Sag, wie hast du's mit der Religion? Woran Politiker glauben

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Religion ist Privatsache? Ja, eh. Wir haben Regierungsmitgliedern dennoch die Gretchenfrage gestellt. Manche taten sich schwer, vor allem die Sozialdemokraten.

Wenn etwas von der Angelobung des Kabinetts Faymann II in Erinnerung blieb, dann das: Der neue Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter fügte der Gelöbnisformel nicht nur ein an sich schon unübliches „Ich gelobe – so wahr mir Gott helfe!“ an, sondern auch noch den in diesen Räumen – zumindest zu republikanischen Zeiten – noch nie gehörten Zusatz „vor dem heiligen Herzen Jesu Christi“.

Doch alle, die da schon das Bild des Alpen-Taliban aus Tirol im Kopf hatten, wurden enttäuscht. Wenig später machte sich Rupprechter nämlich für das Adoptionsrecht für Homosexuelle stark, konnte sich eine Moschee plus Minarett pro Bundesland vorstellen und redete der Abschaffung des Zölibats das Wort.

Andrä Rupprechter ist wahrscheinlich das religiöseste aller Regierungsmitglieder. Zumindest trägt er es am sichtbarsten vor sich her. Äußeres Zeichen dafür: ein Rosenkranz, den er stets bei sich hat. Geprägt wurde Rupprechter als jüngstes von elf Kindern von seiner religiösen Mutter. Seine erste außereuropäische Reise als Minister führte ihn nach Israel. Er betete an der Klagemauer und kniete vor der Geburtsgrotte Jesu Christi. In einem „Standard“-Interview mit dem Theologen Adolf Holl meinte er im Sommer: „Für mich ist die christliche Soziallehre des Arbeiterpapstes Leo ein moralisch-ethisches Raster, an dem ich mein Tun und Handeln orientiere.“

Taufscheinkatholikin Karmasin

Ein unterkühlteres Verhältnis zur Kirche hat die gemeinsam mit Rupprechter angelobte Familienministerin Sophie Karmasin: „Ich bin keine praktizierende Katholikin.“ In die Kirche gehe sie höchstens an Festtagen – etwa zur Christmette. „Ich kann in manchen Bereichen mit der Kirche einfach nicht mit: beim Umgang mit Homosexuellen, mit Geschiedenen, die Rolle der Frau betreffend.“ Allerdings sehe sie über ihre Kinder auch die guten Seiten: die positive Arbeit in den Pfarren, die Hilfsbereitschaft, die Feste.

Heikel scheint das Thema Politik und Religion vor allem für Sozialdemokraten. Trug Alfred Gusenbauer sein katholisches Glaubensbekenntnis noch öffentlich zur Schau, unter anderem im strömenden Regen beim Besuch von Papst Benedikt XVI. 2007 in Mariazell, so ist die aktuelle Führung wesentlich zurückhaltender. „Das ist Privatsache“, lässt Josef Ostermayer ausrichten, als Kultusminister immerhin für Religionsangelegenheiten zuständig. Von Ostermayer weiß man, dass er aus der Kirche ausgetreten ist. SPÖ-Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser tat das aus Anlass der Missbrauchsskandale. Ebenfalls ohne Bekenntnis ist Sozialminister Rudolf Hundstorfer. Gleiches gilt für Verteidigungsminister Gerald Klug.

Wortident mit Ostermayer auch das Statement aus dem Kanzlerbüro: „Das ist Privatsache.“ Überliefert ist, dass Werner Faymann mit seiner jüngeren Tochter alljährlich die Mette besucht – so wird es auch heuer sein. Dabei erlangte Faymann über das Religionsthema erstmals überregionale Bekanntheit: 1983 war er als Wiener SJ-Chef Mitorganisator eines „Anti-Papst-Festes“ – aus Anlass des Besuchs von Johannes Paul II. Zwei Jahre später hämmerte er in Martin-Luther-Manier sieben „Thesen der Wiener Stadtjugend“ an das Wiener Rathaus-Tor.

Doch so wie er sich dann politisch Richtung Mitte entwickelte, näherte er sich auch der Kirche wieder an. Faymann ist römisch-katholisch. 2009 meinte er in einem „Presse“-Gespräch: Ja, er glaube an Gott, der für ihn aber kein bestimmtes Wesen sei, sondern eher eine Erscheinung wie die Sonne, von der man sich Kraft holen könne. Man müsse aber nicht.

„Aktiver Christ“ Mitterlehner

Als Wirtschaftsminister müsste er eigentlich für eine generelle Sonntagsöffnung der Geschäfte sein. Ist er aber nicht. Ein Hauptgrund dafür: seine religiöse Weltsicht. Er sei „ein aktiver Christ“, sagt Reinhold Mitterlehner. Er besuche auch regelmäßig die Messe. Als ÖVP-Obmann hält er allerdings fest: „Wir sind keine Filiale der Amtskirche. Aber wir verstehen uns als christlich-demokratische Partei.“ Zum CV sei er seinerzeit jedoch nicht aus religiösen Gründen gegangen. „Ich hatte mich im Studentenheim mit ein paar CVern angefreundet.“

Auch ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner bekennt: „Ich bin ein gläubiger Mensch.“ Ihre Familie gehe zwar nicht jeden Sonntag in die Kirche, „aber wir sprechen jeden Tag ein Abendgebet“.

Ein regelmäßiger Mess-Besucher ist Außenminister Sebastian Kurz. Allerdings nicht nur in katholischen Kirchen, sondern berufsbedingt auch in Moscheen, Synagogen etc. Kurz gilt aber auch selbst als religiös.

Wie auch Justizminister Wolfgang Brandstetter – er ist geprägt von seinem Vater, einem katholischen Religionslehrer. „Religion ist mir wichtig. Ich beziehe daraus meine grundlegenden Wertvorstellungen. Darin liegt eine Spiritualität, die für mich eine sehr wichtige Kraftquelle ist“, so Brandstetter.

Ein Kreuz um den Hals trägt SPÖ-Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Der Grund ist allerdings ein eher profaner und zugleich trauriger: Das Kreuz gehörte ihrem vor neun Jahren verstorbenen Patenkind.

Zugeknöpft beim Thema Religion gibt sich Finanzminister Hans Jörg Schelling, immerhin Pächter des Stiftsweinguts Herzogenburg. Allerdings fügte auch er bei seiner Angelobung den Zusatz „So wahr mir Gott helfe“ an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2014)

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