Pensionen: Ein Methusalemproblem und ein Automat

NATIONALRAT: HUNDSTORFER
NATIONALRAT: HUNDSTORFER(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Prognosen über viel höhere Zuschüsse zu den Pensionen aus dem Budget stören das Koalitionsklima. Hundstorfer rechnet der ÖVP sogar via Aussendung vor, was bei Beamtenpensionen gespart wird.

Da werden Erinnerungen an die rot-schwarzen Regierungsverhandlungen vor einem Jahr wach. Die ÖVP und ihr jetziger Finanzminister, Hans Jörg Schelling, warnen vor einem „Budgetproblem“ wegen des prognostizierten viel höheren Beitrages, den der Bund aus dem Staatshaushalt zu den Pensionen zuschießen muss. Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) gibt sich nach außen cool und nicht beunruhigt durch den Umstand, dass viele Österreicher immer älter werden und damit ins Methusalem-Alter rücken, was längerfristig die Pensionskosten nach oben treibt.

Brennstoff für die neu aufgeflackerte Pensionsdebatte sind aktuelle Gutachten der Pensionskommission der Regierung. Die Experten trafen zwar erst am Dienstagnachmittag zusammen. Und die Pensionskommission hat nur mit knapper Mehrheit das sogenannte Langfrist-Gutachten über die Entwicklung der Pensionen bis 2060 zur Kenntnis genommen. Bei zwei Enthaltungen gab es 15 Pro- und 12 Gegenstimmen. Vorsitzender Rudolf Müller sprach von einer „heftigen Diskussion“ und unterschiedlichen Meinungen über den Handlungsbedarf. Aus diesem Gutachten geht hervor, dass der Bundesbeitrag zu den Pensionen von heuer 2,5 Prozent des BIP auf 4,8 Prozent im Jahr 2060 steigen soll.

Vor dem Ministerrat streute Finanzminister Schelling Salz in die bei den Pensionen lau gewordene Koalitionssuppe. Treffen die Prognosen ein, „bekommen wir ein echtes Budgetproblem“, warnte er. Es handle sich lediglich um eine Hochrechnung, hielt dem der Sozialminister entgegen: „Nicht mehr und nicht weniger.“

„Hundstorfer statt Automat“

Nach dem Ministerrat gingen die Reibereien zwischen Mitterlehner und Bundeskanzler Werner Faymann weiter, was koalitionsintern freilich als Austausch von Argumenten gesehen wird. Der ÖVP-Chef packte wenige Tage vor dem SPÖ-Bundesparteitag nochmals seine Forderung nach einer Pensionautomatik aus. Dabei würde das gesetzliche Pensionsalter jeweils im Ausmaß der steigenden Lebenserwartung automatisch erhöht. Faymann winkte wie schon mehrmals in den vergangenen Tagen ab. Das hörte sich so an: „Mir ist lieber, der Rudi Hundstorfer legt etwas vor als irgendein Automat.“

Nach einem „Presse“-Bericht vom Dienstag, dass die Gutachten die Entwicklung bei den Beamtenpensionen ignorieren, weil die Koalition den Gesetzesauftrag dazu weiter nicht beschlossen hat, wurde der Sozialminister, zusätzlich angestachelt durch die ÖVP-Kritik, aktiv. In einer Presseaussendung seines Ministeriums rechnete er vor: Beziehe man die Ausgaben des Staates für die Beamtenpension ein, blieben die Pensionskosten längerfristig praktisch stabil. Dann steige der Kostenanteil in Relation zur Wirtschaftsleistung von 5,78 Prozent im heurigen Jahr lediglich auf 6,27 Prozent bis 2060. Grund sind Milliardeneinsparungen bei den Beamten. (ett/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2014)

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