Der Kanzler wetterte auf dem Landesparteitag der SPÖ Burgenland auch gegen "diese Privatisiererei" und die "Neoliberalisierer mit ihren flotten Sprüchen". SPÖ-Landeschef Niessl wurde mit 96 Prozent wiedergewählt.
SP-Bundeskanzler Werner Faymann hat am Samstag beim Landesparteitag der SPÖ Burgenland in Raiding einer vom Koalitionspartner ÖVP vorgeschlagenen Pensionsautomatik eine klare Absage erteilt. Eine Automatik bedeute, dass man Menschen nicht in Pension gehen lasse, die Arbeitsplätze aber gar nicht vorhanden seien. "Das ist eiskalt. Automaten brauchen wir keine in diesem Land", erklärte Faymann.
Der Vorschlag der ÖVP wäre "ein Aus-der-Hand-Geben eines der wichtigsten sozial- und wirtschaftspolitischen Themen, die wir haben", sagte Faymann. Der SPÖ-Vorsitzende sprach sich auch gegen eine schnellere Angleichung des Pensionsalters bei den Frauen aus: "Für Dinge, die menschlich nicht in Ordnung sind, weil sie unzumutbar sind, stehen wir Sozialdemokraten nicht zur Verfügung."
In vielen europäischen Ländern sei nun "die Stunde der Nationalisten", die Politik in Europa habe in vielen Bereichen die politischen Instrumente aus der Hand gegeben, meinte Faymann. Es habe so lange gegolten "privat ist gut und Staat ist schlecht", dass es in vielen Ländern gar nicht mehr die Möglichkeit des Staates gebe, ausreichend faire Steuern einzuheben.
Die "Neoliberalen, die alles privatisieren wollen" und dann zuschauten, wie Private unkontrolliert auf Finanzmärkten in der Spekulation Milliarden versenkt hätten, hätten "lange genug die Oberhand gehabt", erklärte Faymann: Man müsse wieder dazu kommen, "dass ein sparsam agierender, effizienter Staat für die Leute da ist", dies sei allemal mehr wert als "diese Privatisiererei mit der Spekulation." In Österreich werde man sehr darauf schauen, dass "die Neoliberalisierer mit ihren flotten Sprüchen" nichts kaputt machten.
Seinen burgenländischen Parteifreunden streute der Kanzler Rosen: Es sei beeindruckend, wie die burgenländische Sozialdemokratie zusammenhalte: "Glaubt mir, ich hätte das gern in ganz Österreich so in der Sozialdemokratie."
Niessl als SPÖ-Chef wiedergewählt
Landeshauptmann Hans Niessl hatte seine Partei zuvor auf den kommenden Landtagswahlkampf eingeschworen. Der voraussichtlich am 31. Mai 2015 stattfindende Urnengang sei diesmal die "absolut die schwierigste Wahl", sagte Niessl. Ziel der SPÖ sei "47 plus, keine Mehrheit gegen die Sozialdemokratie im Burgenland."
Niessl wurde auf dem Parteitag mit 96 Prozent als SPÖ-Landeschef wiedergewählt. Noch größer - in der Bandbreite von 96,13 bis 99,04 Prozent - war die Zustimmung unter den Delegierten für Niessls Stellvertreter, SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos sowie die Landesräte Helmut Bieler, Verena Dunst und Peter Rezar. Mit seinem Abschneiden bei der Kür zum Parteichef - in Vergangenheit hatte er stets noch höhere Werte erreicht, davon zweimal 100 Prozent - zeigte sich der Landeshauptmann "sehr zufrieden": Wenn man 15 Jahre Vorsitzender einer Landespartei ist, sei das "ein ausgezeichnetes Ergebnis" und ein Auftrag, den "rot-goldenen Weg" fortzusetzen.
Bis zur Wahl, die voraussichtlich am 31. Mai 2015 geschlagen wird, stünden vor der SPÖ Burgenland nun "sechs harte Monate. Wir sind gefordert, so stark zu werden, dass es keine Mehrheit gegen die Sozialdemokratie gibt", erklärte Niessl. Einer Umfrage zufolge liege man derzeit bei 47 Prozent.
Der kommende Urnengang - er soll zum ersten Mal ohne den Proporz bei der Zusammensetzung der Landesregierung stattfinden - werde die "absolut die schwierigste Wahl", sagte Niessl. Ziel der SPÖ sei "47 plus, keine Mehrheit gegen die Sozialdemokratie im Burgenland." Den Regierungspartner ÖVP griff der SPÖ-Vorsitzende scharf an und meinte in Anspielung an den Beginn der schwarz-blauen Koalition im Jahr 2000 unter dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP): "Genau diese Trickserei, wie es Schüssel gemacht hat, die droht auch im Burgenland."
Politisch sei eine der wesentlichsten Herausforderungen, für mehr Gerechtigkeit und für eine Entlastung des Mittelstandes und der Klein- und Mittelbetriebe zu sorgen, erklärte Niessl. Künftig wolle man etwa Wirtschaftsförderungen für Betriebe davon abhängig machen, ob diese Lehrlinge ausbilden. Das Bestbieterprinzip müsse bei Ausschreibungen das Billigstbieterprinzip ersetzen.
"Klassenkampf am rechten Rand"
"Die SPÖ Burgenland übt sich im alten Klassenkampf und das noch am rechten Rand", kommentierte ÖVP-Landesgeschäftsführer Christian Sagartz den SPÖ-Parteitag. Das "Beschwören alter Dogmen wie Eigentumssteuern und Gesamtschule" und das "Anbiedern an die FPÖ in Sprache und aggressiver Wortwahl" habe sich am Parteitag fortgesetzt, erklärte Sagartz in einer Aussendung.
Man bekomme den Eindruck, dass der Landeshauptmann mit heutigem Tage endgültig "mit der laufenden Legislaturperiode abgeschlossen hat und irreversibel in den Konfrontationsmodus gewechselt ist", erklärte FPÖ-Obmann Johann Tschürtz. Aus dem "Wahlkampfgetöse" rage besonders Niessls altbekannte "Warnung" vor einer schwarz-blauen Koalition im Burgenland.
(APA)