Heeresreform: 2000 Soldaten ohne Beschäftigung

(c) Die Presse (Fabry Clemens)
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Viele Dienstposten fallen weg. Gewerkschafter fordert Pensionierung beim Bundesheer schon mit 55.

Wien. Bis 2010 sollte die Bundesheer-Reform umgesetzt sein. Von diesem Ziel ist das Verteidigungsministerium noch weit entfernt, der Zeitplan wird sich nicht halten lassen – vor allem, weil das notwendige Geld für die Reform an allen Ecken und Enden fehlt. Jene Teile der Heeresreform, die bereits umgesetzt sind, haben aber gravierende Auswirkungen für die Beschäftigten: Durch die Verkleinerung der Truppe und die Auflösung von Verbänden sind zahlreiche Dienstposten einfach weggefallen.

Da diese aber von pragmatisierten Beamten besetzt sind, sind die Bediensteten natürlich noch da – nur eben ohne eine echte Aufgabe zu haben. 2000 Soldaten sind laut Manfred Haidinger, Chef der freiheitlichen Bundesheer-Gewerkschafter, derzeit betroffen. Diese Zahl wird im Zuge der weiteren Umsetzung der Bundesheerreform auf 5500 steigen – trifft der „worst case“ ein, sogar auf 7500.

Zwei Soldaten für einen Posten

Was diese beschäftigungslosen Soldaten machen? Viele sitzen auf einem „Zielposten“. Sprich: Ein Unteroffizier, der in einigen Jahren in Pension gehen wird, bekommt einen zweiten dazu gesetzt, der dann den Job übernehmen wird. In der Zwischenzeit teilen sie sich die Arbeit auf. Die zweite Variante: Der betroffene Soldat, der keine Aufgabe mehr hat, wird nach Hause geschickt – kann aber jederzeit vom Bundesheer wieder einberufen werden.

Für Haidinger ist das ein unhaltbarer Zustand. Man müsse jetzt einen klaren Schnitt machen und das Personalproblem lösen. Und zwar durch eine Frühpensionierungsaktion: Soldaten sollten schon mit 55 in den Ruhestand gehen können. „Bei Soldaten, die bei der Truppe sind, gehört das ohnehin generell gemacht“, sagt Haidinger, der für ein eigenes Militärdienstrecht eintritt. Dann könnten gleichzeitig jüngere Kräfte nachrücken. Denn während es viel zu viele Unteroffiziere mit den höchsten Dienstgraden gibt, herrscht bei den niedrigeren Rängen, also bei den Gruppen- und Zugskommandanten, die die Ausbildung der Grundwehrdiener durchführen, ein Mangel.

Die Konzentration auf die höchsten Dienstgrade verhindere übrigens auch, dass Soldaten sinnvollerweise in anderen Bereichen der Bundesverwaltung eingesetzt werden können. Versucht wurde dies bei der Justizwache – was aber dort zu heftigen Widerständen führte: Ein Vizeleutnant, der dorthin wechselt, müsste eine Führungsposition bekommen, und verbaut damit den alteingesessenen Justizwachebeamten Aufstiegschancen.

Für eine Augenauswischerei hält Haidinger die Reform der Zentralstelle – also Ministerium und Generalstab. Denn dort wurde zwar der Personalstand offiziell auf 900 Mitarbeiter reduziert – tatsächlich sitzen aber weiterhin 1200 Beschäftigte dort. Die überzähligen Mitarbeiter seien einfach nur in nachgeordnete Dienststellen ausgelagert worden, in der Praxis habe sich nichts geändert.

Verwaltungsreform notwendig

Dabei wehren sich die freiheitlichen Gewerkschafter aber nicht gegen Einsparungen in der Verwaltung. Es gäbe durchaus auch Aufgaben, die man ersatzlos streichen könne. Ein Beispiel dafür: Wenn das Bundesheer einen VW Golf einkauft, wird das fabriksneue Fahrzeug technisch geprüft, ob man im Bundesheer auch damit fahren kann. Was bei einem Panzer oder bei einem Eurofighter Sinn ergibt, sei bei einem handelsüblichen Auto aber nicht notwendig, glaubt Haidinger. Und vergleichbare unnotwendige Aufgaben gebe es einige.

AUF EINEN BLICK: Die Bundesheerreform

■Die 2005 beschlossene Bundesheerreform hat eine Reihe von einschneidenden Veränderungen gebracht:

Die Gesamtstärke der Truppe wurde von 110.000 auf 55.000 halbiert, statt sechs Kommanden gibt es nur noch zwei, statt fünf Brigaden vier, statt 36 Bataillonen 27.

Der Grundwehrdienst wurde von acht auf sechs Monate gekürzt, die bis dahin verpflichtenden Truppenübungen entfallen.

Rund 40 Prozent der Liegenschaften (Kasernen, Truppenübungsplätze) werden verkauft, der Erlös soll in die technische Aufrüstung der Truppe investiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2009)

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