Westenthaler-Prozess: Eccher verweigert Aussage

Gegen den ehemaligen BZÖ-Geschäftsführer laufen in der Causa um eine angebliche Schmiergeldzahlung selbst Ermittlungen.

Im Prozess gegen Peter Westenthaler ist am Dienstag auch der zweite Anklagekomplex behandelt worden, in dem Westenthaler Untreue als Beteiligter vorgeworfen wird. Auf sein Betreiben soll der in diesem Faktum als Haupttäter angeklagte, aber derzeit verhandlungsunfähige langjährige Generaldirektor des Casinos Austria, Leo Wallner, dafür gesorgt haben, dass dem BZÖ über die parteieigene Werbeagentur Orange 300.000 Euro zuflossen. Diese Summe überwiesen die Österreichischen Lotterien für ein neunseitiges Gutachten über Online-Glücksspiel und Responsible Gaming, das Westenthalers enger Mitarbeiter Kurt Lukasek übers Wochenende aus dem Internet zusammengekupfert haben soll.

Einem von der Justiz eingeholten Sachverständigen-Gutachten zufolge war die vorgebliche Expertise maximal 15.000 Euro wert und das geflossene Honorar folglich "nicht gerechtfertigt". Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass es sich bei den 300.000 Euro um eine Schmiergeldzahlung gehandelt hat, mit der sich die Lotterien den Beistand des BZÖ bei geplanten Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Glücksspielwesens sichern wollten. Das BZÖ soll den Betrag für den Nationalratswahlkampf für die Wahlen im Herbst 2006 benötigt haben.

Als erster Zeuge sollte dazu Arno Eccher, ehemaliger Geschäftsführer des BZÖ sowie der Agentur Orange, gehört werden. Er verweigerte allerdings sämtliche Antworten auf Fragen, die ihm Richter Wolfgang Etl stellte. Begründung: Die Staatsanwaltschaft führe in Bezug auf die 300.000 Euro auch gegen ihn Ermittlungen, ihm komme daher ein Entschlagungsrecht zu. Der Richter teilte diese Ansicht nicht und vermeinte, Eccher dürfe sich nur bei Fragen entschlagen, bei deren wahrheitsgemäßer Beantwortung er sich selbst belasten würde. Etl arbeitete daher seinen Fragenkatalog ab, erntete aber nie mehr als ein lapidares "Ich entschlage mich" oder "Ich werde mich auch hier der Aussage entschlagen". Schließlich wurde Eccher entlassen.

Eccher hatte seinerzeit einem bei der BZÖ-Agentur tätigen Buchhalter die ominöse Rechnung an die Lotterien diktiert, wie jener im Anschluss als Zeuge erklärte: "Er hat mir die Weisung gegeben, dass ich die Rechnung schreiben soll." Diese sei nur insofern auffällig gewesen, als der Betrag der Höhe nach "nicht so häufig" vorgekommen sei. Abgesehen davon habe ihn nichts irritiert. Er habe zwar kein Wissen gehabt, ob Orange Beratungen über Responsible Gaming anbiete, "aber ich weiß ja nicht, was da im Hintergrund besprochen worden ist". Er habe ohne Bedenken die Rechnung verfasst: "Hätt' ich 'Nein' sagen sollen?"

Die finanzielle Lage der Agentur sei "weniger gut" gewesen, erinnerte sich der Buchhalter: "Wir sind so knapp über die Runden gekommen." Nach den geschlagenen Nationalratswahlen im Herbst 2006 habe Orange einen Kredit in Höhe von einer Million Euro aufnehmen müssen.

Kurz befragt wurde auch eine ehemalige Sekretärin von Westenthaler, die für diesen einen Kalender mit den täglichen Terminen und Besprechungen geführt hatte. In der ersten Jahreshälfte 2006 wurden darin keine Termine mit Leo Wallner notiert. Für Westenthalers Verteidiger Thomas Kralik ein Indiz dafür, dass die beiden keinen Kontakt und somit die 300.000 Euro-Zahlung nicht abgesprochen hatten.

Mit der Einvernahme weiterer ehemaliger Mitarbeiter des BZÖ bzw. der parteieigenen Werbe-Agentur Orange wurde der Verhandlungstag abgeschlossen. Michael Richter, ab 2007 Nachfolger von Arno Eccher als Orange-Geschäftsführer, erklärte, er habe die Zahlung der 300.000 Euro der Österreichischen Lotterien "als normales Geschäft betrachtet".

Die Rechnung sei "von der Größenordnung her nicht ungewöhnlich" gewesen. Auf die Frage, ob sich die Agentur mit Online-Glücksspiel oder Responsible Gaming befasst habe - offizieller Rechnungsgegenstand waren "Beratungen" in diesen Geschäftsfeldern -, antwortete Richter ausweichend: "Glücksspiel ist nicht mein Metier." Aus seiner Sicht habe es jedenfalls "keinen Anlass, das zu hinterfragen" gegeben.

Sowohl Richter als auch zwei im Anschluss vernommene ehemalige Sekretärinnen konnten sich nicht erinnern, dass die Werbe-Agentur des BZÖ externe Aufträge erhalten hätte. Wie die Österreichischen Lotterien bei diesen Voraussetzungen auf die Idee kamen, sich mit einer Studie über Online-Glücksspiel ausgerechnet an die BZÖ-Agentur zu wenden, blieb vorerst offen. Im Ermittlungsverfahren hatte dazu der langjährige Chef der Casinos Austria AG, Leo Wallner, der laut Anklage diesen den Tatbestand der Untreue erfüllenden Deal eingefädelt haben soll, behauptet: "Orange hat uns glaubwürdig dargelegt, dass es sich mit Responsible Gaming auseinandersetzt." Wallner - mittlerweile 79 Jahre alt - ist derzeit allerdings aufgrund seines angeschlagenen Gesundheitszustands weder vernehmungs- noch verhandlungsfähig.

Die beiden früheren Sekretärinnen - die eine war für Peter Westenthaler zuständig, die andere für Arno Eccher - erklärten übereinstimmend, im Büro, in dem sowohl die Partei als auch die Agentur residierten, habe mit der Bestellung Westenthalers zum Bündnisobmann dieser das Kommando übernommen. Obwohl Eccher formal Geschäftsführer war, "war der Westenthaler der Chef" und habe ihres Wissens Eccher sogar Weisungen erteilt, deponierte die eine. Westenthaler habe "den Ton angegeben", befand die andere. Eccher habe "viel Stress gehabt, als sich das Büro erweitert hat". Westenthaler habe Eccher zu verstehen gegeben, was zu tun sei. "Das glauben Sie ja nicht wirklich, dass sich der Westenthaler hinsetzt und irgendwelche Locations gesucht hätte", gab die Zeugin dem Gericht zu verstehen.

Man habe Eccher "auf allerschlimmste Weise gemobbt", setzte seine ehemalige Sekretärin fort. In diesem Zusammenhang nannte sie vor allem Gerald Grosz, der im Oktober 2006 BZÖ-Generalsekretär wurde. Dieser habe sich "Unverschämtheiten" geleistet und obendrein Umgangsformen gepflogen, "die in meiner Generation nicht üblich sind", so die 54-Jährige.

Die Verhandlung wird am 26. November fortgesetzt. Als Zeugen werden unter anderem Westenthalers jahrelanger enger Mitarbeiter Kurt Lukasek, der die ominöse 300.000 Euro-Studie erstellt hatte, sowie Westenthalers früherer Leibwächter befragt.

(APA)

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