Es muss nicht immer Schnittlauch sein

Kaffirlimette
KaffirlimetteUte Woltron
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Aromapflanzen. Teil eins einer Serie über aromatische Zimmerpflanzen für Köchinnen und Köche, für Verfressene und Experimentierfreudige, die frische Aromen auch in der finsteren und kalten Jahreszeit nicht missen wollen.

Es muss nicht immer gleich ein Gemüsegarten sein. Oft reichen ein paar Blumentöpfe mit Kräutern und Würzpflanzen, um den kulinarischen Horizont erfreulich zu erweitern. Die sind pflegeleicht, oft mehrjährig, und sie nehmen wenig Platz für viel Gegenleistung ein. Doch warum, so werden Sie jetzt angesichts der Nebelsuppe da draußen zu Recht zweifelnd fragen, kommt sie ausgerechnet jetzt mit dem Thema Kräutergarten daher? Ganz einfach: Weil es eine ganze Menge interessanter Pflanzen gibt, die auch im Winter im Zimmer gezogen und beerntet werden können. Wer gern kocht und isst und das Experiment mag, wird sie alle lieben.

Das Einzige, was Sie wirklich für den Winterkräutergarten brauchen, ist viel Licht. Am Nordfenster wird keine der in der Folge vorgestellten Pflanzen gedeihen, es sei denn, Sie gönnen ihr eine Tageslichtlampe. Idealerweise bekommen die meisten von ihnen aber täglich ein paar Stunden direkte Sonneneinstrahlung.

Einer, der es auch schattiger verträgt, ist der sehr gschmackige, doch zarte Knolau, auch Thai-Lauch genannt. Wer Schnittlauch schätzt, der in seiner hierzulande gewohnten Art eine Frostphase benötigt, um vital zu bleiben, kann winters auf den asiatischen Vetter ausweichen. Der schmeckt milder und hinterlässt in der Atemluft keine olfaktorischen Störungen. Fühlt sich der Knolau Allium tuberosum wohl, wächst er mit rasender Geschwindigkeit und blüht noch dazu hübsch in weißen Sternchen. Allerdings erst im Frühling. Lassen Sie die Samen reifen. Die können Sie beispielsweise an andere Knolauliebhaber verschenken. Man bekommt die Pflanze mittlerweile auch im Handel, man kann sie aber auch aus Samen ziehen. Feucht, aber nicht staunass halten.


Der Geschmack Thailands. Ein schlichtweg berauschendes Würzaroma und den Geschmack Thailands liefern die Blätter der ebenfalls bestens im Zimmer zu überwinternden Kaffirlimette. Die neigt zu kräftigem Wuchs, muss also ohnehin ständig zurückgeschnitten werden, und die dabei anfallenden Blattmassen sind von einem durchschnittlichen Haushalt niemals zu bewältigen. Einfrieren. Herschenken. Currypasten produzieren. In Kaffirlimettenaroma schwelgen. Die Pflanze schmeckt allerdings offenbar auch der Schildlaus im Besonderen. Wie die giftfrei zu bekämpfen ist, lesen Sie in der Geschichte gleich unter dieser.

Da wir uns schon in asiatischen Geschmacksrichtungen suhlen, hier gleich die nächste: Das allseits beliebte Zitronengras wächst auch im Winter tadellos, wenn es brav gedüngt und sonnig gestellt wird. Um sein Aroma zu genießen, muss man es nicht knapp über der Erde kappen, was viele, die es mühsam großgezogen haben, auch schmerzt. Es reicht, die mitunter meterlangen Zitronengrashalme zu stutzen. Die Blätter sind fast genauso aromatisch wie die frischen Austriebe und schmecken nicht nur in asiatischen Gerichten, sondern auch ziemlich gut in Tees.

Wer sich im Frühling mit Duftpelargonien eingedeckt hat, muss auch die nicht in den kühlen Keller räumen, sondern kann diese vielfältigen Blattdufter auch auf dem hellen Fensterbrett überwintern lassen und sich dabei an den diversen Aromen wie Zitrone, Orange, Zeder, Bergamotte, Pfirsich, Rose und vielen mehr erfreuen. Nicht zu viel gießen. Stutzen, wenn die Großgewachsenen unter ihnen den Blick nach draußen zu überwuchern drohen. Die sind hart im Nehmen und vertragen auch Radikalschnitte recht gut.

Auch Ingwerblätter schmecken. Ein bisschen schwieriger zu ziehen ist der Ingwer, wobei es sich auszahlt, denn der schmeckt nicht nur als Wurzel gut. Auch seine Blätter liefern ein interessantes Geschmackserlebnis, das man zumindest einmal ausprobiert haben sollte. Die jetzt im Herbst reifen Rhizome sind an Zartheit unübertroffen, und wer ältere und jüngere Wurzeln miteinander vergleicht, wird den Unterschied sofort feststellen. Die jungen Rhizome sind kaum faserig und deutlich milder. Nehmen Sie einfach eine gekaufte Ingwerknolle und setzen Sie sie in sehr sandigem Erdgemisch nicht zu tief ein. Üben Sie sich in Geduld. Mitunter dauert es monatelang, bis der Ingwer austreibt, aber das tut er so gut wie immer. Die beste Zeit dafür ist der Frühling, aber versuchen können Sie es ja trotzdem auch jetzt. Die Pflanze nie staunass gießen – weniger ist mehr.

Das heilige Basilikum. Wenn Sie jetzt auch noch wissen wollen, wie das Pfefferblatt schmeckt und woher es stammt, warum das heilige Basilikum Indiens in einer ganz eigenen Liga spielt, was ein Currybaum ist und warum an der Banane nicht nur die Frucht interessant ist, so schauen Sie doch bitte auch nächsten Sonntag wieder hier vorbei.

Lexikon

Knofelig schmeckt Allium tuberosum, allerdings ohne begleitende, nicht von allen geschätzte olfaktorische Atemeffekte.

Zitronig schmecken Kaffirlimette und Zitronengras und manche Duftpelargoniensorten.

Scharf schmeckt der Ingwer, wobei seinen Blättern eben diese Schärfe, nicht aber das Aroma fehlt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2014)

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