Fischer für Anerkennung Palästinas

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Heinz Fischer spricht sich für eine Anerkennung des Staates Palästina "zu einem geeigneten Zeitpunkt" aus. In der Ukraine-Krise kritisiert er die "Fehler der EU".

Wien. Bundespräsident Heinz Fischer spricht sich für eine Anerkennung des Staates Palästina durch Österreich „zu einem geeigneten Zeitpunkt“ aus. Im Kampf gegen den Jihadismus setzt er darauf, „die Wurzeln zu bekämpfen“, indem jungen Menschen „Zukunftsperspektiven“ eröffnet werden. Österreich gehöre nicht zu den Hauptzielscheiben des Jihadismus, sagt Fischer in einem Interview mit der Austria Presse Agentur (APA).

Trotz des „heftigen Betriebsunfalls“ um ein Interview von Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (diese hat unter anderem Hinrichtungen in Saudiarabien verharmlost) stellt sich der Bundespräsident hinter das umstrittene König-Abdullah-Zentrum. Zudem warnt Fischer vor einer Verschärfung der Sanktionspolitik gegen Russland in der Ukraine-Krise. Es wäre „unklug und schädlich“ zu glauben, man könne Moskau auf diese Art so schwächen und unter Druck setzen, „um so alle eigenen politischen Zielsetzungen durchzusetzen“. Auch die EU habe in der Krise Fehler gemacht.

Österreich „durchgebeutelt“

Zuversichtlich zeigt sich Fischer, was eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran betrifft. Angesichts der großen Annäherung bei den jüngsten Verhandlungen wäre es „von beiden Seiten unverantwortlich, das gemeinsame Ziel einer ausschließlich friedlichen Nutzung der Kernenergie im Iran im letzten Augenblick doch noch scheitern zu lassen“. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hätte Österreich Fischer zufolge weit mehr „durchgebeutelt“, wäre das Land nicht Mitglied der Europäischen Union gewesen.

Einen Zerfall der EU befürchtet Fischer trotz Differenzen – etwa mit Großbritannien – nicht. Die „enge solidarische europäische Zusammenarbeit“ in der EU sei etwas „Neues und Positives in der Geschichte“, so Fischer: „Alles, was an Kinderkrankheiten oder auch an Unzukömmlichkeiten existiert, ist ein Anlass für das Bemühen, es besser zu machen. Aber es ist kein Anlass zu sagen: Wir schrauben das Rad der Geschichte um 50 oder 60Jahre zurück.“

Reise nach Lateinamerika

Für das Jubiläumsjahr – 20 Jahre EU-Beitritt, 60 Jahre Staatsvertrag und 70 Jahre Gründung der Zweiten Republik – nimmt sich der Bundespräsident viel vor, handelt es sich doch um sein letztes volles Amtsjahr. Geplant sind unter anderem Reisen nach China und Lateinamerika. Er wolle „die Chancen nützen, die das Amt als Staatsoberhaupt bietet, um Österreich auf verschiedenen Landkarten zu platzieren“ und es als Wirtschafts-, Wissenschafts- und Kulturnation „sichtbar“ zu machen.

Kandidatin Griss?

Unterdessen schließt die Chefin der Untersuchungskommission zur Hypo Alpe Adria, Irmgard Griss, eine Kandidatur bei der Bundespräsidentenwahl 2016 nicht mehr völlig aus. Sie würde „darüber nachdenken“, wenn sich SPÖ und ÖVP auf sie als unabhängige Kandidatin einigen würden, sagt Griss im Interview mit der „Kronen Zeitung“. Aus ihrer Sicht ist es aber „außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit“, dass sie die erste Bundespräsidentin Österreichs wird. Eine Einigung der beiden Regierungsparteien auf eine unabhängige Kandidatin käme dem „achten Weltwunder“ gleich, meint die frühere OGH-Präsidentin.

Tatsächlich hat es in der Zweiten Republik noch keinen gemeinsamen Vorschlag der beiden derzeitigen Regierungsparteien, SPÖ und ÖVP, für die Bundespräsidentenwahl gegeben. Die ÖVP hat allerdings zweimal und die SPÖ einmal darauf verzichtet, einen Bewerber zu nominieren, als es um die Wiederwahl des ursprünglich von der anderen Partei ins Rennen geschickten Bundespräsidenten gegangen ist.

So trat gegen den aktuellen Amtsinhaber, Heinz Fischer, im Jahr 2010 kein ÖVP-Kandidat an und 1998 gegen Thomas Klestil kein SPÖ-Kandidat – wobei sowohl Fischer als auch Klestil ihre zweite Wahl als „unabhängig“ bestritten. Tatsächlich parteilos, also ohne Mitgliedschaft, war Rudolf Kirchschläger. Nominiert wurde er von der SPÖ Bruno Kreiskys – und bei seiner Wiederwahl 1980 stellte die ÖVP keinen Bewerber auf.

ZUR PERSON

Heinz Fischer wurde 1938 in Graz geboren. Nach der Matura studierte er Rechtswissenschaften in Wien. 1971 zog er für die SPÖ in den Nationalrat ein. 1990 wurde er zum Nationalratspräsidenten gewählt und übte dieses Amt bis 2002 aus. Von 2002 bis 2004 war er Zweiter Nationalratspräsident. 2004 wurde Fischer der achte Bundespräsident der Zweiten Republik, 2010 folgte die Wiederwahl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2014)

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