Steuern: Drei Pakete für den Finanzminister

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Bis 17. März hat sich die Regierung Zeit gegeben für eine Steuerreform. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) fasst die bisherigen Vorschläge in drei Pakete zusammen. „Die Presse“ kennt die Inhalte.

Wien. Nachdem die Expertengruppe ihren Bericht zur Steuerreform präsentiert hat, sind jetzt – wieder die Experten am Zug. Wie Finanzminister Hans Jörg Schelling am Freitag mitteilte, hätten diese ihre Aufträge schon erhalten. Beim Zusammenwirken der Experten mit der politischen Gruppe, die ihrerseits schon vier Verhandlungstermine fixiert hat, wird es im Jänner einen „permanenten Verhandlungsprozess“ geben.

Schelling hat – ganz der vorweihnachtlichen Zeit entsprechend – angekündigt, drei Pakete schnüren zu wollen: jenes, worauf sich SPÖ und ÖVP schon geeinigt haben, jenes, bei dem man sich angenähert hat, sowie die No-gos.

Konsens

Wirklich geeinigt hat man sich auf noch nicht allzu viel. Bei den Entlastungen ist bisher lediglich fix, dass der Eingangssteuersatz auf 25Prozent gesenkt werden soll. Und der Höchststeuersatz von 50Prozent soll erst später greifen – laut SPÖ bei 80.000 Euro Jahreseinkommen, laut ÖVP ab 100.000 Euro. Für Pensionisten mit niedrigem Einkommen wird es eine Negativsteuer bis zu 110 Euro geben.

Bei der Gegenfinanzierung ist man sich einig, dass ein Teil (17 bis 20 Prozent) automatisch durch höhere Konsumausgaben hereinkommt. Ebenso, dass die Länder einen Beitrag leisten sollen. Sonst beschränkt sich die Einigung eher auf kleinere Details: Für die Privatnutzung von Dienstautos gibt es künftig einen höheren Selbstbehalt, der Landarbeiter-Freibetrag wird abgeschafft, ebenso die Mietzinsbeihilfe, die bei Sanierungen an Bezieher niedriger Einkommen ausbezahlt wird. Einig ist man sich auch, dass bestimmte Ausnahmen im Steuergesetz nicht angegriffen werden, etwa die Bausparprämie oder die Forschungsprämie.

Konflikt

In den meisten Punkten wird es noch eine Annäherung geben müssen. Das beginnt schon beim Volumen der Steuerreform: Die SPÖ will 5,9 Mrd. Euro, die zur Gänze für die Tarifsenkung aufgewendet werden sollen, die ÖVP fünf Mrd. Euro jetzt und zwei Mrd. in einem weiteren Schritt. Die ÖVP will auch einen beträchtlichen Teil davon für die Wirtschaft (800 Mio.) und die Familien (400 Mio.) aufwenden. Damit hängt die Frage zusammen, wie die Tarifstufen aussehen. Mit dem Volumen der SPÖ lässt sich eine kräftigere Senkung der Tarife finanzieren.

Einig ist man sich, dass Bezieher niedriger Einkommen zusätzlich gefördert gehören – nicht aber über den Weg. Die SPÖ will eine Negativsteuer (also die Auszahlung eines Steuerguthabens) bis zu 400 Euro, die ÖVP plädiert dafür, die Sozialabgaben zu senken. Das allerdings würde zu höheren Sozialversicherungsbeiträgen für Besserverdiener führen.

Bei der Familienförderung liegen die Vorschläge noch nicht komplett auf dem Tisch. So will die ÖVP 400 Millionen Euro ausgeben, hat aber ein Konzept vorgelegt, das 1,1 Mrd. Euro kostet. Darin enthalten: ein Freibetrag für jedes Kind sowie die Absetzbarkeit von Betreuungs- und Ausbildungskosten. Auf Letztes konzentrieren sich die SPÖ-Vorschläge, wobei die Sozialdemokraten einen Absetzbetrag vorschlagen, von dem auch Bezieher niedriger Einkommen profitieren.

Bei der Gegenfinanzierung gibt es Bereiche, in denen eine Annäherung realistisch erscheint. So etwa bei der Betrugsbekämpfung. Beide Koalitionsparteien wollen eine Milliarde Euro lukrieren, allerdings auf unterschiedlichen Wegen. Die SPÖ setzt auf die Einführung einer Registrierkassenpflicht, um alle Umsätze korrekt erfassen zu können. Die ÖVP lehnt das ab und hat eher den internationalen Mehrwertsteuerbetrug und den Sozialbetrug im Visier.

Ein kontroversielles Kapitel ist die Streichung von Ausnahmen im Steuerrecht. Ein Ansatz dafür sind die ermäßigten Mehrwertsteuersätze: Die SPÖ hat die Abschaffung in Bereichen der Landwirtschaft und des Kulturbetriebs vorgeschlagen: So sollen beispielsweise Tiere, Saatgut, Futtermittel und Holz ebenso mit 20 Prozent besteuert werden, wie der Besuch von Theatern und Museen. Die ÖVP ist dagegen, hat aber noch keine eigenen Vorschläge eingebracht.

Auch im Einkommensteuergesetz sollen Ausnahme- und Sonderbestimmungen durchforstet werden. Umstritten ist die begünstigte Besteuerung von Überstunden: Die Expertengruppe hat zwar festgehalten, dass dies zu unerwünschten Effekten führt, abschaffen will das zumindest die SPÖ-Seite aber nicht: Die Arbeitnehmer sollen sich ihre Steuersenkung schließlich nicht selbst finanzieren, so die Begründung. Ebenso noch auf dem Prüfstand sind Pauschalierungen – sowohl für Unternehmen als auch für bestimmte Berufsgruppen.

No-gos

Es gibt eine ganze Reihe von Plänen und Maßnahmen, die die Regierung schon ausgeschlossen hat. Dazu gehört beispielsweise eine generelle Erhöhung der Mehrwertsteuer, die der einfachste Weg wäre, höhere Einnahmen zu generieren. Ebenso ausgeschlossen ist, die wichtigste Ausnahmeregelung bei der Lohnsteuer zurückzunehmen: die begünstigte Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehalts. Auch bei den begünstigten Mehrwertsteuersätzen gibt es bereits eine Festlegung: Der reduzierte Steuersatz für Mieten, Nahrungsmittel und Medikamente bleibt tabu.

In diesen Punkten ist sich die Koalition einig. Nicht so bei der Vermögensbesteuerung: Während die SPÖ auf eine Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer sowie auf eine Besteuerung von Vermögen pocht und damit Einnahmen in der Höhe von zwei Milliarden Euro lukrieren will, ist genau das für die ÖVP ein absolutes No-go. Da einen Kompromiss zu finden, ist das eigentliche Kunststück bei diesen Steuerreformverhandlungen. Denn in diesem Paket befindet sich Sprengstoff– nicht nur für die Steuerreform sondern auch für die Koalition.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2014)

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