Mikl-Leitner: Eine "harte Verhandlerin" – für (fast) alles

Johanna Mikl-Leitner
Johanna Mikl-Leitner (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Polizei, Heer und Terrorabwehr, Asylwesen. Und für Soziales ist sie als ÖAAB-Obfrau auch zuständig. Innenministerin Mikl-Leitner mischt für ihre Partei bei vielen Themen mit.

Johanna Mikl-Leitner ist in der Vorwoche etwas Erstaunliches gelungen. Nicht nur, dass Bundeskanzler Werner Faymann innerhalb weniger Tage ein Investitionspaket bis zu 290 Millionen Euro für die Innenministerin abnickte. Nein, er forderte auch noch aktiv mehr Geld für die Polizei ein. So viel Engagement im Sicherheitsbereich kennt man von Werner Faymann eigentlich nicht.

Sein Parteikollege und Verteidigungsminister, Gerald Klug, hätte sich vor wenigen Wochen wohl auch eine solche Unterstützung gewünscht: Schließlich musste Klug monatelang verhandeln, bis man ihm 350 Millionen Euro an Zusatzgeldern bis zum Jahr 2019 gewährte. Und das mehr oder weniger allein. Die Parteispitze stellte sich aber nie offensiv hinter ihren Verteidigungsminister.

Es wäre zwar übertrieben zu sagen, das Polizei-Paket sei allein das Werk von Mikl-Leitner. Nach den Terroranschlägen in Paris war die Regierung unter Zugzwang, in irgendeiner Form eine Sicherheitsoffensive zu präsentieren. Doch die Innenministerin nutzte die Ausgangslage, um ohne zähe Verhandlungen mit dem Koalitionspartner ein Finanzpaket für ihr Ressort zu schnüren. Auch, wenn nicht jede ihrer geplanten Maßnahmen direkt etwas mit Terrorismusbekämpfung zu tun hat.

Mit zähen Verhandlungen hat die 50-jährige ausgebildete Wirtschaftspädagogin ohnehin genug Erfahrung. Schließlich war sie bei zahllosen dabei. Oder, wie einige sagen würden, war mitschuldig daran. Vor allem seit dem Abgang von Ex-ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat sie im Regierungsteam mehr Verantwortung bei der Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner übernommen. Seit dem Sommer ist sie Regierungskoordinatorin für die ÖVP. Das hat (für das ÖVP-Bünde-Universum) logische Gründe: Denn mit Spindelegger ist ein ÖAAB-ler aus Niederöstereich gegangen – und der Wirtschaftsbund mit dem Oberösterreicher Mitterlehner aufgestiegen. Also musste das Machtvakuum der Arbeitnehmervertreter gefüllt werden. Und die ÖAAB-Obfrau aus Niederösterreich stieg auf.

Mikl-Leitner ist allerdings nicht nur mit ihrem SPÖ-Pendant Josef Ostermayer für die Organisation und Planung der wöchentlichen Regierungstreffen verantwortlich. Sie sitzt auch in der Arbeitsgruppe Bildung, hat das Sparpaket für das Bundesheer mitverhandelt. Außerdem ist sie ÖVP-Vizechefin und als Innenressort-Chefin für heikle Themen wie Asyl und Extremismusbekämpfung zuständig. Bei aktuell brisanten Themen ist sie zurzeit überaus gefragt. Sie scheint die schwarze Frau für alle Fälle geworden zu sein.

Bei der Bildung macht sie daher jetzt einen Schritt zurück. Sie wird nicht mehr als Spiegelministerin das direkte Gegenüber von Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) sein, sondern Wissenschaftsstaatssekretär Harald Mahrer. Dieser sprach sich am Samstag im ORF-Radio wie schon am Freitag ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner für Strafen für „Integrationsunwillige“ an Schulen als „letztes Mittel“ aus. Mikl-Leitner bleibt zwar in der Bildungsarbeitsgruppe, aber nicht mehr als schwarze Frontfrau.


Kein zweiter Ostermayer. Ist Mikl-Leitner sozusagen der Josef Ostermayer der ÖVP? Immer mit dabei? Rein vom Themenspektrum, das sie abdeckt, würde das zutreffen. Aber erstens ist das Verhältnis zum Parteichef nicht so eng wie in der SPÖ. Zweitens wäre es auf charakterlicher Ebene unpassend. Während Ostermayer eher der Mann für die zweite Reihe ist, fällt Mikl-Leitner auf. Immer und überall. Wo sie auch ist, steigt der Geräuschpegel um ein paar Dezibel. Mit den Menschen in Kontakt zu kommen, das fällt ihr relativ leicht.


Keine Details, bitte. Auf dieser Ebene, der menschlichen, versuche sie zu verhandeln, heißt es. „Sie probiert es zuerst einmal amikal, das Gegenüber zu überzeugen. Wenn das nicht funktioniert, dann greift sie auch zu einer gewissen Härte, um die anderen einzuschüchtern“, erzählt jemand, der sie in einer solchen Situation erlebt hat. Bei Diskussionen mit ihr gehe es durchaus emotional zu.

Mit harten, genauen Fakten und kleinen Details halte sie sich weniger auf. Trotzdem sei sie eine „sture Verhandlerin voller Tatendrang“. Sie komme mit einem gewissen Auftrag, auf drei Punkte heruntergebrochen, in eine Sitzung. Von diesem lasse sie nur ungern wieder ab. Kompromissbereit sei sie nur äußerst selten – was die Verhandlungen oft in die Länge ziehe.

Die einen nennen diese Eigenschaft Mikl-Leitners „stur“. Andere sagen lieber „konsequent“: Eine „sehr harte Verhandlerin“ sei die Ministerin, formuliert es ein Kollege. „Hat sie eine Position, dann bleibt sie auch dabei.“ Sie fühle sich den Gruppen, die sie vertrete, wie eben den Polizisten, „sehr nahe“. Aber sie bemühe sich, das große Ganze zu sehen. „Sie ist reflektierter, als man glauben mag.“ Was sagt Mikl-Leitner über ihr Image? „Sturheit ist keine Kategorie beim Verhandeln“, beteuert die ÖVP-Politikerin. Aber manchmal wohl eine gute Taktik. Ihr Ultimatum an die Länder zu den Flüchtlingsquartieren lief am Samstag aus. Und siehe da: Die Quote wurde fast überall komplett erfüllt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2015)

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