Die Minister Brandstetter und Oberhauser haben sich auf eine Reform geeinigt. Die bisher komplett verbotene Präimplantationsdiagnostik soll künftig in zwei Fällen zugelassen werden.
SPÖ und ÖVP haben sich auf liberalere Regeln für die Fortpflanzungsmedizin geeinigt. Künftig soll die Samenspende an lesbische Paare sowie an Dritte bei einer In-Vitro-Fertilisation, die Eizellenspende, und in Ausnahmefällen die Präimplantationsdiagnostik erlaubt werden. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) und Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) haben am Donnerstag einen entsprechenden Entwurf in Begutachtung geschickt.
Unmittelbarer Anstoß für die Reform war ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), mit dem das Verbot der künstlichen Fortpflanzung mittels Samenspende für lesbische Lebensgemeinschaften aufgehoben wurden - und zwar per 31. Dezember 2014. Brandstetter und Oberhauser nahmen das zum Anlass, um auch weitere Empfehlungen der Bioethikkommission umzusetzen.
Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung wird zwar weiterhin nur bei medizinischer Notwendigkeit oder der Gefahr der Übertragung einer schweren Krankheit möglich sein. Und mit einem dezidierten Vermittlungs- und Kommerzialisierungsverbot soll kommerzielle Leihmutterschaft verhindert werden. Aber eine Reihe bisheriger Verbote im Fortpflanzungsmedizingesetz sollen fallen:
Samenspende: Weibliche homosexuelle Paare sollen sich, wie vom VfGH geboten, künftig mittels Samenspende fortpflanzen können. Auch für heterosexuelle Paare soll bei der In-Vitro-Fertilisation (IVF) eine Samenspende Dritter - also nicht nur des Ehemannes oder Lebenspartners - zulässig sein. Das war bisher nur bei "Insemination" (Befruchtung einer im Körper der Frau befindlichen Eizelle) erlaubt. Aber künftig dürfen nur mehr so viele Eizellen befruchtet und eingesetzt werden (grundsätzlich eine), wie nach dem Stand der Wissenschaft nötig ist, um eine Schwangerschaft zu erreichen. Dadurch sollen riskante Mehrlingsschwangerschaften vermieden werden.
Eizellenspende: Bisher war die Eizellenspende in Österreich verboten. Die Regierung will das ändern, allerdings mit Altersgrenzen: Die Spenderin darf nicht älter als 30, die Empfängerin nicht älter als 45 Jahre sein. Vermittlung und Kommerzialisierung der Eizellenspende werden verboten.
Präimplantationsdiagnostik: Die PID bleibt zwar grundsätzlich weiter verboten - aber es soll Ausnahmen in engen Grenzen geben. In zwei Fällen soll ein in künstlicher Befruchtung erzeugter Embryo vor der Einpflanzung in die Mutter untersucht werden dürfen: Nach drei erfolglosen IVF-Versuchen oder drei Fehlgeburten soll auf Lebensfähigkeit untersucht werden dürfen. Und PID soll auch zur Verhinderung schwerer, nicht behandelbarer Krankheiten erlaubt werden - wenn nachgewiesen das Risiko besteht, dass das Kind schwerste Hirnschäden oder dauerhaft schwerste Schmerzen hätte oder nur mit intensiver medizinischer Unterstützung überleben würde.
"Jahrzehntelange frauenpolitische Forderungen umgesetzt"
Gesundheitsminister Oberhauser zeigte sich erfreut, dass mit diesem Entwurf "jahrzehntelange frauenpolitische Forderungen" endlich umgesetzt würden - indem die Diskriminierung lesbischer Paare gestrichen und die Eizellenspende für nicht fortpflanzungsfähige Frauen erlaubt wird. Mit der Zulassung der Präimplantationsdiagnostik unter strengen Voraussetzungen schließe Österreich an internationale Standards an - und es werde verhindert, dass Frauen ins Ausland fahren müssen, um medizinisch unterstützte Fortpflanzung nach dem aktuellsten Stand der Medizin zu erhalten.
"Gerade wenn es um den sehr persönlichen Bereich der Familienplanung geht, sollen Betroffene die vorhandenen Möglichkeiten so weit wie möglich ausschöpfen können", sagte Justizminister Brandstetter. Die Fortpflanzungsmedizin sei aber "selbstverständlich ein ethisch und gesellschaftspolitisch schwieriges Thema, gerade deshalb brauchen diese Neuerungen klare Rahmenbedingungen und sehr genaue Vorgaben".
Intensive Debatten - auch in den Reihen der ÖVP - sind allerdings zu erwarten. Schon die im Bundeskanzleramt eingerichtete Bioethikkommission war sich 2012 nicht hundertprozentig einig. Ein Teil der 25 Mitglieder votierte damals gegen die Mehrheits-Empfehlungen pro Eizellenspende, Samenspende für lesbische Paare oder PID unter Auflagen.
(APA/Red.)