Vor dem SPÖ-Parteitag: Faymann entzweit die jungen Roten

Kucharowits
Kucharowits(c) Stanislav Jenis
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Die Jusos wettern gegen den Parteichef, die Junge Generation gibt sich moderat. Häupl und Hostasch erhalten eine Auszeichnung.

Wien/Vöcklabruck. Das rote Establishment hofft, dass sich die SPÖ beim bevorstehenden Bundesparteitag möglichst geschlossen präsentiert. Werner Faymann soll am Freitag bei seiner fünften Wahl zum SPÖ-Vorsitzenden seit 2008 ein größeres Streichkonzert der Delegierten erspart bleiben. Die Jungen in der SPÖ tun sich mit Faymann und dessen rot-schwarzer Regierung freilich schwer.

Juso-Chefin Julia Herr hat bereits angekündigt, sie und ihre Mitstreiterinnen würden Faymann nicht wählen. Die Vorsitzende der Jungen Generation in der SPÖ, Katharina Kucharowits, ist hingegen für eine öffentliche Zerfleischung des Parteichefs nicht zu haben. Die aufmüpfige SPÖ-Jungabgeordnete Daniela Holzinger aus Oberösterreich gibt sich ebenfalls nach außen zurückhaltend bezüglich ihres Stimmverhaltens auf dem Parteitag.

In einem sind sich alle drei Frauen einig: Sie wünschen sich, dass Faymanns SPÖ gegenüber dem Koalitionspartner ÖVP forscher bei der Umsetzung langjähriger Forderungen vorgeht – speziell bei der Steuerreform.

Für das Ende der Koalition

Die Frage, ob Faymann bei seiner Wiederwahl der Leidtragende des aufgestauten Unmuts sein wird, entzweit selbst die jungen Roten. Juso-Vorsitzende Herr verweigert nicht nur Faymann die Gefolgschaft, sondern drängt außerdem auf ein Ende der rot-schwarzen Koalition. Seit Herr im Mai dieses Jahres zur SJ-Chefin gewählt wurde, hat die Juso-Kampagne zur Drogenlegalisierung („Lieber bekifft ficken als besoffen fahren“) für Kopfschütteln bei gestandenen Funktionären der Mutterpartei gesorgt.

Dagegen steht die Niederösterreicherin Kucharowits für einen pragmatischeren Stil, der ihr bisweilen intern schon den Vorwurf eingebracht hat, zu angepasst zu sein. Für die JG sind jedenfalls inhaltliche Anliegen, die viele Jugendliche im täglichen Leben betreffen, im Vordergrund: Das betrifft ganz besonders das Wohnen, wo sie sich wie Wiens SPÖ für eine Abgabe auf leer stehende Wohnungen und eine rasche Reform des Mietrechts starkmacht. Denn viele junge Menschen können sich das Wohnen kaum mehr leisten.

Nationalratsmandatarin Holzinger, die beim Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe Adria entgegen der SPÖ-Linie dafür gestimmt hat, hat am vergangenen Freitag mit ihrer roten Bezirksorganisation Vöcklabruck die Positionierung und Linie für den Bundesparteitag abgeklärt und intern diskutiert. „Ich weiß für mich selbst schon, wie ich mich verhalten werde“, so Holzinger, der „Presse“ wollte sie es aber nicht verraten. Sie macht aber kein Hehl daraus, dass ihr die Umsetzung der SPÖ-Steuerpläne zu langsam geht.

Geburtstagsgeschenke

Für zwei lang gediente Sozialdemokraten wird es am Samstag Ehrungen geben. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der nun für die SPÖ die Steuerreform mitverhandelt, wird nach seinem eben mit Sozialdemokraten aus Europa gefeierten 65. Geburtstag von der SPÖ geadelt. Er erhält die Victor-Adler-Plakette. Diese Ehre wird auch einem weiteren heurigen Geburtstagskind zuteil: der ehemaligen Sozialministerin und AK-Präsidentin Lore Hostasch. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2014)

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