Asyl: Zuerst Kasernen, dann Zelte

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Verteidigungsminister Gerald Klug bietet an, 1200 Flüchtlinge in vier Kasernen unterzubringen – 900 davon in Baden. Die Stadt kündigte bereits Widerstand an. Zeltstädte sind noch nicht vom Tisch.

Wien. Zum Schluss musste das Heer einspringen: 1200 Flüchtlinge könnten zur Not in vier Kasernen untergebracht werden, meldete Minister Gerald Klug (SPÖ) am Montag. In der Martinek-Kaserne in Baden, der Magdeburg-Kaserne in Klosterneuburg, der Riedenburg-Kaserne in Salzburg und der Tilly-Kaserne in Freistadt gebe es Kapazitäten. Klugs Kollegin im Innenressort, Johanna Mikl-Leitner, freute sich über das Angebot. Man werde die Standorte „umgehend prüfen“, hieß es aus ihrem Ressort. Und: Man sei für jeden zusätzlichen Platz dankbar.

Kein Wunder: Spitzt sich die Lage weiterhin zu, könnten über die Feiertage Flüchtlinge in Containern oder gar Zelten untergebracht werden. Während die Zahl der Asylanträge steigt, neigen sich die Plätze des Bundes dem Ende zu. Die Bundesländer hingegen erfüllen ihre Betreuungsquote nicht (siehe Grafik). Bis zu 2500 zusätzliche Notbetten werden aber laut Berechnungen des Ministeriums bis Anfang Jänner benötigt.

Das Innenressort appellierte daher in der vergangenen Woche an die Länder, über die Feiertage Notbetten zur Verfügung zu stellen. Allerdings zeigten sich nur Ober- und Niederösterreich bereit, insgesamt 1000 Flüchtlinge aufzunehmen. Tirol meldete zwar nach eigenen Angaben 400 und Vorarlberg rund 50 Betten – das Angebot kam aber laut Innenministerium nie beim Empfänger an.

300 Plätze fehlen – bestenfalls

Zählt man die Plätze in den Kasernen hinzu, fehlen von den benötigten 2500 Schlafstellen also noch 300. Das Innenministerium will daher die Länder weiter drängen: „Wir bleiben im Gespräch, so lang, bis es Lösungen für die nächsten Wochen gibt“, heißt es. Das könnte allerdings dauern – denn auch Klugs Angebot ist mit Vorsicht zu genießen. Selbst wenn das Verteidigungsressort die Kasernen zur Verfügung stellt, heißt es noch lang nicht, dass es auch tatsächlich zur Unterbringung kommt: Im Juli hätten Flüchtlinge in die Linzer Ebelsberg-Kaserne ziehen sollen. Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) stellte sich allerdings quer. Er weigerte sich, die notwendige Flächenwidmung zu genehmigen.

Ähnliches hört man nun aus Baden: „Wir wollen auf keinen Fall die Kaserne so kurzfristig für Asylwerber öffnen“, sagt Stadtrat Rudolf Gehrer (ÖVP) zur „Presse“. Der Bezirk leiste mit dem Erstaufnahmezentrum Traiskirchen bereits seinen Beitrag. „Wir werden die Innenministerin bitten, Baden nicht mit weiteren Flüchtlingen zu belasten.“ Zur Not werde man sich auch weigern, der Umwidmung zuzustimmen. Für Mikl-Leitner wäre das bitter: Denn in der leer stehenden Martinek-Kaserne haben bis zu 900 Personen Platz.

Umbaumaßnahmen selbst bezahlen

Aber auch Klug stellt einige Bedingungen an Mikl-Leitner: Für alle Adaptierungsmaßnahmen, die bei einer solchen Unterbringung nötig sind, soll das Innenressort aufkommen. Etwa in der Magdeburg-Kaserne: Dort sind bereits 150 Menschen untergebracht. Kommen weitere 100 hinzu, müsste man den Sanitärbereich adaptieren. In der Tilly-Kaserne soll das militärisch genutzte Areal vom Notquartier abgetrennt werden.

Die Salzburger Riedenburg-Kaserne wurde hingegen bereits verkauft und wird nur noch bis Ende des Jahres vom Heer genutzt. Sie könnte frühzeitig geräumt und für Flüchtlinge frei gemacht werden – allerdings nur, wenn der Käufer zustimmt.

Weitere Infos: www.diepresse.com/asyl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2014)

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