Der ÖBB-Chef Kern könnte Faymann als SP-Chef und Kanzler beerben, findet Landesrat Rezar. Landeshauptmann Niessl pfeift ihn zurück. ÖVP-Chef Mitterlehner sieht keine Gefahr für die Koalition bei einer Rochade in der SPÖ.
Die Frage, ob Christian Kern Potenzial zum Bundeskanzler hätte, beschäftigte derzeit die SPÖ. Nachdem Nationalratspräsidentin Doris Bures dem ÖBB-Chef derartige Qualitäten zuletzt abgesprochen hatte, ist Burgenlands Soziallandesrat Peter Rezar vom Gegenteil überzeugt. Geht es nach ihm, hätte Kern das Zeug zum Bundeskanzler.
Angesprochen auf Bures Einschätzung, dass Amtsinhaber Werner Faymann auch 2015 Kanzler und Parteichef bleibe, erklärte Rezar, dies sei "sicherlich abhängig von großen Entscheidungen in der näheren Zukunft". Konkret die Frage, ob es gelingt, die Steuerentlastung für Arbeitnehmer und Pensionisten umzusetzen sowie damit indirekt für einen Konjunkturaufschwung zu sorgen - verbunden mit einer Reduktion der Arbeitslosigkeit. Rezar: "Dann wird der Bundeskanzler sicher sehr fest im Sattel sitzen." Sollten sich die Dinge anders entwickeln, "entsteht eine neue Situation, die zu überdenken ist".
Niessl pfeift Rezar zurück, Vranitzky verteidigt Kern
Weiters habe "Österreich durchaus eine Tradition, wenn ich mir Bundeskanzler der Vergangenheit ansehe, die aus Managementfunktionen kommen", so Rezar. Auf die Frage, ob Kern seiner Ansicht nach das Zeug zum Kanzler habe, meinte er: "Ich denke schon."
Im Büro von Landeshauptmann Hans Niessl ist man anderer Auffassung. "Rezar spricht für Rezar", hieß es am Montag gegenüber der "Presse". Die Frage, ob Kern das Zeug zum Kanzler habe, stelle sich der burgenländischen SPÖ jedenfalls "mit Sicherheit nicht". Vorrangig sei, dass es bis März eine Steuer- und eine Bildungsreform gibt. Darüber gelte es zu debattieren, nicht aber über den SPÖ-Vorsitz. Sollten die beiden Reformen nicht zustande kommen, sei vielmehr fraglich, ob die Koalition zwischen Rot und Schwarz noch legitim sei.
Für Mitterlehner sind Obmann-Wechsel normal
ÖVP-Chef Mitterlehner sieht im Falle einer Rochade innerhalb der SPÖ keinen Grund, die Koalition zu beenden: "Jede Partei hat das Recht auf interne Änderungen", sagte er den "Oberösterreichischen Nachrichten". "Bei uns hat es ja auch einen Wechsel gegeben", sagte Mitterlehner, der nach dem Abgang Michael Spindeleggers im Sommer das Amt des Vizekanzlers übernommen hatte.
Auch Alt-Bundeskanzler Franz Vranitzky mischte sich am Montag via "Kurier" in die Debatte ein - und stellte sich hinter Kern. "Es gibt nur wenige berufliche Vorleben, die jemanden von Haus aus als Politiker disqualifizieren", so Vranitzky. Um als Politiker erfolgreich zu sein, sei es wichtig, "politische Vorgänge zu erkennen, zu begreifen, die richtigen Konsequenzen zu ziehen und sich der Aufgabe bewusst zu sein, die man für die Gemeinschaft zu erfüllen hat".
Kern gibt keinen Kommentar ab
Kern selbst wollte sich am Montag nicht zur Frage äußern, ob er als SP-Chef bzw. Bundeskanzler qualifiziert sei. Ausrichten ließ er lediglich:"Chef der ÖBB zu sein ist eine der interessantesten und spannendsten Aufgaben in Österreich." Und: "Ich sehe nach wie vor keinen Grund, mich an der aktuellen Debatte zu beteiligen". Es gebe in der ÖBB noch immer genug zu tun. "Mein Ziel ist und bleibt es, die ÖBB als eine nationales und internationales Top-Unternehmen zu etablieren", so Kern.
(APA/Red.)