Arbeitszeitgesetz: AKH als Sonderfall

(c) Stanislav Jenis
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Im Tauziehen um die Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes warten die AKH-Ärzte nach wie vor auf eine Lösung. Ihr Dienstgeber ist nämlich die Med-Uni. Nicht die einzige Besonderheit der Klinik.

Wien. Erneut brachte am Montag eine Verhandlungsrunde zur Umsetzung des neuen Ärztearbeitszeitgesetzes am Wiener AKH kein Ergebnis. Derzeit würden unterschiedliche Modelle und Rahmenbedingungen diskutiert, heißt es aus dem Wissenschaftsministerium. „Wir rechnen herum“, betont auch der Präsident der Wiener Ärztekammer, Thomas Szekeres.

Für die Mediziner der Spitäler des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) wurde, wie berichtet, bereits in der vergangenen Woche eine Einigung erzielt: Diese Lösung – sie sieht unter anderem höhere Grundgehälter und weniger Nachtdienste vor – muss noch von den Ärzten in einer Urabstimmung abgesegnet werden. Diese wird noch im Februar stattfinden. In den Spitälern des KAV arbeiten 3000 Ärzte, davon 1900 Fachärzte.

Im AKH sind etwa 1500 Mediziner beschäftigt, das ist fast die Hälfte der restlichen Spitalsärzte in Wien. Da die AKH-Ärzte in die Zuständigkeit der Med-Uni Wien und damit des Wissenschaftsministeriums fallen, werden dort separate Gespräche geführt.

Vielversprechender Beginn

Das nächste Treffen zwischen Wissenschaftsministerium, Stadt Wien, Rektorat, Gewerkschaft und Ärztevertretern ist für nächsten Dienstag anberaumt. Begonnen hatten die Verhandlungen durchaus vielversprechend. Mitte Jänner wurde vereinbart, dass es eine schrittweise Gehaltserhöhung geben wird, die rückwirkend mit 1. Jänner in Kraft tritt. Vom Betriebsrat wurde diese Einigung als erstes Entgegenkommen des Ministeriums bewertet.

Nun werde man weiter verhandeln und ein Gesamtpaket schnüren, das nicht nur die neuen Gehaltsschemata, sondern auch andere strukturelle Themen wie etwa das Ausschöpfen der Arbeitsbereiche der Pflege behandle, hieß es damals. Seither sind die Gespräche ins Stocken geraten. „Am AKH ist die Situation besonders komplex, nachdem die durchschnittliche Arbeitszeit der Kollegen etwa durch Forschungstätigkeit sehr hoch ist“, sagt Martin Andreas, Betriebsrat für das wissenschaftliche Universitätspersonal an der Med-Uni Wien. Zudem befürchten die Universitäten, dass ein Großteil des vom Ministerium zusätzlich zugesagten Budgets von 615 Millionen Euro für die Jahre 2016 bis 2018 für die Ärzte aufgewendet werden muss – anstatt in Lehre und Forschung zu fließen.

Für Kammerpräsident Szekeres kommt das nicht infrage: „Das sollte man nicht gegeneinander ausspielen, die Mittel für Forschung und Lehre dürfen unter den derzeitigen Verhandlungen nicht leiden.“ Was die Fortschritte bei den Gesprächen angeht, zeigt er sich nach wie vor zuversichtlich. „Die langwierigen Verhandlungen bedeuten nicht, dass es nicht doch noch zu einer schnellen Einigung kommen kann, vielleicht schon nächste Woche“, sagt Szekeres. „Es gibt derzeit jedenfalls keinen Grund, das Handtuch zu werden.“

Bis zu einer Einigung rechnet Martin Andreas dennoch mit deutlichen Einschränkungen. Im Operationsmanagement seien zehn bis 15 Prozent weniger Eingriffe beschlossen worden. Bei rund 48.000 Operationen im Jahr bedeutet das bei derzeitigem Stand mehr 5000 Eingriffe weniger jährlich. Andreas: „Derzeit merkt man es auch, wenn man durch Ambulanzen geht. Die sind alle gut gefüllt.“

„Lage wird sich verschärfen“

Und das sei erst der Beginn: Das Erstellen der Dienstpläne für Februar sei bereits deutlich schwieriger – da sich die Beschränkung der Wochenarbeitszeit auf einen gewissen Durchrechnungszeitraum bezieht, konnte im Jänner teils noch mehr als 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden. Die Situation werde sich noch verschärfen. Auch, weil bisher nur rund die Hälfte der Mediziner die Opt-out-Lösung des AKHs unterschrieben hat, die vorübergehend noch längere Wochenarbeitszeiten möglich macht.

Das neue Arbeitszeitgesetz für Spitalsärzte ist seit 1.Jänner in Kraft. Es beinhaltet eine Reduktion der Wochenarbeitszeit von 60 auf 48 Stunden. Nachdem diese Regelung vor allem gut bezahlte Nachtdienste betrifft, fürchten Ärzte Gehaltseinbußen bis zu 30Prozent sowie Versorgungsengpässe.

AUF EINEN BLICK

Separate Gespräche. Seit vergangener Woche steht nach mehreren Verhandlungsrunden das neue Arbeitszeitmodell für Ärzte in den Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) fest. Die 1500 Mediziner des Wiener AKHs hingegen müssen weiterhin auf eine Einigung warten. Da sie in die Zuständigkeit der Med-Uni Wien und damit des Wissenschaftsministeriums fallen, werden dort separate Gespräche geführt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2015)

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