Burgenland: Die Methode Hans Niessl

Hans Niessl
Hans Niessl(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Philipp Brem)
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Die SPÖ Burgenland greift nach der Absoluten und könnte zum Vorbild in der Partei werden. Doch ihre Positionen sind umstritten.

Eisenstadt/Wien. Es soll, sagt man, eher selten vorkommen, dass der Wiener gespannt ins Burgenland blickt, um eine Entwicklung abzuwarten, die auch für ihn bedeutsam sein könnte. In diesem Fall aber, in diesem politischen oder – genauer noch – sozialdemokratischen Fall ist es anders. Nicht nur, weil das Burgenland heuer noch vor Wien, nämlich am 31.Mai, einen neuen Landtag wählt.

Dieses Mal sind die Umstände besonders. SPÖ-Chef Werner Faymann bangt um seine berufliche Zukunft. Wenn es schlecht für den Kanzler läuft und die Steuerreform ein Flop wird, könnte er seine Jobs verlieren. Und auch der Wiener Bürgermeister, Michael Häupl, hat allen Grund, besorgt zu sein. Die Wiener SPÖ könnte bei der Gemeinderatswahl unter 40 Prozent fallen, was wohl Häupls sofortigen Pensionsantritt bedeuten würde.

Im Burgenland hingegen macht sich Landeshauptmann Hans Niessl – durchaus berechtigt, wenn man den Umfragen Glauben schenkt – Hoffnungen, die absolute Mehrheit zurückzugewinnen. Und deshalb schauen jetzt alle, die in der SPÖ etwas zu sagen oder zu verlieren haben, nach Eisenstadt. Und warten ab, was dort passiert.

Häupl überlegt sogar, im Windschatten des Burgenlandes (und des Song-Contests, der am 23. Mai stattfindet) wählen zu lassen. Dem Vernehmen nach hat er den 14. Juni ins Auge gefasst. Und sollte Niessl tatsächlich das Gegenstück zum allgemeinen Abwärtstrend der SPÖ gelingen, könnte seine Methode Schule machen in der österreichischen Sozialdemokratie.

All-inclusive-Bewegung

Die anderen Parteien tun sich im Burgenland vor allem deshalb schwer, weil sich die SPÖ als All-inclusive-Bewegung begreift. Mit ihren fast 48 Prozent regiert sie selbstbewusst bis autoritär. Und vereinnahmt die Konkurrenz, indem sie deren Positionen vorwegnimmt oder, wenn es denn sein muss, sich recht ungeniert zu eigen macht.

Am Beispiel Integrationspolitik ließ sich das diese Woche schön beobachten. Die Forderung, den Tatbestand Integrationsunwilligkeit – wie auch immer der gemessen werden soll – zu sanktionieren, könnte genauso gut von der FPÖ stammen. Niessl war hier schneller. In einem anderen Punkt stimmt der Landeshauptmann nicht nur mit den Freiheitlichen, sondern auch mit Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) überein: Österreichern, die im Jihad kämpfen, soll die Staatsbürgerschaft entzogen werden.

Für unterstützenswert befand Niessl auch den Kurz-Vorschlag, Verwaltungsstrafen von etwa 1000 Euro für Eltern zu verhängen, die Sprechtage in der Schule mehrmals ignorieren. Der burgenländischen ÖVP blieb also gar nichts anderes übrig, als dem Maßnahmenpakt des Koalitionspartners zumindest punktuell ihren Sanktus zu erteilen.

Niessl/Voves-Pakt in der Kritik

Mit Ideologien oder der Bundesparteilinie halten sich Niessl und seine Partei für gewöhnlich nicht lange auf. Auch Berührungsängste mit der Stammtischmeinung hatte der Landeshauptmann noch nie, weshalb er sich von der SPÖ-Linken regelmäßig den Vorwurf einhandelt, dem Populismus anheimzufallen.

Es ist noch nicht vergessen, dass Niessl vor der Landtagswahl 2010 gegen ein Asyl-Erstaufnahmezentrum im südburgenländischen Eberau mobilgemacht hat. Dass er im Vorjahr die Kasernen in Oberwart und Pinkafeld kaufen ließ, damit sie nicht als Asylquartiere Verwendung finden. Und dass er sich – ebenfalls im Wahlkampf 2010 – für eine Verlängerung des Bundesheer-Assistenzeinsatzes eingesetzt hat, obwohl das Burgenland längst nicht mehr Außengrenze der EU war.

Mit seinen integrationspolitischen Vorschlägen steht Niessl jedoch nicht allein da. In seinem steirischen Amtskollegen Franz Voves, der im Herbst zur Wahl steht, hat er einen prominenten Mitstreiter gefunden. Am heutigen Freitag, wenn die SPÖ-Gremien – Präsidium und Vorstand – erstmals seit dem Parteitag im November zusammentreffen, wird der Niessl/Voves-Pakt das bestimmende Thema sein. Zumal er auch in der Bundespartei nicht mehrheitsfähig ist.

„Populismus heißt, die Bedürfnisse der Leute zu kennen und die Politik danach auszurichten“, hat Niessl einmal in einem „Falter“-Interview gemeint. „Man kann das Populismus nennen, ich nenne es pragmatische Politik.“

Seine Methode hat sich auch anderswo bewährt, nicht zuletzt im benachbarten Niederösterreich, dem mittlerweile einzigen Bundesland, in dem eine Partei – in diesem Fall aber die ÖVP – über die absolute Mehrheit verfügt. Dort firmiert sie allerdings unter einem anderen Namen. Unter Methode Pröll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.01.2015)

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