IMM Cologne: Ausbruch aus dem Wohnkäfig

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Auf der IMM Cologne durften sich im neuen Jahr erstmals die Möbeltrends abzeichnen.

Der Jahresanfang – ein guter Zeitpunkt, um ein Jahr nach vorne und viele zurückzuschauen. Auf der IMM Cologne in Köln, sie gehört zu den wichtigsten Messen der Möbelbranche, wirkte diesmal vieles wie ein Resümee der Designgeschichte. Als würden die Hersteller eine formale Bilanz aus dem kreativen und produktiven Output der vergangenen Jahrzehnte ziehen wollen. Die Unternehmen übten sich in intensiver Retrospektion, darin, das Gute zu bewahren und das Bewährte zu verbessern, indem sie es mit neuen Ansätzen aufgriffen, mit neuen Farben aufluden und in gemütlich-weiche Wohnszenarien einkuschelten. Überholte Konzepte wurden entrümpelt, entbehrliche Stilverrenkungen aussortiert, das Formenerbe, das sich über die Jahre angehäuft hat, neu beleuchtet: Die Klassiker bekommen neue Chancen, ihre Designer neue Wertschätzung. Die Rückgewandtheit der Gestaltung biegt in eine neue Gestaltungsschleife ein – das Resultat der Sehnsucht nach Vertrautem und Beseeltem, nach dem die Gesellschaft und das Design inzwischen ohnhin schon seit Jahren lechzt. Cosiness, ja unbedingt: In gut gewärmten Wohnnestern, gebaut aus Formen und Materialien, die man eventuell irgendwo schon gesehen hat und vor allem auch gespürt – so wartet man auf bessere Zeiten.



Doch die grassierende Gemütlichkeit, die einsickert in die Entwürfe und Interpretationen, braucht nicht mehr unbedingt den Schnörkel und den aufs Aug’ gedrückten Dekor. Ausufernde Felllandschaften und bemühte Naturanalogien, ja gerne. Betten als Liegewiesen, Sofas als weite Wohnterrassen, natürlich. Doch auch in schlichte und geradlinige Möbel darf man sich diesmal gerne von der unsicheren Welt außerhalb der Kölner Messehallen zurückziehen. Die formalen Anleihen aus den 1950er- und 1960er-Jahren sind omnipräsent, genauso wie das Phänomen, dass sich das Mobiliar kleinteilig in verschiedenste Elemente gruppiert. Ein Pouf hier, ein Beistelltischchen dort.

Ritualisierte Einhegungen. Die Layouts, die die Möbel im Wohnraum der Menschen zusammen bilden, bleiben den Designern dann doch zu konventionell. Wie dem chinesischen Duo Neri & Hu, das diesmal die ­Installation „Das Haus“ ablieferte, ein inzwischen traditionelles Ausstellungsformat der IMM Cologne, in dem sich Ahnung, Beobachtung und Neigung bekannter Designer zum Thema Wohnen verdichten. In ihrer Gestaltung legten Lyndon Neri und Rossan Hu aus Schanghai die Fährte in die Vergangenheit: „Memory Lane“ nannten sie die Installation.

Die Rituale des Wohnens wollten sie erforschen, darstellen und – natürlich – infrage stellen. In einem Farbspektrum gehalten, das an die Nogtangs, die tradtionellen Schanghaier Gassen, erinnerte, zogen Neri & Hu ihr Konzept durch fünf Räume: Sie versammelten Designklassiker und Prototypen gleichermaßen. Dazwischen legten sie einen Parcours, entlang dessen sie Statements zur europäischen Wohngeschichte abgaben. Die Besucher durften ebenso kritisch auf die Wohnzimmerkonventionen blicken, wie etwa den Couchtisch, den oft zwei Polstersessel flankieren. Diese Konzepte empfinden die Designer als „käfigartige Einhegungen“.

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