SPÖ: Der wahre Kern heißt Schieder

Schieder/ Faymann
Schieder/ Faymann(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Sollte Werner Faymann abgelöst werden, wird ihm wohl Andreas Schieder nachfolgen. Sofern er da nicht schon Wiener Bürgermeister ist. Porträt eines – möglicherweise – „roten Mitterlehner“.

Die Debatte um Christian Kern ist größtenteils eine mediale. Freilich gibt es namhafte SPÖ-Funktionäre wie den Steirer Franz Voves, die den ÖBB-Chef als ernsthafte Alternative zu Werner Faymann favorisieren. Und je länger die mediale Debatte andauert, desto mehr Genossen können sich mit dem Gedanken anfreunden, dass Kern tatsächlich der bessere Kanzler wäre.

Allerdings: Die realen Machtverhältnisse in der SPÖ sind solcherart, dass das Kern-Gerücht wohl ein Gerücht bleibt. Machtpolitisch entscheidend in der SPÖ sind die Wiener Partei, die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter und auch der Pensionistenverband mit seinen über 300.000 Mitgliedern. Und diese drei Organisationen stehen – noch– hinter Werner Faymann.

Sollte sich daran etwas ändern respektive Faymann selbst nicht mehr wollen, dann steht neben Rudolf Hundstorfer (63) eigentlich nur ein Kandidat zu Verfügung, der dort mehrheitsfähig wäre: der derzeitige Klubchef Andreas Schieder (45). Allein schon sein Alter spräche für Schieder. Zumal man Hundstorfer wohl als Bundespräsidentschaftskandidaten benötigt.

Häupl favorisiert Schieder

Allerdings könnte es sein, dass Schieder zu diesem Zeitpunkt schon Wiener Bürgermeister ist. Sollte die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen deutliche Verluste hinnehmen müssen, dann wird Michael Häupl abtreten. Sollte er wider Erwarten ein halbwegs passables Ergebnis zusammenbringen, dann wird er wohl auch nicht die ganze nächste Legislaturperiode durchdienen. Wunschnachfolger Michael Häupls für diese Fälle: Andreas Schieder. Er lässt dies neuerdings auch in Gesprächen im kleinen Kreis durchklingen.

Und die Schieder-Variante für Bund oder Land hat durchaus seine Logik. Andreas Schieder ist in der Sozialdemokratie, allen voran in Wien, bestens vernetzt. Er kommt sozusagen aus „rotem Adel“. Sein Vater, Peter Schieder, war unter Bruno Kreisky SPÖ-Zentralsekretär und langjähriger außenpolitischer Sprecher. Über den Vater definiert zu werden missfiel dem Sohn allerdings lange Zeit. Wie sein Vater ist allerdings auch Andreas Schieder SPÖ-Vorsitzender in Wien Penzing. Seine Lebensgefährtin, Sonja Wehsely, ist Gesundheitsstadträtin in Wien. Er selbst war fast zehn Jahre lang Abgeordneter im Wiener Landtag.

Links und pragmatisch

Schieder, eher dem linken Flügel in seiner Partei zugerechnet, hat sein ganzes berufliches Leben in der SPÖ verbracht – sofern man die Arbeiterkammer auch zu deren Einflussbereich zählt. Er war Vizepräsident der Sozialistischen Jugendinternationale und Präsident der Europäischen Jungsozialisten. Später dann Internationaler Sekretär der SPÖ und außenpolitischer Sprecher. Wie auch sein Vater.

Unter Kanzler Alfred Gusenbauer und dem damals bereits designierten SPÖ-Chef Werner Faymann wurde Schieder im Juli 2008 Staatssekretär für Verwaltung und öffentlichen Dienst, im Dezember desselben Jahres wechselte der Absolvent der Volkswirtschaftslehre dann ins Finanzfach. Aus dieser Zeit stammt auch der einzige mögliche Stolperstein für Schieders weitere Karriere: Er war nämlich der rote Gehilfe des schwarzen Finanzministers Josef Pröll bei der Hypo-Alpe-Adria-Verstaatlichung.

Schon damals fiel Schieder, obwohl eigentlich nur Staatssekretär, durch großes Selbstbewusstsein auf. Die linke Rhetorik hatte er abgeschliffen, er trat nun pragmatischer auf. „Bobo-Roter“ wurde er vom „Falter“ einmal genannt. Allerdings ist Schieder bei Bedarf – und dem entsprechenden Publikum – durchaus in der Lage, die linke Rhetorik wieder auszupacken. Mit einem Satz: Schieder ist in der SPÖ mehrheitsfähig.

Wiewohl es in den größeren, konservativeren Wiener SPÖ-Bezirksorganisationen durchaus Vorbehalte gegen ihn gibt: Schieder sei zu links – etwa in der Ausländerpolitik – und zu wenig volksnah.

Sollte Schieder tatsächlich zu höheren Ehren kommen, könnte er sich als „roter Mitterlehner“ entpuppen. Will heißen: Ein Mann aus der Mitte der Partei, außerhalb dieser aber kaum für eine solche Führungsaufgabe für fähig erachtet. Doch wenn er es dann einmal ist, kann er endlich seine Talente entfalten. Und blüht auf, als ob er schon immer Parteichef (oder Bürgermeister) gewesen wäre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2015)

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