Studie: Falle für Familien mit höherem Gehalt

(c) EPA (Noushad Thekkayil)
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Beziehern niedriger Einkommen bleibt mit Sozial-Leistungen fast so viel Geld wie Besserverdienern. Steigt das Brutto-Einkommen, sinkt der finanzielle Anreiz für Kinder. Gegensteuern durch Reform.

Wien. Österreichische Familien mit Kindern werden schon ab Bruttoeinkommen von etwas mehr als 2000 Euro von der öffentlichen Hand „bestraft“, weil diverse Sozialleistungen dann geringer ausfallen oder ganz gestrichen werden. Bei niedrigem Erwerbseinkommen bestehe ein „relativ hoher finanzieller Anreiz“, Kinder zu bekommen. Bei höheren Erwerbseinkommen sind hingegen Familien ohne Kinder oder mit wenigen Kindern „finanziell deutlich bessergestellt“. Auf diese Falle macht eine Studie der Grazer Joanneum Research Forschungsgesellschaft aufmerksam, die der „Presse“ vorliegt.

Verglichen wurden fiktive Beispiele von drei Grazer Familien mit je zwei Kindern. Neu dabei: Einbezogen wurden auch soziale Zuwendungen auf kommunaler Ebene. Ein Hauptergebnis: Die Familie mit dem niedrigsten Bruttoeinkommen von 950Euro kommt dank diverser Sozialleistungen beim verfügbaren Haushaltseinkommen auf rund 2800 Euro, das sind nur rund 440 Euro weniger als bei einer Familie mit immerhin 3800 Euro Bruttobezug (siehe Grafik). Das Paar mit 1900 Euro brutto liegt dank mehrerer sozialer Zuschüsse unterm Strich nur um 39Euro unter dem Haushaltseinkommen der „reichen“ Familie.

Ein erstes Gegensteuern durch die Regierung erfolgt allerdings mit der Steuerreform 2009: Kosten für Kinderbetreuung können damit erstmals bis zur Höhe von 2300 Euro von der Steuer abgesetzt werden.

Die Untersuchung, die vom Sozialressort (SPÖ) und Bildungsressort (ÖVP) des Landes Steiermark finanziert und vom Karl-Kummer-Institut publiziert worden ist, zeigt auch, dass das Steuer- und Sozialsystem insgesamt wenig Anreiz für Besserverdiener bietet. Grund: Steigt das Bruttoeinkommen, fallen Transferleistungen weg. Das bewirke, gemeinsam mit den gleichzeitig steigenden Steuern und Sozialversicherungsabgaben, dass das Nettoeinkommen fast konstant bleibe. Damit bestehe „kein Anreiz, die Leistung zu erhöhen und von Transfers unabhängig zu werden“. Und weiter: „Die Frage ,Wozu überhaupt noch arbeiten?‘ bekommt angesichts dieser Zahlen einen anderen Klang“, schreiben die Autoren, Franz Prettenthaler, Leiter des Grazer Instituts für Technologie- und Regionalpolitik von Joanneum Research, und die Dissertantin Cornelia Sterner.

Ihre Schlussfolgerung: Es verwundere aus dieser Perspektive nicht, „dass sich immer weniger junge, karriereorientierte Menschen für Kinder entscheiden“. Man müsse den Eindruck bekommen, der Gesetzgeber wolle verhindern, dass Eltern bereits ab einer Einkommensklasse von 2150 bis 2900 Euro brutto Kinder bekommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2009)

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