Islamgesetz: Harte Fronten

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Die Islamische Glaubensgemeinschaft stemmt sich gegen die Vorlage der Regierung, Minister Ostermayer spricht ihr ein Vetorecht ab.

Wien. Die Situation ist einigermaßen verfahren. Die Regierung will das neue Islamgesetz Ende Jänner im Parlament vorlegen. Nur die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), die das Gesetz betrifft, lehnt die Regierungsvorlage „ausdrücklich ab“. Eine entsprechende negative Stellungnahme wurde am Montag präsentiert, nachdem am Sonntag der Schurarat – quasi das Parlament der IGGiÖ – darüber beraten hatte.

Die Kritikpunkte selbst waren schon bekannt. Erstens fordern die Muslime, dass das Gesetz für die sunnitischen und schiitischen Richtungen des Islams gilt, nicht aber für andere Religionsgesellschaften – gemeint sind die Aleviten, die vom neuen Islamgesetz ebenfalls erfasst sind. Zweitens hält es die IGGiÖ für bedenklich, dass der Bundeskanzler die Möglichkeit haben soll, die Rechtspersönlichkeit einer islamischen Religionsgesellschaft aufzulösen.

Drittens sieht man Verwirrungen und Probleme rund um die zu gründende theologische Fakultät programmiert. Vor allem der Punkt, dass das Lehrpersonal Mitglied der IGGiÖ sein muss, sei nicht klar genug geregelt. Und schließlich ortet man auch eine deutliche Schlechterstellung der Muslime gegenüber anderen Religionsgesellschaften wegen des Verbots der Auslandsfinanzierung.

Mit der Ablehnung der Regierungsvorlage geht die IGGiÖ weiter auf Konfrontationskurs mit der Regierung. „Es ist noch nicht vorgekommen, dass ein Gesetz gegen eine Glaubensgemeinschaft beschlossen wurde“, sagt IGGiÖ-Sprecherin Carla Amina Baghajati. Allein, rechtliche Mittel hat man nicht, die das Gesetz noch verhindern könnten. Erst wenn es tatsächlich im Nationalrat beschlossen wird, könnte man es beim Verfassungsgerichtshof anfechten.

Welche Möglichkeiten ausgeschöpft werden könnten, will man in der IGGiÖ allerdings noch nicht nach außen kommunizieren – vorerst betont man vor allem, dass man weiter den Dialog sucht. Und hofft, dass man noch in der parlamentarischen Debatte Änderungen einbringen kann. In einer ersten Reaktion zeigte sich auch der zuständige Kultusminister Josef Ostermayer (SPÖ) gesprächsbereit – allerdings nur in der Frage, inwieweit einer Religionsgesellschaft die Rechtspersönlichkeit entzogen werden kann. Die anderen Wünsche der IGGiÖ, etwa ein eigenes Gesetz ohne Aleviten und die Vorbehalte bei der Auslandsfinanzierung, hält er bereits für ausgeräumt. Und hinter der Gesprächsbereitschaft signalisiert er auch noch in Richtung der IGGiÖ, dass „niemand ein inhaltlich losgelöstes allgemeines Vetorecht“ habe.

Rücktritt: Nur interne Debatte

Was die internen Diskussionen angeht, bemüht man sich aufseiten der Muslime vehement, Einigkeit zu signalisieren. Die Diskussion über IGGiÖ-Präsident Fuat Sanaç, der wegen der Verhandlungen mit der Regierung heftig in die Kritik geraten war – Rücktrittsforderungen inklusive –, ist zumindest nach außen hin kein Thema.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2014)

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