Bundesheer: Fronten in der Koalition verhärtet

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THEMENBILD: WIEN: BUNDESHEER-�BUNG ´NETZWERK 2014´ / KLUG(c) APA/BUNDESHEER/GUNTER PUSCH (GUNTER PUSCH)
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Die ÖVP bezweifelt weiterhin die Zahlen aus dem Verteidigungsressort. Einig ist man sich nur, dass es künftig mehr Geld geben muss.

Wien. Eine Woche lang haben die Verhandler für die Bundesheerreform Pause gemacht – jetzt geht es wieder los. Und das bei unverändert kontroversiellen Standpunkten. Nicht einmal die Zahlen stehen außer Streit: Während Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) davon ausgeht, dass mit seinem Konzept 200 Millionen Euro jährlich eingespart werden, haben die ÖVP-Verhandler ausgerechnet, dass die vom Generalstab ausgearbeiteten Maßnahmen deutlich weniger bringen würden. „Es könnte sogar weniger als die Hälfte sein“, so ein Beteiligter auf ÖVP-Seite zur „Presse“.

Ein Beispiel für die Divergenz: Die Schließung von sieben Kasernen bringt laut Verteidigungsressort 75Millionen Euro bis zum Jahr 2018. Laut ÖVP betragen die Betriebskosten aber nicht einmal eine Million Euro pro Jahr. Selbst bei großzügig bemessenem Verkaufserlös sei man da von den 75 Millionen weit entfernt. Nicht nur deshalb ist man auf ÖVP-Seite skeptisch, was die Kasernenschließungen betrifft. Denn da müsse man auch regionalpolitische Aspekte im Auge behalten. Tamsweg, Horn und Bleiburg sind für die ÖVP Standorte, die man nicht so einfach aufgeben will. Bleiburg nicht, weil man dort über einen Stützpunkt in unmittelbarer Grenznähe verfügt, und die Kaserne in Horn werde gerade um 9,3 Millionen Euro aufwendig renoviert.

Militärgymnasium noch vier Jahre

Auch bei der Militärmusik, die auf nur vier Standorte zusammengezogen werden soll, sieht die ÖVP das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn auch dort wird bezweifelt, dass allein mit dieser Maßnahme 24Millionen Euro einzusparen wären. Und das Militärgymnasium will man erst in vier Jahren schließen, wenn die derzeit aufgenommenen Schüler die Matura absolviert haben.

„Man darf nicht sparen“, kommentiert ein Teilnehmer auf SPÖ-Seite die Verhandlungslinie des Koalitionspartners – und dementiert auch, dass die Zahlen nicht stimmen würden. Alles sei korrekt durchgerechnet – inzwischen auch schon die Vorschläge der ÖVP. Inhaltlich spießt es sich an einer Grundsatzfrage: Sollen die schweren Waffen, also Panzer und Artillerie, deutlich reduziert werden? Das Ministerium will überzähliges Gerät verkaufen, während die ÖVP dieses nur einmotten will. Begründung: Es gebe derzeit zwar keine konventionelle militärische Bedrohung, aber man wisse nicht, wie sich die Lage in den nächsten Jahren entwickeln werde.

Auch da gehen die Kostenschätzungen weit auseinander. Während laut ÖVP die Konservierung der Panzer 90.000 Euro pro Jahr kostet, kommt das Ministerium auf Gesamtkosten von 100Millionen Euro: Man müsse auch einberechnen, was es kostet, die Geräte wieder in Betrieb zu nehmen – inklusive der Kosten für Updates und Schutzeinrichtungen.

Eine Milliarde für Investitionen?

Einig ist man sich in der Koalition, dass zusätzliche Mittel für Investitionen in Hubschrauber, Flugzeuge und gepanzerte Fahrzeuge notwendig sein werden. Minister Klug hat schon von einem „dreistelligen Millionenbetrag“ gesprochen, im Generalstab gibt es Berechnungen, dass sogar mehr als eine Milliarde Euro notwendig sein wird. Und auch die ÖVP will dem Bundesheer zusätzliche Mittel zugestehen: 350 Millionen Euro für Investitionen sowie ab 2016 jährlich 50 Millionen Euro zusätzlich für den laufenden Betrieb – für die es zudem eine jährliche Indexanpassung geben soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2014)

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