Spähtrupp beim Kontrastprogramm

REGIERUNG PR�SENTIERT BUNDESHEER-PAKET: KLUG
REGIERUNG PR�SENTIERT BUNDESHEER-PAKET: KLUG(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Minister Klug holt sich Inspiration aus den Niederlanden – Nato-Mitglied, Berufsarmee und trotzdem ein Vorbild. Auch Österreichs Bundesheer soll in Zukunft verstärkt mit EU-Ländern kooperieren.

So schnell holt einen die Realität ein: Kurz vor den Hauptnachrichten um 20 Uhr betritt ein junger Mann das Gebäude des niederländischen TV-Senders NOS. Er trägt einen dunklen Anzug – und eine Pistole. Er hat auch eine ganz bestimmte Forderung: Zehn Minuten Sendezeit, live. Ansonsten drohe ein Bombenattentat mit radioaktiven Waffen. Eine Stunde später löst sich die Lage auf. Der Mann war kein ausgebildeter Terrorist, sondern ein geistig verwirrter Student. Die Pistole aus Plastik, die Bomben frei erfunden. Dennoch versetzte er am Donnerstag das Land in einen Schockzustand.

Nur wenige Stunden vorher sitzt Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) im Büro seiner niederländischen Amtskollegin Jeanine Hennis-Plasschaert in Den Haag. Die beiden besprechen, wie sich Europa besser – und gemeinsam – auf Terrorattacken und andere Gefahren vorbereiten kann.


Keine Panzer mehr. Der Minister wollte sich aber auch Inspiration von den niederländischen Streitkräften holen. Und das, obwohl die Armee des Königreichs ein „Kontrastprogramm“ zum Bundesheer sei, wie er es formuliert. Denn die Niederlande sind Mitglied der Nato – Österreich ist neutral. 1966 wurde dort ein Berufsheer eingeführt – in Wien gilt die Wehrpflicht. Die Gesamtstärke umfasst 60.000 – in Österreich (theoretisch) 55.000 Menschen. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten: Die niederländischen Streitkräfte haben eine Reform hinter sich – inklusive der Abschaffung aller Kampfpanzer. Das gelang durch die tiefe Verwobenheit in der Nato und eine Kooperation mit Deutschland. Der Gedanke dahinter: Nicht jedes Land muss alles können.

Genau dieses Modell schwebt Klug für Europa – und damit für Österreich – vor: „Bis Ende des Jahres will ich ein Kooperationsportfolio auf die Beine stellen“, kündigt er an. Darin soll enthalten sein, „mit welchen Partnern ich mir welche Zusammenarbeit vorstellen kann“. Ihm schwebt eine Verschränkung bei den Spezialeinsatzkräften, der Ausbildung im Gebirgskampf, der Katastrophenhilfe und der ABC-Abwehr (gegen atomare, biologische und chemische Waffen) vor. Mit einer „aktiven Neutralität“ sei dies auf jeden Fall vereinbar. Das würde Österreich, aber auch der EU einiges bringen. Denn während sich die Gefahren verändern, sinken die Budgets: „Europa wird mehr für die eigene Sicherheit machen müssen“, sagt Klug. Ein Staat allein könne nicht alle Fähigkeiten auf hohem Level stellen. Eine Forderung auf EU-Ebene hat er daher bereits: Die Aufgaben der Battle Group sollen erweitert werden – also jener EU-Eingreiftruppe, bei der sich abwechselnd Staaten einbringen. 2016 ist Österreich wieder dabei.

Laut Klug könnte man die Soldaten für einen grenzüberschreitenden Katastrophenschutz einsetzen. Er sei für das Prinzip „use it or lose it“. Denn obwohl es die Truppe seit bald zehn Jahren gibt, war sie noch nie im Einsatz.


Gemeinsam gegen Sprengsätze. Auf anderen Gebieten gibt es hingegen bereits Kooperationen: In der Nähe von Amsterdam betreiben zwölf EU-Nationen unter dem Namen JDEAL ein mobiles Labor zur Auswertung und Abwehr von unkonventionellen Sprengsätzen – wie selbst gebaute Bomben. Auch Österreich ist mit dabei. Im April startet der erste Ausbildungskurs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2015)

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