Westenthaler-Prozess: Umstrittenes Gutachten war "Standpunkt"

Kurt Lukasek
Kurt Lukasek
  • Drucken

Kurt Lukasek, früherer Intimus von Ex-BZÖ-Chef Westenthaler, wurde per Video befragt.

Am Mittwoch wurde Kurt Lukasek, jahrelanger enger Mitarbeiter von Peter Westenthaler, einvergenommen. Nach kleineren technischen Hürden, kam am Vormittag schließlich eine Skype-Verbindung mit der österreichischen Botschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zustande und die Videokonferenz mit dem 52-Jährigen, der mittlerweile als Unternehmer tätig ist, konnte beginnen.

Zunächst ging es um die angeblich missbräuchliche Verwendung einer Förder-Million, die der ehemalige BZÖ-Obmann Westenthaler in seiner Funktion als Vorstand der Österreichischen Bundesliga gemeinsam mit dem mitangeklagten Co-Vorstand Thomas Kornhoff zur Tilgung einer Finanzschuld verwendet haben soll. Gewidmet war die am 3. Dezember 2003 vom Nationalrat genehmigte Subvention zur Förderung des Fußball-Nachwuchses.

Mit Finanzen "überhaupt nicht beschäftigt"

Lukasek war im gegenständlichen Zeitraum im Marketing der Bundesliga tätig. Wie er sich erinnerte, war damals eine Drittschuldnerklage der Finanzprokuratur gegen die Bundesliga großes Thema. Die Liga hatte TV-Gelder an den FC Tirol ausgeschüttet, der allerdings bereits insolvent war. Die Finanz versuchte in Folge dessen, im Klagsweg von der Bundesliga über 1,6 Millionen Euro zurückzubekommen.

"Zielsetzung des Bundesliga-Aufsichtsrats war eine vergleichsweise Regelung mit der Republik", stellte Lukasek fest. Er sei in die Verhandlungen nicht eingebunden gewesen, da er mit den Finanzen "überhaupt nicht beschäftigt" gewesen sei. Die Drittschuldnerklage sei jedenfalls eine "Bedrohung" gewesen: "Jeder Euro, der Rechtssicherheit bieten kann, war für die Vereine der Bundesliga lebenswichtig". Etliche Vereine der Bundesliga hätten sich in einem wirtschaftlich bedenklichen Zustand befunden, gab Lukasek zu bedenken. Man habe sich daher um eine außergerichtliche Lösung bemüht.

Ihm sei "nicht klar gewesen", dass der Vergleich mit der Finanzprokuratur mithilfe der Subvention des Nationalrats finanziert wurde, sagte Lukasek. Er wisse nicht, "wann die Förder-Million da war".

Eine wesentliche Rolle spielte Lukasek auch im zweiten Anklage-Komplex, der Zahlung von 300.000 Euro der Österreichischen Lotterien ans BZÖ. Diesbezüglich wird Westenthaler Untreue als Beteiligter vorgeworfen. Laut Anklage soll es sich bei dem Geldfluss um eine "Schmiergeldzahlung" gehandelt haben, mit der sich die Lotterien das Wohlwollen des BZÖ sichern wollten.

Hintergrund: Im Nationalrat war im Juli 2006 eine geplante Änderung des Glücksspielgesetzes Thema. Die Österreichischen Lotterien - eine Tochter der Casinos Austria AG - mussten das Fallen des Glücksspielmonopols befürchten.

Formal wurden die 300.000 Euro der BZÖ-eigenen Werbe-Agentur Orange für ein Gutachten zum Thema "Online-Glücksspiel und Responsible Gaming - Analyse, Vergleich, Perspektiven" überwiesen. Das Dokument hatte Lukasek auf Ersuchen des damaligen BZÖ-Obmanns Peter Westenthaler erstellt, der ihn Ende Juli vor einem Wochenende gebeten hatte, dazu acht bis zehn Seiten zu verfassen, wie der Zeuge nun bestätigte. Es habe sich um einen "mündlichen Auftrag" gehandelt, den er nicht weiter hinterfragt habe: "Er muss es als Parteiobmann nicht begründen." Ihm habe Westenthaler gesagt, er benötige das Papier "für die Casinos", so Lukasek. Außergewöhnlich sei das für ihn nicht gewesen: "Wenn Sie im Wahlkampf Aufträge bekommen, sind die kurzfristig."

"Einmal angeschaut, was Responsible Gaming ist"

Auf den Auftrag hin habe er "einmal geschaut, was Responsible Gaming ist", gab Lukasek zu Protokoll. Mit der Materie Online-Glücksspiel sei er zuvor "ab und an zwangsläufig" befasst gewesen, während er mit Responsible Gaming wenig vertraut war. Lukasek soll seine Studie unter Zuhilfenahme diverser Suchmaschinen aus dem Internet "zusammengeschustert" und am auf das Wochenende folgenden Montag abgegeben haben. Laut einem von der Justiz eingeholten Sachverständigengutachten war das Papier maximal 15.000 Euro wert.

"Was für einen Sinn soll das haben? Glauben Sie nicht, dass die (gemeint: die Lotterien, Anm.) sich ohnehin seit Jahrzehnten mit verantwortlichem Spielen befasst haben?", hinterfragte Richter Wolfgang Etl bei Lukasek dessen Werk. Nach kurzem Zögern replizierte der Zeuge folgendermaßen: "Wollen Sie eine ehrliche Antwort? Das ist wie verantwortliches Rauchen oder verantwortliches Drogennehmen." Das von ihm erstellte Dokument sei "ein Standpunkt" gewesen. Auf die Frage, ob Westenthaler damit zufrieden gewesen sei, meinte Lukasek: "Wenn's nicht gepasst hätte, hätte man noch einmal darüber gesprochen."

Grundsätzlich räumte der 52-Jährige ein, dass es dem BZÖ in finanzieller Hinsicht im Sommer 2006 nicht besonders gut gegangen sei: "Überflusswirtschaft war's keine." Nach den Nationalratswahlen im Oktober desselben Jahres - den Orangen gelang der Wiedereinzug ins Parlament - habe er noch am Wahlabend "meine sieben Zwetschken zusammengepackt" und seine Arbeit für das BZÖ bzw. Westenthaler beendet, erklärte Lukasek am Ende seiner Befragung

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Westenthaler-Prozess: Urteil erst kommendes Jahr
Politik

Westenthaler-Prozess: Urteil erst kommendes Jahr

Nach der Aussage von Ex-Finanzminister Grasser wird die Verhandlung erst am 13. Jänner fortgesetzt.
Westenthaler-Prozess: Grasser muss aussagen
Politik

Westenthaler-Prozess: Grasser muss aussagen

Der Ex-Finanzminister ist für 4. Dezember als Zeuge geladen. Das Urteil über Westenthaler soll noch vor Weihnachten fallen.
Innenpolitik

Frank Stronach zum Richter: "Den Armen das Geld geben"

Frank Stronach sagte teils philosophisch, teils amüsant aus. Und schlug dem Richter vor, den Armen zu helfen.
Schüssel als Zeuge vor Gericht
Innenpolitik

Schüssel: "Lese prinzipiell keine E-Mails"

Im Westenthaler-Betrugsprozess sagte am Donnerstag Wolfgang Schüssel aus. Sein Zeugenauftritt verlief nicht ganz reibungslos. Selbst der Richter musste Kritik einstecken.
Politik

Westenthaler-Prozess: Schweitzer verweigerte Förderung

Der ehemalige Sportstaatssekretär wollte die Bundesliga nicht subventionieren.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.