Amtsgeheimnis: Entwurf für Experten "mangelhaft"

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Symbolbild (c) APA (Roland Schlager)
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Grundrechts-Experten kritisieren die lange Liste an Ausnahmen. Der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung erteilen sie eine klare Absage.

Als "mangelhaft" beurteilen Grundrechts-Experten wie Hannes Tretter (Boltzmann-Institut), Peter Nedwed (Richtervereinigung) und Barbara Helige (Liga für Menschenrechte) den Regierungsentwurf für die Reform des Amtsgeheimnisses. Gemeinsam mit Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff lehnten sie zudem die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung ab.

"Ungenügend" ist der Entwurf für das Informationsfreiheitsgesetz für Tretter, weil er zu viele Beschränkungsmöglichkeiten und Ausnahmen enthält. Weiters hält er zur besseren Durchsetzung des Rechts eine unabhängige Behörde für nötig. Anders als ein Gericht könnte sie investigativ tätig werden - und damit Informationen finden, die Behörden oder Unternehmen "verstecken". Nedwed von der Fachgruppe Grundrechte in der Richtervereinigung sieht die Gerichte als "unabhängige Behörden" durchaus imstande, diese Aufgabe zu erfüllen. Aber angesichts der Scheu vieler Bürger, sich gleich an ein Gericht zu wenden, plädierte er für eine vorgelagerte Ombudsstelle.

Helige sieht Regierung, Parlament und Justiz vor einer "Herkulesaufgabe". Denn dass nicht mehr alles, was nicht explizit ausgenommen ist, geheim ist, sei ein "Paradigmenwechsel".

"Klares Nein" zur Vorratsdatenspeicherung

Ein "klares Nein" gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung deponierte Bernhard Fink vom ÖRAK-Arbeitskreis Grund- und Freiheitsrechte. Die pauschale Speicherung personenbezogener Daten ohne Anlass greife massiv in die Grundrechte ein. Auch Tretter lehnt eine Nachfolgeregelung vehement ab. Es sei schon richtig, Maßnahmen etwa gegen den Jihadismus zu setzen - aber dazu brauche man keine Vorratsdatenspeicherung.

Prinzipiell begrüßt wurde von den Experten die mit 1. Jänner 2015 startende Möglichkeit für Verfahrensparteien, Grundrechtsbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof einzulegen. Aber auch hier bemängelten sie die große Zahl von Ausnahmen. Für Wolff ist es "verwunderlich, dass der Ausnahmenkatalog fast gleich lang ist wie die restlichen Bestimmungen".

Auf einen Grundrechtsaspekt der Steuerreform-Debatte wies Tretter hin: Die "Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit" der Regierung, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, verstoße gegen die sozialen Grundrechte, kritisierte er etwa auch die Überlegung, die Mehrwertsteuer etwa auf Bücher oder Lebensmittel anzuheben, oder die Säumigkeit in Verwaltungs- und Strukturreform. Ideologische Schranken überwunden werden müssten auch im Bildungsbereich, pochte Helige auf das Menschenrecht auf inklusive Bildung - wo ebenfalls, trotz großer Defizite, seit Jahren "praktisch nichts" geschehen sei.

(APA)

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