziehungen zu Saudiarabien.

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