Marc Janko: Weihnachten unter Palmen

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Marc Janko hat seinen Wechsel nach Sydney „noch keine Sekunde bereut“. Er begrüßt die Sportbegeisterung in Australien, das Geiseldrama schockte ihn. „Es gibt zu viele Verrückte.“

Sydney/Wien. So richtig in Weihnachtsstimmung ist Marc Janko dieser Tage nicht gekommen. Bei rund 30 Grad in Sydney fällt dies naturgemäß schwer, „und Schnee suchst du hier ohnehin weit und breit vergeblich“. Stattdessen blickt Janko hinweg über feine Sandstrände wie den berühmten Bondi Beach und genießt Spaziergänge unter Palmen. Am Weihnachtsabend wird der 31-Jährige mit seiner Verlobten und einem befreundeten Paar zum Essen ausgehen, anschließend folgt eine Minibescherung vor dem Plastikbaum. „Denn Tannenbäume findest du keine.“

Geschenke nach Österreich wurden nicht versendet. „Ich habe mich mit Familie und Freunden darauf geeinigt, nichts um die halbe Welt zu schicken, sonst würde das Porto wohl mehr als das Geschenk selbst kosten. Aber aus dem Alter, in dem man sich mit materiellen Dingen überschüttet, bin ich ohnehin raus.“

Es sind neue Erfahrungen, die Marc Janko in Australien sammelt. Ende Juli entschloss sich der Nationalspieler, seine Koffer zu packen und am anderen Ende der Welt sesshaft zu werden, vorerst für ein Jahr. Es ist ein einzigartiges Abenteuer, eine Möglichkeit, den Spaß am Fußball wiederzufinden.

Diesen hatte Janko zuletzt verloren, während seiner zweijährigen Odyssee in der Türkei bei Trabzonspor wurde er nie richtig glücklich. „Ich genieße die Zeit in Sydney, habe noch keine Sekunde bereut“, betont der Wiener, der sich in seiner neuen Heimat wohlfühlt. „Die Australier sind ein offenes Volk, gehen immer auf dich zu.“ Janko schätzt es, in einem Land zu leben, das sich dem Sport verschrieben hat. Die Begeisterungsfähigkeit sei gewaltig, „die schauen sich wirklich alles an.

Jedes zweite Spiel ein Treffer

Dabei ist Fußball längst nicht das Zugpferd Nummer eins, Cricket oder auch Rugby genießen weitaus höheres Ansehen. Dennoch pilgerten zu den ersten sechs Saisonheimspielen des Sydney FC durchschnittlich 22.000 Fans in das Allianz Stadium. „Die Aufmerksamkeit der Leute für Fußball wächst, die Resonanz ist groß“, berichtet Janko, der auf den Straßen Sydneys immer wieder erkannt und angesprochen wird.

Mit seinem Klub befindet sich Janko trotz zuletzt fünf siegloser Spiele auf Play-off-Kurs, nach acht Partien hält der Stürmer bei vier Treffern. Genauso viele hat er für Trabzonspor in 30 Spielen erzielt. Das Ziel sei der Gewinn der Meisterschaft, Janko möchte dazu seinen Teil beitragen. „Wenn ich fit bin“, sagt er von sich selbst überzeugt, „kann ich für jede Mannschaft wertvoll sein.“ Während in Österreich der Ball für längere Zeit ruht, wird während des australischen Sommers fleißig gekickt. Schon am 26. Dezember wartet das Heimspiel gegen Adelaide, vier Tage später tritt man in Brisbane an. Janko kann sich mit den für ihn ungewohnten Spieltagen durchaus anfreunden. „So verliert man wenigstens nicht den Rhythmus.“

Bewegt hat Janko das letztwöchige Geiseldrama in einem Café in Sydney, bei dem drei Menschen ums Leben kamen. Die Nachricht ereilte ihn an einem freien Tag in Melbourne. „Das Café befindet sich nur fünf Gehminuten von meiner Wohnung entfernt, ich bin wenige Tage zuvor noch dort gesessen. Ich habe im Fernsehen sogar eine der flüchtenden Angestellten wiedererkannt.“ Die Anteilnahme in der Stadt sei danach riesengroß gewesen. „Leider gibt es heute viel zu viele Verrückte.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2014)

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