Rechnungshof: Zu kleine Gerichte, zu lange Verfahren

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Rechnungshof empfiehlt, weitere Gerichte zusammenzulegen. Bei der Dauer des Strafverfahrens gebe es große Unterschiede, die sachlich nicht gerechtfertigt seien.

Wien. Während ein Strafverfahren am Bezirksgericht (BG) Graz-West nur 2,2 Monate dauert, beträgt die Dauer am Bezirksgericht Wien Döbling 17,3 Monate. An den Landesgerichten (LG) Linz und Wiener Neustadt dauern die Verfahren 2,9 beziehungsweise 6,5 Monate. Es gibt also große Unterschiede bei der Verfahrensdauer, wie eine Erhebung des Rechnungshofs (RH) zeigt. Dafür wurden drei Bezirks- und zwei Landesgerichte über einen Zeitraum von vier Jahren (2009 bis 2012) geprüft.

„Verantwortlich für die unterschiedliche Dauer waren im Wesentlichen die jeweiligen Arbeitsweisen der Richter, nicht sachliche Gründe“, sagt der Rechnungshof. Und weiter: „Die Leiter der Gerichte mit den kürzesten Verfahrensdauern (BG Graz-West und LG Linz) nahmen die Dienstaufsicht effektiv wahr. Im Gegensatz dazu setzte die Leitung des Gerichts mit den längsten Verfahrensdauern (BG Döbling) im Rahmen der Dienstaufsicht nur punktuelle Maßnahmen.“

Barbara Helige, Vorsteherin des BG, weist die Vorwürfe zurück. „Das prinzipielle Problem ist, dass der Rechnungshof hier Verurteilungen vornimmt, die seinen Aufgabenbereich sprengen“, sagt sie zur „Presse“. Der RH dürfe sich nicht in die unabhängige Rechtsprechung einmischen. Die lange Verfahrensdauer könne aber damit zu tun haben, dass man am BG Döbling viel mit Diversionen und hier vor allem mit außergerichtlichem Tatausgleich statt mit Urteilen arbeite. Das sei aufwendiger. „Und ich habe als Vorsteherin des Bezirksgerichts keine personellen Steuerungsmöglichkeiten“, sagt Helige.

RH: Kein moderner Betrieb

Der RH rügt zudem, dass Kanzleistrukturen in Österreich „nicht mehr den Anforderungen eines modernen Gerichtsbetriebs entsprechen“ und Richterwechsel zu lange Verfahren verursachen. Auch fehle für Aufgaben in der Justizverwaltung (also wenn Richter nicht für Urteile, sondern für Verwaltungsaufgaben zuständig sind) ein Anforderungsprofil. Auf Unverständnis stößt beim RH zudem, dass Richter in der Funktion der Justizverwaltung unversetzbar sind.

Das sei in der Verfassung so vorgesehen, kontert das Justizministerium. Kritisiert wird vom RH aber auch, dass es viele kleine Bezirksgerichte gibt. An zwei Drittel der 140 im Prüfungszeitraum befindlichen BG-Standorte stehe nur eine halbe Richterstelle für Strafsachen zur Verfügung. Zu wenig, um für Spezialisierung und effiziente Verfahren zu sorgen, meint der RH. Er fordert „eine Mindestausstattung von zwei Richtern mit einer Kapazität von einem Vollzeitäquivalent pro Gericht im Strafbereich“.

Um das zu erreichen, könnte man weitere Bezirksgerichte zusammenlegen. Oder gleich die Einteilung in Bezirks- und Landesgerichte abschaffen und neue Eingangsgerichte für alle Fälle schaffen, meint der Rechnungshof.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.02.2015)

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